Teleskopstationen in ganz Deutschland
geplant
Redaktion / MPIfR
astronews.com
13. September 2005
Deutsche Astronomen bereiten die Erweiterung des zur Zeit in den
Niederlanden geplanten LOFAR-Teleskops über große Teile von Deutschland vor: Das
Riesenteleskop könnte von
Bonn bis Potsdam und von Hamburg bis München reichen und wäre die größte über Datenleitung vernetzte
Teleskopanlage der Welt.
So könnte eine LOFAR-Station aussehen, die aus insgesamt 200
Einzelelementen aufgebaut ist. Bild: ASTRON, Niederlande |
LOFAR, das LOw Frequency Array, ist ein völlig neuartiges Teleskop,
das ohne mechanische Bauteile auskommt und dennoch in Sekundenbruchteilen den
gesamten Himmel beobachten kann. Das Teleskop wird zur Zeit in den Niederlanden
mit einem Finanzvolumen von 78 Millionen Euro gebaut und erstreckt sich über
100 Kilometer. Durch den deutschen Ausbau würde die Sehschärfe des Teleskops um
das Fünffache steigen und einen bisher kaum vorstellbaren Blick ins Universum
erlauben. Damit würde LOFAR zur größten über Datenleitung vernetzten
Teleskopanlage der Welt.
Die Pläne zum Ausbau werden auf der Tagung der Astronomischen Gesellschaft
vom 26. September bis 1. Oktober 2005 in Köln präsentiert. Das deutsche
LOFAR-Konsortium stellt dort erstmals das "Weißbuch" über die Zielsetzung der
deutschen Aktivitäten vor. Die Grundbausteine des Weißbuches werden in Vorträgen
auf einem speziellen Workshop der Tagung erläutert.
LOFAR basiert auf der schnellen digitalen Verarbeitung von Radiowellen bei
Frequenzen zwischen 10 und 240 MHz, die von einer großen Zahl von einfachen
Dipolantennen aufgefangen werden. Die Daten werden über ein ultra-schnelles
Datennetzwerk zum derzeit schnellsten Superrechner Europas, dem LOFAR "Blue
Gene" Rechner in Groningen, weitergeleitet. Im Computer kann dann jede beliebige
Himmelsrichtung in Echtzeit ausgewählt werden. Je nach Rechnerleistung können
bis zu acht Gebiete am Himmel gleichzeitig beobachtet werden. Störungen
irdischer Radiosender lassen sich ebenfalls digital ausschalten. Mehrere
Stationen, mit superschnellen Datenleitungen miteinander verbunden, liefern die
Daten für das endgültige Radiobild.
Der Kern von LOFAR wird zur Zeit in den Niederlanden aufgebaut, bestehend aus
77 Stationen mit jeweils 96 Dipolantennen. Zur Erhöhung der Winkelauflösung und
Empfindlichkeit wird eine Ausdehnung auf Deutschland mit etwa 10 Stationen
angestrebt. Zur Realisierung wurde im Jahr 2004 die Arbeitsgemeinschaft GLOW (German
LOng Wavelength consortium) gegründet. Das Max-Planck-Institut für
Radioastronomie in Bonn hat die Koordination der deutschen LOFAR-Aktivitäten
übernommen. Eine LOFAR-Station soll neben dem 100-m Radioteleskop Effelsberg bei
Bad Münstereifel aufgestellt werden. Weitere LOFAR-Stationen sind zur Zeit in
Bremen, Garching, Göttingen, Hamburg und Tremsdorf bei Potsdam in Planung.
Die wissenschaftlichen Themen umfassen den Nachweis von Radiowellen der
allerersten Strukturen im frühen Universum, weiterhin Magnetfelder in
Radiogalaxien, Spiralgalaxien und in unserer Milchstraße. Sie reichen von
Radiostrahlung von der Sonne und von extrasolaren Planeten bis hin zum Nachweis
hochenergetischer kosmischer Teilchen über deren Radiosignaturen. Die Vielzahl
dieser Möglichkeiten wird einen völlig neuen Blick ins Weltall erlauben.
LOFAR ist der erste wichtige Schritt auf dem Weg zu einer Revolution der
Beobachtungstechnik im Radiobereich und zudem ein wichtiger Schritt zu einem
gigantischen Radioteleskop, dem "Square Kilometer Array", das zur Zeit
von Radioastronomen in aller Welt in Planung ist und innerhalb der nächsten 20
Jahren Wirklichkeit werden wird.
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