Lavaströme und Geisterkrater
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
12. Oktober 2009
In der Tharsis-Region des Mars findet sich eine einmalige
Vulkanlandschaft mit den vier höchsten Vulkanen im Sonnensystem. Südöstlich
davon liegt die Ebene Daedalia Planum. Jetzt veröffentlichte Bilder der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord der
ESA-Sonde Mars Express zeigen diese Region mit erkalteten Lavaströmen
und Geisterkratern.
Schräg durch das Bild erstrecken sich zwei
Ströme erkalteter Lava, die ihren Ursprung an der
Südostflanke des 14 Kilometer hohen Marsvulkans
Arsia Mons haben, der sich rechts außerhalb des
Bildes im Nordwesten der dargestellten Szene
erhebt.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)
[Gesamtansicht] |
Im Gebiet Tharsis auf dem Mars finden sich vier der höchsten Vulkane im
Sonnensystem. Neben dem 24 Kilometer hohen Olympus Mons im Nordwesten der Region
sind auch die drei Tharsis-Vulkane Ascraeus, Pavonis und Arsia wahre Giganten,
deren Gipfel Höhen von fast 20 Kilometer erreichen. Südöstlich des südlichsten
der drei Tharsis-Vulkane, dem 14 Kilometer hohen Arsia Mons, befindet sich
Daedalia Planum, eine Ebene mit relativ wenigen Einschlagkratern.
In Daedalia Planum finden sich zahlreiche erkaltete Lavaströme
unterschiedlichen Alters, von denen mehrere in dem jetzt vorgestellten Bild zu
sehen sind. Die Bilddaten wurden am 25. Dezember 2008 mit der vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen Stereokamera HRSC (High
Resolution Stereo Camera) auf der ESA-Raumsonde Mars Express
während Orbit 6396 aufgenommen.
Der abgebildete Ausschnitt aus Daedalia Planum - die Ebene wurde nach
Daedalus benannt, in der griechischen Mythologie der Vater des Ikarus - befindet
sich bei 21 Grad südlicher Breite und 243 Grad östlicher Länge. Er hat eine
Ausdehnung von zirka 150 Kilometer mal 75 Kilometer und bedeckt eine Fläche von
etwa 11.250 Quadratkilometern. Die gezeigte Region ist damit in etwa so groß wie
die Karibikinsel Jamaika. Die Bildauflösung beträgt etwa 17 Meter pro Bildpunkt.
Das gesamte Gebiet zeigt zahlreiche erkaltete Lavaströme verschiedenen Alters
und unterschiedlicher Oberflächenstrukturen. Die Lava hat ihren Ursprung an der
Südflanke des Vulkans Arsia Mons, der sich nordwestlich, außerhalb des
Bildausschnittes befindet. Etwas unterhalb der Bildmitte sind zwei große
Lavaströme zu erkennen. Der jüngere, obere Lavastrom zeigt deutliche
Fliessstrukturen, wie zum Beispiel einen Lavakanal, oder so genannte
"Druckrücken". Diese entstehen, wenn die Lava an den Rändern oder auf der
Oberfläche zu erstarren beginnt, unter der erkalteten Decke aber noch fließfähig
ist und dadurch die Kruste zu Runzeln zusammenschiebt und aufwölbt. Im Gegensatz
dazu ist etwas weiter unten ein deutlich älterer Lavastrom zu sehen. Auf diesem
sind mehr Einschlagkrater zu erkennen, und die Oberfläche erscheint glatter,
weil sich im Laufe der Zeit darauf Sand und Staub abgelagert haben.
Im oberen, mittleren Bereich des Bildes fallen zwei parallele, schräg
zur Fliessrichtung verlaufende Absenkungen auf, die etwa Nord-Süd bis
Nordnordost-Südsüdwest orientiert sind. Diese Strukturen sind auf Gräben
zurückzuführen, die sich unter dem Lavastrom gebildet hatten. Die Lavaströme
flossen in diese Gräben und füllten diese teilweise oder sogar vollständig auf.
Dort, wo es nur zu einer teilweisen Verfüllung kam, sind die Grabenstrukturen
noch erkennbar. Ein Grabenabschnitt, der nicht von Lava gefüllt wurde, ist im
obersten linken Ausschnitt auf Daedalia Planum zu erkennen.
Interessant zu beobachten ist, wie bereits existierende Einschlagkrater von
Lava angeflutet, gefüllt oder gar vollständig bedeckt wurden. Dies ist an den
zwei größten Einschlagkratern im Gebiet deutlich erkennbar. Der größte in der
Szene erkennbare Krater (am unteren Bildrand) von etwa sieben Kilometer
Durchmesser wurde nicht von den Lavaströmen verändert, jedoch sind Teile der
Auswurfdecke davon überlagert.
Der zweitgrößte Krater (am rechten Bildrand) hingegen wurde fast bis zum Rand
aufgefüllt. Durch eine Öffnung im Kraterrand strömte Lava in den Krater hinein
und füllte ihn auf. Vollständig bedeckte Einschlagkrater, deren Umrisse nur noch
schwach erkennbar sind, werden auch "Geisterkrater" genannt. Ein solcher
Geisterkrater befindet sich in unmittelbarer Nähe links unterhalb des
zweitgrößten Impaktkraters. A
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard
Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der
hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam
besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die
Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der
Leitung des PI G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen
Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in
Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am
DLR. Das Bild wurde vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in
Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.
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