Planetenentstehung um Pulsar?
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. April 2006
Das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer hat um einen
Pulsar eine Staubscheibe entdeckt, die aus den Trümmern eines explodierten
Sterns besteht. Die Astronomen halten es für möglich, dass in dieser Scheibe
einmal Planeten entstehen. Es ist das erste Mal, dass eine solche Scheibe um ein
Objekt entdeckt wurde, das durch eine Supernova-Explosion entstanden ist.
So stellt sich ein Künstler die Staubscheibe um den
Pulsar 4U 0142+61 vor.
Bild: NASA / JPL-Caltech / R. Hurt (SSC) |
"Wir sind fasziniert davon, wie universell die
Planetenentstehungsprozesse zu sein scheinen", so Dr. Deepto Chakrabarty vom
Massachusetts Institute of Technology, der die Forschungen leitete. "Pulsare
senden eine gewaltige Menge an hochenergetischer Strahlung aus. Und trotzdem
kann es unter diesen extremen Bedingungen eine Scheibe geben, die genau so
aussieht, wie die, die man um junge, gerade entstandene Sterne findet."
Die Spitzer-Entdeckung hilft außerdem eine Beobachtung aus dem Jahr
1992 zu erklären: Damals spürte Dr. Aleksander Wolszczan von der Pennsylvania
State University drei Planeten auf, die den Pulsar PSR B1257+12 umkreisten.
Diese Pulsar-Planeten, von denen zwei in etwa so groß wie die Erde sind, waren
die ersten Planeten, die überhaupt außerhalb unseres Sonnensystems gefunden
wurden. Seitdem gab es zwar zahlreiche indirekte Hinweise darauf, dass die
Pulsar-Planeten aus einer Staubscheibe aus Trümmern um den Pulsar geboren
wurden, doch niemand hatte eine solche Scheibe je beobachten können.
Der Pulsar, den Spitzer jetzt beobachtet hat, trägt den Namen 4U
0142+61 und ist 13.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er liegt im Sternbild
Kassiopeia. Einst war der Pulsar ein heller Stern, dessen Masse die unserer
Sonnen um das zehn- bis 20-fache übertroffen haben dürfte. Da massereiche Sterne
mit ihrem nuklearen Brennstoff sehr verschwenderisch umgehen, überlebte er nur
rund zehn Millionen Jahre, kollabierte unter seinem eigenen Gewicht und
explodierte vor rund 100.000 Jahren als Supernova.
Einige der Trümmer, so die Theorie der Astronomen, sammelten sich in einer
Scheibe um das Restobjekt, einen rotierenden Neutronenstern oder Pulsar.
Spitzer konnte die Wärmestrahlung dieser Staubscheibe beobachten. Die
Scheibe umrundet den Stern in rund 1,5 Millionen Kilometern Entfernung und
enthält die zehnfache Masse der Erde an Material. Neutronensterne gehören mit zu
den exotischsten Objekten im All: Obwohl sie nur einen Durchmesser von
vielleicht 15 Kilometern aufweisen, haben sie trotzdem die 1,4-fachen Masse
unserer Sonne.
Jeder Planet, der den Stern vor der Supernova-Explosion umrundet hat, dürfte
nach Ansicht der Forscher bei der Explosion eingeäschert worden sein. Die nun
entdeckte Scheibe könnte somit den ersten Schritt zur Bildung eines exotischen
Planetensystems darstellen, das vielleicht dem ähneln wird, das 1992 um PSR
B1257+12 entdeckt wurde. "Es begeistert mich schon, dass wir hier den direkten
Beweis sehen, dass aus den Trümmern um einen Pulsar eine Scheibe entstehen kann.
Das könnte der Anfang einer zweiten Generation von Planeten sein", so Wolszczan.
Doch auch wenn es hier zur Entstehung von erdähnlichen Planeten kommt, dürfte
niemand den Wunsch verspüren, diese Welten zu besuchen: Die Planeten haben mit
der intensiven Strahlung des Pulsars zu kämpfen und dürften nach Ansicht der
Forscher zu den "am wenigsten lebensfreundlichen Orten in unserer Galaxie"
zählen.
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Ferne Welten
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extrasolaren Planeten |
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