Erde bis zu 90 Millionen Jahre jünger
Redaktion /
idw / Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
27. Mai 2010
Die Erde ist vermutlich etwas jünger als angenommen: In
einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams wird das Alter der Erde
um 20 bis 90 Millionen Jahre nach unten korrigiert. Das neue Alter unseres
Heimatplaneten löst auch einen bislang bestehenden Widerspruch zwischen dem
Alter des Mondes und der Erde.
Unsere Erde aus einer Mondumlaufbahn gesehen.
Der Planet könnte 20 bis 90 Millionen Jahre
jünger
sein, als bislang angenommen.
Bild: NASA / NSSDC |
Die Erde ist durch gewaltige Kollisionen mit anderen planetaren Körpern
entstanden. Was genau bei diesen Kollisionen passierte, war bisher unbekannt.
Ein Forscherteam von den Universitäten Münster und Cambridge sowie der ETH
Zürich konnte jetzt erstmalig nachweisen, dass Spuren dieser ehemaligen
planetaren Körper erhalten geblieben sind und sich in der Verteilung der
chemischen Elemente in der Erde wiederfinden. "Diese Entdeckung hat
weitreichende Konsequenzen für die Entstehungsmodelle der Erde. So muss zum
Beispiel das Alter der Erde korrigiert werden", erklärt Prof. Dr. Thorsten
Kleine vom Institut für Planetologie der Universität Münster.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Erde zwischen 20 und 90 Millionen Jahre
jünger ist als bisher angenommen: Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass
die Erde vor rund 4,53 Milliarden Jahren entstanden ist. Nach den neuen
Forschungsergebnissen, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience
veröffentlich wurden, ist die Erde zwischen 4,51 und 4,44 Milliarden Jahren alt.
"Besonders wichtig ist, dass dieses Alter mit dem Alter des Mondes
übereinstimmt", betont Kleine.
Der Mond entstand, als ein etwa marsgroßer Körper mit der Erde kollidierte.
Diese Kollision war das letzte große Ereignis in der Entstehung der Erde. Daher
sollten Erde und Mond das gleiche Alter haben. Die bisherigen Altersbestimmungen
haben aber immer einen deutlichen Altersunterschied zwischen Erde und Mond
ergeben. "Das konnten wir nicht erklären", erläutert Kleine, "aber mit unseren
neuen Ergebnissen ist das Problem gelöst. Die bisherigen Altersbestimmungen für
die Erde haben nicht berücksichtigt, dass der Erdmantel eine Signatur jener
Körper enthält, aus denen die Erde entstanden ist. Wenn wir die
Altersbestimmungen dafür korrigieren, stimmen die Alter von Erde und Mond
überein."
Die planetaren Kollisionen, die die Entstehung der Erde begleiteten, setzten
gewaltige Mengen an Energie frei und führten zu einer weitgehenden Aufschmelzung
der Erde. In diesem geschmolzenen Zustand erfolgte die Bildung des Erdkerns,
bedingt durch eine gewaltige Umverteilung der chemischen Elemente in der Erde.
All solche Elemente, die sich gerne an Metalle binden, wanderten in den Kern,
die übrigen blieben im umgebenen Mantel. Aus dieser Umverteilung der Elemente
können die Forscher rekonstruieren, wie genau die Kernbildung stattgefunden hat.
Sie können auch den Zeitpunkt bestimmen, an dem die Kernbildung stattgefunden
hat. Dieser Zeitpunkt ist gleichzeitig das Alter des Planeten.
Für die Bestimmung des Erdkernalters untersuchen die Forscher das Element
Wolfram. Ein Teil des Wolframs, das Isotop Wolfram-182, ist durch radioaktiven
Zerfall aus Hafnium-182 entstanden. Dieser Zerfallsprozess ist zeitabhängig und
kann daher zur Datierung verwendet werden. Bei der Kernbildung wanderte nahezu
das gesamte Wolfram der Erde in den Erdkern, während Hafnium vollständig im
Erdmantel verblieb. Seit der Kernbildung entsteht durch den Zerfall von
Hafnium-182 neues Wolfram-182 im Erdmantel. Dabei hängt die Menge neu
produzierten Wolframs-182 vom Zeitpunkt der Kernbildung ab: Je früher die
Kernbildung, desto mehr Wolfram-182 findet sich im Erdmantel.
Die Menge neu produzierten Wolframs-182 im Erdmantel ist den Forschern schon
seit längerer Zeit bekannt. Für die Bestimmung des Kernalters müssen sie jedoch
auch wissen, ob Erdmantel und Erdkern einst im chemischen Gleichgewicht standen.
Bisher ist man genau davon ausgegangen. Die neuen Arbeiten zeigen jetzt jedoch,
dass sich dieses Gleichgewicht wahrscheinlich nie eingestellt hat.
Wahrscheinlich sind die metallischen Kerne der Körper, die mit der Erde
kollidierten, sehr schnell mit dem Erdkern verschmolzen.
"Es blieb nicht ausreichend Zeit für eine Gleichgewichtseinstellung",
erläutert Kleine. Daher ist ein Teil des im Erdmantel nachgewiesenen Wolfram-182
gar nicht durch die Kernbildung in der Erde entstanden, sondern ein Relikt aus
der Entstehungsgeschichte der planetaren Körper, die mit der Erde kollidierten.
"Wir müssen unsere Altersbestimmungen entsprechend korrigieren", erklärt Kleine.
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