Stellares Verwechslungsspiel beendet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Astrophysikalischen Instituts Potsdam astronews.com
5. August 2010
Manche Sterntypen sind sich bei Beobachtungen so ähnlich, dass sie für
Astronomen ohne Weiteres nicht zu unterscheiden sind - auch wenn es sich um
grundverschiedene Arten von Sternen handelt. So gab es beispielsweise keine
Möglichkeit in unserer Milchstraße bestimmte entwickelte Riesensterne von
jungen, sich gerade bildenden Sternen zu unterscheiden. Jetzt haben Forscher
einen Weg gefunden.

Das Very Large Telescope der ESO in Chile. Bild:
ESO/Y. Beletsky |
Es gibt Sterne, die von ihrer Natur völlig unterschiedlich sind und die den Astronomen
trotzdem auf den ersten Blick identisch erscheinen. So waren bis vor Kurzem eine Klasse
von alten, entwickelten B[e]-Riesensternen und eine Klasse von noch in Entstehung
begriffenen Sternen - den sogenannten Herbig-Sternen - beobachtungstechnisch kaum zu
unterscheiden. Nun haben Astrophysiker die erste exakte Methode zur Unterscheidung alter
Riesen von jungen Herbigs entwickelt. In unserer Milchstraße waren die beiden Sternklassen
vormals sogar völlig ununterscheidbar.
Das liegt daran, dass sowohl die alten als auch die jungen Sterne von einer äquatorialen
Scheibe aus Gas und Staub umgeben sind. Die jungen, sich bildenden Sterne nehmen
Material über eine Akkretionsscheibe auf. Bei den älteren B[e]-Sternen wird dagegen der
Sternwind in Form einer Scheibe abgeblasen. Beide Scheiben zeigen dieselben
Beobachtungscharakteristika. Bisher trennte man die beiden Sternklassen grob anhand ihrer
unterschiedlichen Helligkeit bei etwa gleicher Entfernung in einer Nachbargalaxie unter der
Annahme, dass die Riesen heller erscheinen.
Ein internationales Team von Astrophysikern der Universität Potsdam, des
Astrophysikalischen Instituts Potsdam (AIP), des Ondrejov-Observatoriums und des
Nationalen Observatoriums in Rio de Janeiro hat daher nach einem klareren
Unterscheidungsmerkmal gesucht. Laut theoretischen Vorhersagen erwartet man, dass das
Kohlenstoff-Isotop C13 als ein Nebenprodukt der Sternentwicklung in alten B[e]-Sternen
deutlich angereichert ist, während junge Herbig-Sterne diese Anreicherung nicht zeigen.
Das
Forscherteam konnte diesen Unterschied nun anhand von Beobachtungsdaten bestätigen,
die mit dem Spectrograph for INtegral Field
Observation in the Near-Infrared Instrument (SINFONI) am Very Large Telescope der ESO gewonnen wurden. Die Astronomen nahmen dazu zwei bekannte B[e]-Riesen in der Großen Magellanschen Wolke ins Visier.
Mit der neuen Methode ist erstmals eine scharfe Trennung der beiden Sternklassen möglich.
In der Milchstraße, wo die Helligkeitsmethode wegen unbestimmter Entfernungen der Sterne
nicht funktioniert, können Forscher nun zum ersten Mal die seltenen B[e]-Riesen
identifizieren. Besonders spannende Resultate erhoffen die Astronomen sich von den nun
möglichen Vergleichen der Sternpopulationen in der Milchstraße und in anderen Galaxien.
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