Forscher vereinbaren transatlantische Kooperation
Redaktion /
MPG-Pressemitteilung astronews.com
10. Dezember 2007
Von Zusammenarbeit in der Wissenschaft profitieren in der
Regel alle - gerade in Zeiten knapper Kassen. Jetzt haben zwei der
Spitzeninstitute auf dem Gebiet der Radioastronomie, das amerikanische National
Radio Astronomy Observatory und das deutsche Max-Planck-Institut für Radioastronomie eine
Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Erste konkrete Projekte gibt es auch
schon.
Das 100-Meter-Radioteleskop des
Max-Planck-Instituts für Radioastronomie.
Foto:
Max-Planck-Institut für Radioastronomie |
Zwei weltweit führende radioastronomische Forschungseinrichtungen
haben ein Abkommen zur wissenschaftlichen und technischen Kooperation auf dem
Gebiet der Radioastronomie unterzeichnet. Damit vereinbaren das National
Radio Astronomy Observatory (NRAO) in den USA und das Max-Planck-Institut
für Radioastronomie in Deutschland eine Reihe von gemeinsamen zukünftigen
Projekten, sowohl bei der technischen Weiterentwicklung der Teleskope als auch
bei der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Partnern.
Das erste gemeinsame Projekt zwischen beiden Instituten umfasst die
Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie mit einem Beitrag von
299.000 US-Dollar bei der Weiterentwicklung von Empfängern zur Aufnahme von
Radiostrahlung in einem Frequenzbereich von 22 Gigahertz für alle zehn Teleskope
des VLBA-Netzwerks. Dadurch wird die Vielfalt wissenschaftlicher Forschung mit
dem VLBA nochmals erweitert. VLBA steht für Very Long Baseline Array
und ist eine Zusammenschaltung von über den gesamten amerikanischen Kontinent verteilten
Radioteleskopen.
Der Empfangsbereich im 22 Gigahertz-Gebiet ist von speziellem Interesse für
Forschungsprojekte in der Kosmologie und für solch rätselhafte Phänomene wie Blazare
im Gammastrahlungsbereich. "Das neue Abkommen erfolgt im Rahmen einer
langjährigen Zusammenarbeit zwischen unseren Instituten und betont die Bedeutung
von internationalen Kollaborationen für die Zukunft astronomischer Forschung",
sagt Fred K.Y. Lo, der Direktor des NRAO. Dem stimmt auch Anton Zensus,
geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Instituts, zu: "Unsere beiden Institute
haben eine Reihe von gemeinsamen Forschungszielen. Die Bündelung von Kräften, um
unsere Teleskope technologisch an vorderster Front zu halten, ist von hohem
Nutzen für den wissenschaftlichen Fortschritt in unserem Forschungsbereich."
Neben dem VLBA betreibt das NRAO das Very Large Array (VLA) in New
Mexico und das Robert C. Byrd Green Bank Telescope (GBT) in West
Virginia. Das Max-Planck-Institut betreibt das 100-Meter-Radioteleskop bei Effelsberg in Deutschland und - zusammen mit der Europäischen Südsternwarte ESO
und dem schwedischen Onsala Space Observatory - das
12-Meter-APEX-Teleskop in 5.100 m Höhe in der Atacama-Wüste in Chile. Als
Partner im VLBA-Netzwerk stellt es die transatlantische Ausdehnung zur
nochmaligen Vergrößerung der Winkelauflösung zur Verfügung.
Beide Institute sind Mitglieder im Betrieb eines globalen Netzwerks von
Radioteleskopen (Very Long Baseline Interferometry, kurz
VLBI), in dem durch gleichzeitige Radiomessungen mit Teleskopen auf mehreren
Kontinenten Bilder mit extrem hoher Auflösung erzeugt werden können. In einem
Teil dieses Teleskop-Netzwerks, dem "High-Sensitivity Array" (HSA),
werden speziell die großen Radioteleskope eingesetzt, um sehr leuchtschwache
kosmische Objekte zu erfassen. Durch Kooperation der NRAO-Teleskope mit dem
100-Meter-Teleskop Effelsberg ist es möglich, Radiobilder von kosmischen Objekten zu
erzeugen, die 100-mal schärfer sind als entsprechende optische Aufnahmen mit dem
Weltraumteleskop Hubble.
Beide Institute sind auch Teil einer internationalen Kooperative zum Aufbau
und Betrieb des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in
Chile und beteiligen sich an der Planung des Square Kilometer Array
(SKA) als internationalem Großprojekt eines Radioteleskops der nächsten
Generation.
Im Rahmen der neuen Vereinbarung setzen die Institute ihre bereits
bestehende Zusammenarbeit bei wissenschaftlichen Projekten und Beobachtungen
fort und erweitern sie durch die Kooperation bei technologischen Entwicklungen,
um die Leistung der Radioteleskope beider Partner vor allem bei kurzen
Wellenlängen zu verbessern. Die Zusammenarbeit erstreckt sich ebenfalls auf die
Beurteilungen zur Vergabe von Beobachtungszeit an den jeweiligen Radioteleskopen
und beinhaltet den offenen Zugang zu Beobachtungszeit auf der Basis eines
Gutachter-Verfahrens.
Mit der Übereinkunft zwischen NRAO und dem Max-Planck-Institut wird der
Empfehlung der amerikanischen National Science Foundation (NSF)
Rechnung getragen, dass das VLBA in Zukunft vom NRAO gemeinsam mit
Partnerinstituten betrieben werden solle. Das Max-Planck-Institut bekräftigt ein
starkes Interesse darin, die einmaligen Fähigkeiten des VLBA für
wissenschaftliche Forschung nutzen zu können. Der finanzielle Beitrag zum Ausbau
des 22 Gigahertz-Empfangssystems am VLBA setzt dafür ein starkes Zeichen. Die
Fertigstellung, mit der Aufrüstung von allen zehn VLBA-Teleskopen, ist für
August 2008 geplant.
Durch die Maßnahme wird die Empfindlichkeit des 22 Gigahertz-Empfangssystems
zur Beobachtung von schwachen Radioquellen um 30 Prozent verbessern. Das
ermöglicht einen wesentlich besseren Zugang zu einem Schlüsselgebiet moderner
astronomischer Forschung. Dabei dienen rotierende Scheiben von Wassermolekülen
im Zentralbereich von weit entfernten Galaxien dazu, die Entfernung dieser
Galaxien (unabhängig von der Rotverschiebung) sehr genau zu bestimmen. Diese
Beobachtungstechnik wurde in den späten Neunzigerjahren erstmals angewandt. Sie
ermöglicht eine direkte Entfernungsbestimmung ohne zahlreiche Hilfsannahmen, die
in den eher indirekten Methoden zur Entfernungsbestimmung zum Tragen kommen.
Die verbesserte Genauigkeit in dieser Methode spielt eine Schlüsselrolle bei
der Lösung von Problemen an der Spitze astrophysikalischer Forschung. Das gilt
zum Beispiel für die Bestimmung der Natur der mysteriösen Dunklen Energie, des
Antriebs hinter der beschleunigten Expansion des Universums. In diesem
Forschungsbereich arbeiten Astronomen beider Institute zusammen. Für die
Beobachtungen werden neben dem VLBA auch das Radioteleskop Effelsberg, das GBT
und das VLA eingesetzt.
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