Blick auf kosmischen Adler
von Stefan Deiters astronews.com
22. Juli 2009
Der Adlernebel in rund 7.000 Lichtjahren Entfernung gehört
vermutlich zu den faszinierendsten Sternentstehungsgebieten der Milchstraße.
Hier fotografierte das Weltraumteleskop Hubble die berühmt gewordenen
Säulen der Schöpfung, an deren Spitzen gerade neue Sonnen geboren werden. Jetzt
veröffentlichte die Europäische Südsternwarte ESO ein neues eindrucksvolles Bild
des Nebels.
Der neue Blick auf den Adlernebel.
Bild: ESO [Großansicht] |
Der Adlernebel liegt in rund 7.000 Lichtjahren Entfernung im
Sternbild Schlange. Es handelt sich um ein turbulentes Sternentstehungsgebiet,
in dessen Gas und Staub ständig neue Sterne entstehen, wie etwa der ganz junge
Haufen massereicher Sterne mit dem Namen NGC 6611 beweist. Die intensive
Strahlung und der stellare Wind dieser neugeborenen Sterne sind auch für die
Lichtjahre langen eigentümlichen Säulenstrukturen verantwortlich, die man gut
gegen den hellen Hintergrund des Nebels erkennen kann. Der gesamte Nebel
erinnert von seiner Form her ein wenig an einen Adler.
Der Sternhaufen wurde erstmals vom Schweizer Astronom Jean-Philippe Loys de Chéseaux
1745 oder 1746 beobachtet und etwa 20 Jahre später unabhängig davon von Charles Messier
wiederentdeckt, der ihn dann als 16. Objekt in seinen berühmten Katalog
aufnahm. Er vermerkte zudem, dass die Sterne von einem Leuchten umgeben seien.
Das wohl berühmteste Bild des Adlernebels stammt aus dem Jahr 1995, als auf
einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble die zentralen
Säulenstrukturen des Nebels eindrucksvoll zu erkennen waren (siehe dazu unser
heutiges Bild des Tages). An der Spitze dieser, als Pillars of Creation,
also Säulen der Schöpfung, bekannten Strukturen entstehen neue Sterne, wie auch
spätere Beobachtungen eindeutig zeigten.
Das in der vergangenen Woche von der europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichte Bild des Adlernebels wurde mit dem Wide-Field-Imager
gemacht, der an das MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop des La Silla Observatoriums
montiert ist. Es umfasst einen Bereich am Himmel, der in etwa der Fläche des
Vollmondes entspricht. Es zeigt eindrucksvolle Details dieses
Sternentstehungsgebietes. Die "Säulen der Schöpfung" befinden sich in der Mitte,
der Sternhaufen NGC 6611 rechts darüber und eine weitere Säulenstruktur findet
sich mittig links.
Die fingerartigen Strukturen wachsen aus einer riesigen kalten Wolke aus Gas
und Staub. In ihrem Inneren ist das Gas dicht genug, dass es unter seiner
eigenen Masse kollabieren kann und so neue Sterne entstehen. Die Strukturen
erhalten nicht nur ihre Form durch die intensive Strahlung des nahe Sternhaufens
NGC 6611, sie werden gleichzeitig auch von der Strahlung beleuchtet und wieder
zerstört. So dürften sie ein - kosmologisch gesehen - äußerst kurzlebiges
Phänomen und in wenigen Millionen Jahren wieder verschwunden sein.
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