Radioteleskop wird international
Redaktion /
Pressemitteilung des MPIfR astronews.com
11. Dezember 2007
Das neuartige Radioteleskop LOFAR hat einen ersten
internationalen Ableger bekommen: Neben dem riesigen 100-Meter-Radioteleskop des
Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Effelsberg wurde jetzt die erste
internationale LOFAR-Station in Betrieb genommen. Schon die ersten Messungen
beeindruckten die beteiligten Astronomen. Auch in anderen Ländern Europas sollen
noch LOFAR-Stationen entstehen.
Der Radiohimmel über Effelsberg am 29. Oktober
2007 nach nur einer Sekunde Messzeit. Erste
Aufnahme mit allen 96 LOFAR-Antennen in
Effelsberg bei 7 Meter Wellenlänge (42 MHz).
Bild:
Stefan Wijnholds (ASTRON) / Peter Müller (MPIfR) [Großansicht]
Die erste internationale Station des
Niederfrequenz-Radioteleskops LOFAR (IS-DE1) in
direkter Sichtweite des 100-m-Radioteleskops. Im
Vordergrund ist ein Teil der insgesamt 96
Dipol-Antennen der LOFAR-Station Effelsberg
sichtbar.
Bild: Wolfgang Reich, MPIfR
[Großansicht] |
Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie hat in enger
Zusammenarbeit mit dem niederländischen Institut für Radioastronomie, ASTRON,
die erste internationale Teleskopstation des LOFAR Radioteleskops gebaut und in
Betrieb genommen. LOFAR steht für "LOw Frequency ARray", das von ASTRON
initiiert wurde, und dessen Stationen um Exloo zentriert im Nordosten der
Niederlande entstehen. LOFAR ist dabei, ein internationales Projekt zu werden,
das Stationen in vielen europäischen Ländern umfassen wird (astronews.com
berichtete). Die erste internationale LOFAR-Station (IS-DE1) wurde nun auf dem
Gelände des Radio-Observatoriums Effelsberg unmittelbar neben dem
100-m-Radioteleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR)
errichtet. Am 20. November 2007 erfolgte in Effelsberg die formale Übergabe der
Station zwischen Vertretern des niederländischen Instituts ASTRON und des MPIfR.
Damit ist zugleich die Aufnahme des systematischen Messbetriebs verbunden.
LOFAR stellt ein neuartiges Konzept für ein Radioteleskop dar. Es ist das
erste digitale Radioteleskop, das keinerlei bewegliche Teile und Motoren mehr
benötigt. Bei den niedrigen Frequenzen zwischen 20 und 80 MHz, bei denen LOFAR
zum Einsatz kommt (das sind kosmische Radiowellen mit Wellenlängen von einigen
Metern), erfasst jede einzelne Antenne des LOFAR-Netzwerks den kompletten Himmel
auf einmal. Blickrichtung und Größe des Gesichtsfelds werden nicht mechanisch,
sondern elektronisch zwischen den 96 Einzelantennen einer Station und zwischen
den unterschiedlichen Stationen gesteuert.
LOFAR wird außerdem auch aus Antennen, die im Frequenzbereich von 120-240 MHz
messen, bestehen. Ein zentraler Superrechner, der im Computerzentrum der
Universität im niederländischen Groningen steht, nimmt dabei die digitalen
Signale aller Antennen auf und kombiniert sie. Dadurch kann man mit LOFAR sogar
in mehrere Richtungen gleichzeitig "sehen" und unterschiedliche Messprojekte zur
gleichen Zeit durchführen.
Das LOFAR Radioteleskop, das von ASTRON entwickelt wurde, hat eine erste
LOFAR Station CS1 im niederländischen Exloo seit letztem Jahr in Betrieb und
bereitet sich darauf vor, innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Minimum von 36
Stationen in den Niederlanden zu errichten mit mehr als 25000 individuellen
Antennen. Um die Radiostrahlung unterschiedlicher kosmischer Objekte (etwa von
explodierenden Sternen, fernen Galaxien und Quasaren mit extrem massereichen
Schwarzen Löchern) detailliert untersuchen zu können, sind Winkelauflösungen von
unter einer Bogensekunde erforderlich.
Dazu werden die einzelnen Stationen des LOFAR-Netzwerks in den Niederlanden,
in Deutschland und bald auch in anderen Ländern Europas (beispielsweise
Großbritannien, Frankreich und Schweden) grenzüberschreitend über schnelle
Datenleitungen miteinander verbunden. In Effelsberg ist erst im November 2007
ein dazu wichtiger Schritt erfolgt: eine Glasfaserverbindung zwischen dem
Radio-Observatorium Effelsberg und dem Institut in Bonn, und weiterhin dem
Anschluss an das deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz zur Weiterleitung der Daten
an den LOFAR-Hochgeschwindigkeitsrechner in Groningen.
Die Karte des Radiohimmels über Effelsberg wurde zunächst nur mit den
Einzelantennen der LOFAR-Station Effelsberg aufgenommen. In einer Sekunde
Messzeit war es hier möglich, den kompletten Himmel in langwelliger
Radiostrahlung zu erfassen und sowohl den Verlauf der Milchstraße als auch
starke Einzelquellen (wie Cygnus A und Cassiopeia A) wiederzugeben. Diese
Messung vom 29. Oktober 2007 stellt gewissermaßen das "First Light" für die
LOFAR-Station Effelsberg dar, den Beginn der astronomischen Messungen dieser
Station.
Vor drei Wochen, am 20. November 2007, erfolgte dann die offizielle Übergabe
der LOFAR-Station Effelsberg, der ersten internationalen Station des
LOFAR-Projekts (mit dem Kürzel IS-DE1), und nach der niederländischen Station
CS1 die zweite LOFAR-Station überhaupt. Bei einem Treffen im Radio-Observatorium
Effelsberg, dem Standort der Station, unterschrieben Mark Bentum, Rollout-Manager
des LOFAR-Projekts aus den Niederlanden, und Wolfgang Reich, LOFAR-Projektleiter
am MPIfR, das Übergabe-Protokoll.
Nach dem Beginn der systematischen Messungen mit der LOFAR-Station Effelsberg
ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Messungen in hoher Winkelauflösung zur
detaillierten Untersuchung des Radio-Universums durch Verbindung der einzelnen
LOFAR-Stationen über die schnellen Datenleitungen zur Routine werden. Die
Forscher am Max-Planck-Institut für Radioastronomie legen dabei speziellen Wert
auf das Studium magnetischer Phänomene im Universum und haben die Leitung dieses
Forschungsprogramms übernommen.
Mit LOFAR beginnt ein neues Zeitalter der Erforschung des langwelligen
Universums. LOFAR wird Astronomen aller Welt anziehen, die begierig darauf sind,
den noch fast unerforschten Frequenzbereich für ihre Forschung zu entdecken.
"Wir erwarten einen enormen Erkenntnisgewinn über Planeten, Sterne, Galaxien bis
hin zu den entferntesten Strukturen aus der Frühzeit des Universums", so
Wolfgang Reich.
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