Sonde misst Raumkrümmung durch Erde
von Stefan
Deiters
astronews.com
18. April 2007
Vor fast genau drei Jahren startete mit Gravity Probe B
eine Sonde, mit der zwei zentrale Aussagen von Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie überprüft werden sollten. Die Auswertung der Daten erwies
sich als komplizierter als zunächst gedacht, doch jetzt legten Wissenschaftler
erste Ergebnisse vor: Die Krümmung des Raums konnte mit einer Genauigkeit von
einem Prozent nachgewiesen werden. Noch genauere Resultate sollen bis zum
Jahresende vorliegen.
Gravity Probe B hat die Krümmung des Raums durch die Erde mit
einer Genauigkeit von einem Prozent nachgewiesen. Bild:
Stanford University |
Lange hatte man auf die Ergebnisse gewartet, doch am Wochenende war es
endlich so weit: Francis Everitt von der amerikanischen Stanford University
berichtete auf einer Tagung der American Physical Society über erste
Resultate der Mission Gravity Probe B. Die Sonde war am 20. April 2004
gestartet und hatte nur den einen Zweck, zwei zentrale Vorhersagen von Einsteins
allgemeiner Relativitätstheorie mit bislang unerreichter Genauigkeit zu
überprüfen (astronews.com berichtete).
Mit Hilfe von extrem genauen Kreiseln an Bord wollte das Team von Gravity
Probe B zwei fundamentale Effekte von Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie messen: Zum einen die geodätische Präzession (auch als
de-Sitter-Effekt bekannt), der die Krümmung des Raums durch die Masse der Erde
beschreibt, zum anderen den Frame-Dragging Effekt (oder auch
Lense-Thirring-Effekt), der durch die Verdrillung der lokalen Raumzeit durch die
rotierende Masse der Erde entsteht.
Beide Effekte sollten einen Einfluss auf die Drehachsen der Kreisel an Bord
von Gravity Probe B haben: Durch den geodätischen Effekt müsste sich die
Lage der Kreiselachsen im Laufe eines Jahres um 6,606 Bogensekunden verändern,
durch die Frame-Dragging Effekt um 0,039 Bogensekunden - letzteres entspricht
etwa der Breite eines menschlichen Haares aus einer Entfernung von rund 400
Metern betrachtet. Eine Bogensekunde ist der 3600. Teil eines Winkelgrads.
Gravity Probe B hat nach dem Start vor drei Jahren und einer
viermonatigen Kalibrierungsphase ab August 2004 innerhalb von 50 Wochen mehr als
ein Terabyte an Daten geliefert. Anschließend machte sich das Missionsteam an
deren Auswertung. Diese stellte sich allerdings als komplizierter heraus als
ursprünglich gedacht: Obwohl man versucht hatte, sämtliche Faktoren, die zu
einer Beeinflussung der Messwerte führen könnten, schon bei der Konstruktion
zu vermeiden, stellte sich heraus, dass elektrostatische Aufladungen an Teilen der
Kreisel zu geringen Messfehlern führten. Diese Fehler stehen aber - zum Glück
für die Forscher - in einem eindeutigen Zusammenhang mit der Kreiseldrehachse
und der Symmetrieachse der Sonde, so dass man die Fehler aus den Daten
herausrechnen kann, ohne die relativistischen Effekte zu verwischen.
Trotzdem ist große Sorgfalt nötig: Die Effekte der elektrostatischen
Aufladungen auf die Drehachsen der Kreisel mussten zunächst gründlich
untersucht, theoretisch verstanden und im Experiment überprüft werden. Erst dann
konnte man diese Störungen aus den Daten herausrechnen und nach den eigentlich
gesuchten relativistischen Effekten fahnden. Dieses Vorgehen hat die Auswertung
der Daten um mehr als ein Jahr verzögert und dauert immer noch an, so dass
endgültige Ergebnisse erst im Dezember vorliegen werden.
So konnten die Wissenschaftler auf der Konferenz zunächst nur berichten, dass
man die geodätische Präzession, also die Krümmung des Raums durch die Masse der
Erde, mit einem Fehler von einem Prozent hat nachweisen können. Den
170-mal kleineren Frame-Dragging-Effekt hat man in den vorläufigen Daten noch
nicht entdeckt. "Wir brauchen noch rund acht Monate mehr an Datenanalyse, um
wirklich die volle Genauigkeit der Instrumente ausschöpfen zu können", so
William Bencze, Gravity Probe B-Programmmanager. "Erst dann werden wir
die Ungenauigkeiten in den Daten von jetzt 0,1 bis 0,05 Bogensekunden pro Jahr
auf die angestrebte Genauigkeit von mehr 0,005 Bogensekunden pro Jahr verbessert
haben."
Es bleibt also noch einige Zeit spannend. Für das Team hinter dem Gravity
Probe B-Experiment dürften die acht Monate bis Dezember allerdings
kaum ins Gewicht fallen: Gravity Probe B wurde bereits 1959 vorgeschlagen
und wird von der NASA seit 1964 finanziert. Damit ist es das am längsten
laufende Forschungsprogramm bei der NASA und der Stanford University. Und
auch wenn im Dezember das endgültige Ergebnis vorliegt, rät Francis Everitt zur
Vorsicht: "Wenn man die Nachrichten bekommt, die man hören wollte, sollte man
immer besonders kritisch sein."
|