Tiefgefroren in seiner Jugendzeit
von Stefan Deiters astronews.com
18. Juli 2007
Der Saturnmond Iapetus wurde offenbar in seiner Jugendzeit
tiefgefroren und sieht deswegen heute noch genauso aus, wie vor über drei
Milliarden Jahren. Das ist zumindest das Ergebnis von Untersuchungen, die helfen
sollten, einige Eigentümlichkeiten dieses Trabanten zu erklären, wie etwa eine
merkwürdige Wulst am Äquator des Mondes.
Der Saturnmond
Iapetus. Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute |
"Iapetus hat sich anfangs schnell um seine eigene Achse gedreht,
ist im jungen Alter tiefgefroren und weist dadurch bis heute deutlich sichtbare
Kurven auf", fast Julie Castillo, Projektwissenschaftlerin für die Saturnsonde
Cassini am NASA Jet Propulsion Laboratory die Ergebnisse der
jüngsten Untersuchung zusammen. Damit scheint Iapetus - im Gegensatz zu anderen
Monden - heute immer noch die Form zu haben, die er schon hatte, als er nur einige Hundert Millionen Jahre alt war. Stimmen diese Resultate, die
jetzt in der Onlineausgabe der Fachzeitschrift Icarus veröffentlicht wurden,
wäre der Mond ein Fossil aus der Jugendzeit des Sonnensystems.
Als die Saturnsonde Cassini vor mehr als zwei Jahren Iapetus näher
untersuchte, entdeckte man, dass der Mond keine Kugelform hatte, sondern eher einer Walnuss glich, am Äquator
also deutlich ausgebeult war. Zudem fand man nahezu exakt auf der Äquatorlinie
eine eigentümliche Bergkette (astronews.com berichtete). Bei dieser Bergkette,
so war unter anderem spekuliert worden, könnte es sich um einen abgestürzten
Ring handeln oder aber um die Folge von einer extrem schnellen Rotation in der
Entstehungsphase des Mondes.
Letzteres wird auch in der aktuellen Untersuchung als Grund für die
Wulst des Mondes favorisiert. Zudem glauben die Forscher, dass radioaktive
Elemente im Inneren des Mondes eine Rolle gespielt haben, die inzwischen nicht mehr
aktiv sind: "Wir haben simuliert, wie Iapetus seine beträchtliche Wulst
durch schnelle Drehung bekommen haben kann und warum sich diese Drehung dann so
verlangsamt hat", erläutert Dennis Matson, Cassini-Projektwissenschaftler am
Jet
Propulsion Laboratory. "Als unerwartetes Extra bekamen wir dadurch auch das
Alter des Mondes geliefert." Iapetus braucht für eine Umdrehung um die eigene
Achse derzeit fast 80 Tage. "Für eine solche Wulst würde man aber eine
schnelle Drehung erwarten, ansonsten wäre sie deutlich flacher."
Nach Berechnungen der Wissenschaftler hat sich Iapetus ursprünglich in nur
fünf bis 16 Stunden einmal um die eigene Achse gedreht. Durch die schnelle
Drehung wurde der Mond im Äquatorbereich deutlich breiter, wodurch sich auch die
gesamte Oberfläche des Mondes vergrößerte. Als nun die Eigendrehung des Mondes
merklich abnahm, war die äußere Hülle von Iapetus bereits gefroren. Eine
geringere Rotation bedeutet aber auch, das die Wulst kleiner werden sollte
und damit auch die Mondoberfläche. Da diese aber nun gefroren war, sammelte sich
das überschüssige Material in einer kleinen Bergkette am Äquator an.
Doch wieso war Iapetus überhaupt anfangs warm genug, um eine solche
Wulst zu bekommen und dann durch Gezeitenkräfte abgebremst zu werden? Und
wieso schaltete sich diese "Heizung" plötzlich aus und ließ den Mond erstarren?
Die Wissenschaftler vermuten, dass des Rätsels Lösung radioaktive Isotope im
Gestein des Mondes sind - und zwar Aluminium-26 und Eisen-60. Beide Isotope
haben eine vergleichsweise geringe Halbwertszeit und verloren bald ihre wärmende
Wirkung. Der Mond erstarrte.
Auf der Basis der Halbwertzeit von Aluminium-26 haben die Forscher auch das
Alter von Iapetus bestimmt: Der Mond ist danach 4,564 Milliarden Jahre alt.
Aluminium-26 und Eisen-60 wurden bereits in Meteoriten nachgewiesen, die aus dem
inneren Sonnensystem stammen. "Zum ersten Mal haben wir hier direkte Beweise
dafür, wie sich die Drehung eines Körpers im äußeren Sonnensystem mit der Zeit
verändert hat", so Matson. Der nächste Cassini-Vorüberflug an Iapetus
ist am 10. September 2007 geplant.
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