Das Geheimnis von Medusae Fossae
von Stefan Deiters astronews.com
2. November 2007
Die europäische Marssonde Mars Express hat nun neue
Daten über eine der geheimnisvollsten Sedimentstrukturen auf dem Mars
geliefert: die Medusae Fossae Formation. Mithilfe des Radarinstruments MARSIS
gelang es den Wissenschaftler neue Informationen über die Schichtdicke des
dortigen Materials und seine elektrischen Eigenschaften zu gewinnen. Geklärt ist
der Ursprung damit allerdings noch nicht.
Die Medusae Fossae
Formation an der Grenze zwischen dem Hoch- und
Tiefland auf dem Mars. MARSIS hat hier Echos von
den tieferliegenden Schichten empfangen, die von
den geheimnisvollen Ablagerungen überdeckt
wurden (rechts).
Bild: ESA / ASI / NASA / Univ. of Rome / JPL / Smithsonian [Großansicht] |
Die Medusae Fossae Formation sind einmalige Ablagerungen auf dem
Mars, die die Forscher seit langem vor ein Rätsel stellen: Sie liegt in der
Nähe des Marsäquators an der Grenze zwischen dem Hoch- und Tiefland des Mars
und könnte die geologisch jüngste Struktur auf der Oberfläche des Roten
Planeten sein. Einschlagkrater wie in anderen Regionen finden sich hier nämlich
kaum.
Die Ablagerungen der Medusae Fossae Formation sind auch deswegen so
geheimnisvoll, weil es in ihnen Bereiche gibt, die bestimmte Wellenlängen von
Radarwellen von der Erde einfach verschlucken. Diese Gebiete
wurden von den Wissenschaftlern daher auch Tarnkappen-Regionen genannt, weil von
hier kein Radarecho zur Erde zurückkam. Das Radarinstrument MARSIS an Bord von
Mars Express allerdings nutzt nicht den kritischen Wellenlängenbereich.
Die Radarwellen durchdrangen daher das Material und wurden an der darunterliegenden
Schicht reflektiert. So gelang es die Tiefe der Ablagerungen zu bestimmen.
"Wir wussten zuvor gar nicht, wie dick die Ablagerungen der Medusae Fossae
Formation waren", erläutert Thomas Watters vom Center for Earth and
Planetary Studies der Smithsonian Institution. "Einige
Wissenschaftler dachten, es könnte sich nur um eine sehr dünne Schicht handeln,
die einige Erhebungen im Tiefland überzieht. Die neuen MARSIS-Daten zeigen nun
aber, dass es sich um sehr dicke Ablagerungen handelt, die an einigen Stellen
Tiefen von mehr als 2,5 Kilometern erreichen."
Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, wie man die Ablagerungen der Medusae
Fossae Formation erklären könnte: Experten halten Ablagerungen von vulkanischer
Asche für möglich, könnten sich aber auch vorstellen, dass es sich um Material
handelt, dass durch Erosionsprozesse entstanden ist und sich dann hier
abgelagert hat. Als dritte Möglichkeit werden noch Eis-haltige Ablagerungen
diskutiert, wie man sie auch in Polnähe gefunden hat.
Aufgrund der neuen Beobachtungen zu entscheiden, welches der drei Modelle
zutreffend ist, ist schwierig: Zwar verraten die MARSIS-Daten auch etwas über
die elektrische Leitfähigkeit des Materials und deuten drauf hin, dass es sich
um sehr lockeres Material mit nur geringer Dichte handelt. Doch ist es schwer zu
verstehen, wie etwa Staub sich hier abgelagert haben könnte und trotz einer
Kilometer-dicken Schichtung nicht zusammengedrückt und komprimiert wurde.
Und obwohl die elektrischen Eigenschaften der Ablagerungen mit denen einer Wassereis-haltigen
Schicht
übereinstimmen würden, gibt sonst keine Hinweise darauf, dass es in der Nähe des
Marsäquators Eis gibt: "Wenn es am Marsäquator Wassereis gibt, dann muss es
mindestens mehrere Meter tief unter der Oberfläche begraben sein", meint auch
Jeffrey Plaut, MARSIS Co-Principal Investigator am Jet Propulsion Laboratory der
NASA. Dies liegt daran, dass der Wasserdampfdruck auf dem Mars so gering ist,
dass Eis in der Nähe der Oberfläche sofort verdampfen würde.
Das Geheimnis der Medusae Fossae Formation ist also noch nicht gelöst: "Wir
sind noch ganz am Anfang", so Plaut. "Wir können eventuell unsere Analyse der
Daten und die Interpretation noch verbessern oder wir werden das Rätsel erst
lösen, wenn wir persönlich dort hinfahren und eine Probebohrung machen."
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