Die ESA-Sonde Huygens war am 14. Januar 2005 nach einer
siebenjährigen Reise mit der Saturnsonde Cassini auf dem Saturnmond Titan gelandet. Zwei Stunden und 28 Minuten lang schwebte Huygens
an einem Fallschirm durch die Titan-Atmopshäre. Nach der Landung sandte die
Sonde noch
für rund 70 Minuten weiter Daten an Cassini, die diese dann umgehend
Richtung Erde weiterschickte. Für die beteiligten Forscher offenbarten die
übermittelten Daten und Bilder einen faszinierenden Einblick in die Welt dieses Saturnmondes.
"Huygens hat uns einen wahren Schatz an Daten beschert, mit denen wir
noch einige Zeit beschäftigt sein werden", meint auch Professor John Zarnecki
von der britischen Open University, der für das Surface Science
Package an Bord von Huygens verantwortlich zeichnete. "Das
Surface Science Package hat sofort Daten über Titan geliefert, doch trägt
es auch erheblich dazu bei, sich nach und nach ein umfassenderes Bild über die
Umweltbedingungen auf dem Saturnmond zu machen."
Ein wichtiges Instrument der Wissenschaftler sind dabei Computermodelle des
Titan, mit denen versucht wird, die von Huygens gemessenen Daten zu reproduzieren.
"Obwohl wir nur vier Stunden an Daten haben, sind die Informationen so
vielfältig, dass wir immer noch nicht alles berücksichtigen konnten", erläutert
Francois Raulin vom Pariser Laboratoire de Physique et Chimie de
l'Environnement. Trotzdem haben die Wissenschaftler dank ihrer Modelle nun
einen Eindruck über die Mechanismen, die auf Titan eine Rolle spielen.
In einer am 1. Juni vorgestellten Sonderausgabe der Zeitschrift Planetary
and Space Science Journal sind die neusten Ergebnisse vom Titan
zusammengefasst: "Titan", so urteilt ESA-Projektwissenschaftler Jean-Pierre Lebreton, "ist eine Welt, die der Erde in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich ist."
Die meisten jetzt veröffentlichten Arbeiten beschäftigen sich mit dem Weg von
Huygens durch die Titanatmosphäre. Dabei konnte die genaue Bewegung der Sonde
nur durch zusätzliche Radiobeobachtungen von der Erde mit Hilfe eines sehr
mühsamen Verfahrens bestimmt werden, da eines der Instrumente nicht arbeitete wie
es sollte (astronews.com berichtete).
Die Daten von weiteren Instrumenten und Sensoren erlaubten es den
Wissenschaftlern nun, die Bewegung der Sonde mit noch größerer Genauigkeit zu
analysieren. Dabei nutzten die Forscher beispielsweise Temperatur, Druck und
spektrale Informationen um den Weg Titans durch die Atmosphäre genau
nachzuzeichnen. So entdeckten sie beispielsweise, dass sich in 20 bis 30 Kilometern Höhe
eine sehr turbulente Atmosphärenschicht befindet. Aus dem Vergleich der
Huygens-Daten mit Daten von Wetterballons auf der Erde glauben die
Wissenschaftler ablesen zu können, dass die Turbulenzen eventuell etwas mit
Wolken zu tun haben.
Außerdem stellte sich heraus, das die Titanatmosphäre dunstiger war als
angenommen. Die Ursache dafür sind winzige Staubpartikel. Durch Nachstellen der
Titanbedingungen im Labor wollen die Forscher diesen Sachverhalt nun noch besser
verstehen. Unterhalb von 40 Kilometern bot sich dann ein freier Blick auf den Saturnmond und die Sonde konnte erste Bilder der Oberfläche machen. Zu erkennen
waren deutliche Spuren von Erosion durch Flüssigkeit. Vermutlich handelt es
sich bei dieser Flüssigkeit um Methan. Ergänzende Beobachtungen von Cassini
sollen nun helfen, mehr über die Entstehung der Landschaftsformen auf dem Mond
herauszufinden.
Als die Sonde dem Boden immer näher kam, wurde sie von Winden erfasst. Diese
Daten führten zu einem neuen Atmosphärenmodell, nach dem es auf Titan eine
großräumige Strömung vom Südpol zum Nordpol und wieder zurück gibt.
Begeistert sind die Forscher auch von äußerst niederfrequenten
Radiowellen, die sie glauben in den Huygens-Daten ausgemacht zu haben.
Sollte es sich bestätigen, dass diese Welle ein natürliches Phänomen ist und
nicht etwa ein Artefakt der Instrumente, könnte sie einen faszinierenden Weg
eröffnen, etwas über Titans Untergrund zu erfahren und eventuell auch einen
verborgenen Ozean dort nachzuweisen.
Der einzige andere Himmelskörper von dem solche Radiowellen in der Atmosphäre
noch bekannt sind, ist die Erde, wo Blitzeinschläge für die Entstehung
verantwortlich gemacht werden. Allerdings wurden auf Titan kaum Blitze
registriert. Wie die Radiowelle also entstanden ist, dürfte die Wissenschaftler
noch ein wenig beschäftigen.