Kleinstes Objekt im Kuiper-Gürtel aufgespürt
von Stefan Deiters astronews.com
17. Dezember 2009
Das Weltraumteleskop Hubble hat das kleinste Kuiper-Gürtel-Objekt
aufgespürt, das bislang im sichtbaren Bereich des Lichtes jenseits der
Neptunbahn entdeckt wurde. Der Fund, der auf eine größere Anzahl von kleinen
Objekten in dieser Region hindeuten könnte, gelang allerdings nur indirekt
mit Hilfe der Fine Guidance-Sensoren des Teleskops.
Die Entdeckung gelang nur, weil das
Kuiper-Gürtel-Objekt das Licht eines fernen
Sterns verdunkelte (gelbe Lichtkurve).
Bild: NASA, ESA und G. Bacon (STScI) [Großansicht] |
Der vermutlich knapp 1.000 Meter durchmessende Brocken umkreist die Sonne in
einem Abstand von 6,7 Milliarden Kilometern Entfernung. Das bislang kleinste
Objekte, dessen reflektierte Sonnenstrahlung man in dieser Entfernung aufspüren
konnte, hatte einen Durchmesser von etwas unter 50 Kilometern. Der Fund ist
damit der erste Hinweis darauf, dass es in dieser Kuiper-Gürtel genannten Region
eine Gruppe von Kometen-großen Objekten gibt, die vermutlich durch Kollisionen
größerer Brocken entstanden sind.
Das entdeckte Objekt hat eine Helligkeit von 35 Magnituden, seine Leuchtkraft
ist damit also 100-mal geringer als die eines Objektes, das Hubble
gerade noch direkt hätte beobachten können. Der Fund, über den Hilke Schlichting
vom California Institute of Technology und ihre Mitarbeiter heute in
der Fachzeitschrift Nature berichten, gelang daher auch nur dank eines
Tricks.
An Bord von Hubble befinden sich drei sogenannte Fine Guidance-Sensoren,
die dem Teleskop äußerst präzise Daten zur Navigation und Lagebestimmung zur
Verfügung stellen. Die Sensoren vermessen dazu sehr genau die Lage bestimmter
Sterne. Den Wissenschaftler fiel nun auf, dass die Sensoren eigentlich so gut
sein müssten, dass man in den gemessenen Daten auch erkennen sollte, wenn ein
kleineres Objekt vor dem anvisierten Stern entlang wandert. Dies sollte nämlich
für charakteristische Schwankungen der Helligkeit des entfernten Sterns sorgen.
Ihre Theorie überprüften sie mit Hilfe von Sensordaten aus 4,5 Jahren. In
dieser Zeit hatte Hubble insgesamt 12.000 Stunden damit verbracht,
Himmelbereiche rund um die Ekliptik anzuvisieren, wo sich die Planeten aber auch
die meisten Objekte des Kuiper-Gürtels finden lassen sollten. Beobachtungen von
insgesamt 50.000 "Guide"-Sternen wurden von dem Team analysiert.
Und sie wurden fündig: Schlichting und ihre Kollegen entdeckten genau ein 0,3
Sekunden langes Bedeckungsereignis. Der Fund war also nur möglich, weil die
Sensoren die Helligkeit des Lichts eines Sterns 40 Mal pro Sekunden aufzeichnen.
Die Dauer des Ereignisses hängt hauptsächlich mit der Bewegung der Erde um die
Sonne zusammen.
Unter der Annahme, dass sich das Objekt auf einer kreisförmigen Bahn um die
Sonne befindet und seine Bahnebene um 14 Grad zur Ekliptik geneigt ist,
berechnete das Team aus der Dauer der Bedeckung die Entfernung und aus dem Grad
der Verdunklung die Größe des Brockens. "Ich war begeistert, als ich dies in den
Daten gefunden hatte", so Schlichting.
Beobachtungen von anderen Sternen haben gezeigt, dass um manche Scheiben aus
eisigen Brocken kreisen, die unserem Kuiper-Gürtel gleichen könnten. Sie
bestehen aus Material, das von der Entstehung der Planeten übrig geblieben ist.
Im Laufe von Milliarden Jahren sollte es zu zahlreichen Kollisionen unter den
Objekten in dem Bereich kommen, wodurch immer kleinere Brocken entstehen, die
hier ursprünglich gar nicht vorhanden waren. Ähnliches wird auch für die
Entwicklung unseres Kuiper-Gürtels vermutet.
Das Team will nun versuchen mit Hilfe des übrigen Datenbestand der Fine
Guidance-Sensoren noch weitere kleine Objekte des Kuiper-Gürtels
aufzuspüren. Dazu stehen Daten zur Verfügung, die fast bis zum Start von
Hubble im Jahr 1990 zurückreichen.
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