Erster deutscher Aufklärungssatellit gestartet
Redaktion / DLR
astronews.com
20. Dezember 2006
Wenn es um militärische Aufklärungssatelliten geht, denkt
man meist an russische oder amerikanische Späher im All. Doch auch die deutsche
Bundeswehr ist gerade dabei, ein satellitengestütztes Aufklärungssystem zu
installieren. Der erste von fünf SAR-Lupe Satelliten ist gestern
erfolgreich ins All gestartet.

Der deutsche Aufklärungssatellit SAR-Lupe. Bild: DLR |
Am gestrigen Dienstag startete um 15.00 Uhr MEZ der erste von insgesamt fünf
SAR-Lupe Aufklärungssatelliten der Bundeswehr mit einer COSMOS 3M-Rakete
vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk. Der Satellit wurde von dem Bremer
Raumfahrtunternehmen OHB-System AG entwickelt und gebaut, das Deutsche Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist für die Positionierung des Satelliten
verantwortlich. SAR-Lupe besteht aus fünf weitgehend gleichen
Radar-Aufklärungs-Satelliten, die nun in Abständen von sechs Monaten gestartet
werden sollen.
Das Deutsche Raumfahrt-Kontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen übernimmt
bei SAR-Lupe die Steuerung der Satelliten in den ersten Wochen nach dem
Start. Nach dem Einschuss des Satelliten in die Umlaufbahn durch die
Trägerrakete COSMOS 3M wird der Satellit vom DLR-Kontrollzentrum in
Betrieb genommen und überwacht. Der Satellit fliegt dann in einer kreisförmigen
polaren Umlaufbahn in einer Höhe von 500 Kilometer in rund 90 Minuten einmal um
die Erde und über die beiden Pole.
In der rund zehntägigen Anfangsphase wird ein regelmäßiger Funkkontakt zum
Satelliten nicht nur über Antennen in Deutschland, sondern auch über andere
Antennen etwa im Norden Europas sichergestellt. In einem der DLR-Kontrollräume
unterstützen etwa 25 Ingenieure die wichtige Betriebsphase der ersten Tage. Mit
der Inbetriebnahme verbunden sind auch erste Tests, die Kalibrierung der
Satellitenuntersysteme und die Positionierung des Satelliten in seine endgültige
Umlaufbahn. Das Einschalten des Radarsystems erfolgt voraussichtlich erst Ende
Januar/Februar, nach der Übergabe der Missionskontrolle an die Bundeswehr.
SAR-Lupe ist das erste satellitengestützte Aufklärungssystem
Deutschlands. Es besteht aus fünf baugleichen Kleinsatelliten sowie einem
Bodensegment zur Satellitenkontrolle, zum Empfang und zur Verarbeitung der
Bilddaten. OHB-System entwickelte als Hauptauftragnehmer des Bundesamts für
Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) das Gesamtsystem und hat die Federführung über
ein Konsortium aus bekannten europäischen Raumfahrtunternehmen übernommen.
Durch die intelligente Kombination vorhandener Technologien kann SAR-Lupe
rund um die Uhr unabhängig von Wetterbedingungen arbeiten. Dabei werden zeitnah
hochauflösende Radarbilder aus nahezu allen Teilen der Welt geliefert. Dazu wird
SAR-Lupe die Erde in einer Höhe von etwa 500 Kilometern umkreisen. Die insgesamt
fünf Satelliten sind dabei auf drei verschiedenen, ungefähr polaren Umlaufbahnen
positioniert.
Der Satellit besteht aus einem Satellitenbus und der Radar-Nutzlast. Der
spezielle Bus ermöglicht durch seine Dreiachsenstabilisation eine hochpräzise
Ausrichtung des Satelliten auf die Stelle am Boden, die aufgenommen werden soll.
Die Gewinnung der Bilddaten erfolgt über eine fest mit dem Satellitenbus
verbundene Parabolantenne. Ein spezielles Aufnahmeverfahren, das so genannte
Synthetic Aperture Radar-, oder kurz SAR-Verfahren, ermöglicht es, aus den
Radardaten hochauflösende Bilder zu berechen.
SAR-Lupe wird Bestandteil des Europäischen Aufklärungsverbunds. Im
Zuge des Projekts ESGA (Europäisierung der satellitengestützten Aufklärung), das
anteilig von Deutschland und Frankreich finanziert wird, schafft OHB-System die
technischen Voraussetzungen, um Frankreich eine Mitnutzung des deutschen
Radarsystems SAR-Lupe zu ermöglichen. Deutschland erhält von Frankreich
im Gegenzug den Zugriff auf das optische System HELIOS II. Die Nutzung
der beiden Satellitensysteme im Verbund gilt als erster Meilenstein für eine
europäische strategische Aufklärung. Die Verteidigungsministerien von Frankreich
und Deutschland hatten ein entsprechendes Abkommen im Rahmen eines
deutsch-französischen Gipfeltreffens vor vier Jahren in Schwerin beschlossen.
Dies bedeutet: Deutschland erhält Zugriff auf das HELIOS II-System,
das optische und infrarote Aufnahmen liefern kann. Im Gegenzug erhält Frankreich
Zugriff auf das deutsche SAR-Lupe-System, das unabhängig vom Wetter und
der Tageszeit hochaufgelöste Radarbilder liefern wird. Um dieses Konzept zu
realisieren, sind diverse Modifikationen am deutschen SAR-Lupe-Bodensegment
notwendig. So werden Schnittstellen geschaffen, damit der Partner Frankreich
Bilder der SAR-Lupe beauftragen und erhalten kann. Außerdem wird das System
dahingehend erweitert, dass zukünftig auch weitere Partner eingebunden werden
können.
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