Teleskop erzeugt eigenen Stern
Redaktion / MPG
astronews.com
28. Februar 2006
Normalerweise beobachten Teleskope Sterne, am Very Large
Telescope der ESO hat man jetzt aber selbst einen Stern erzeugt: Mithilfe
eines Laserstrahls ließen Astronomen einen künstlichen Stern in der Atmosphäre
erstrahlen. Er soll dem Teleskop als Leitstern für die adaptive Optik dienen und
so noch bessere Beobachtungen ermöglichen.
Das Teleskop Yepun am
Paranal-Observatorium mit der ersten aktiven
Laserleitstern-Anlage.
Foto: Gerhard Hudepohl (ESO) |
In der Atacama-Wüste Chiles, dem Standort des Very Large Telescope (VLT) der
Europäischen Südsternwarte (ESO), haben Wissenschaftler einen weiteren
Meilenstein auf dem Weg zur Erforschung feinster Details im Universum erreicht.
Nach mehrjährigem Forschen und Entwickeln gelang es ihnen jetzt erstmalig, einen
künstlichen Stern am Himmel der südlichen Hemisphäre zu erzeugen.
Dieser
künstliche Laserleitstern wird die verschiedenen am Very Large Telescope
betriebenen Adaptiven Optikgeräte mit Licht versorgen. Mit Adaptiver Optik
lassen sich die durch Luftturbulenzen bedingten Unschärfen in Himmelsaufnahmen
in Echtzeit korrigieren. War diese Korrekturtechnik bisher auf die Beobachtung
weniger Himmelsauschnitte beschränkt, so ist diese nun dank des Laserleitsterns
fast am ganzen Nachthimmel einsetzbar.
Am 28. Januar 2006 um 23:07 Uhr lokaler Zeit in Chile war es so weit: Ein
Laserstrahl mit einer Leistung von einigen Watt wurde von Yepun, einem der vier
Teleskope des Very Large Telescope, in den Nachthimmel projiziert und
erzeugte in einer Höhe von 90 Kilometern einen künstlichen Stern. Dass dies nun
erstmals an einem der besten Observatorien der Welt gelungen ist, wurde mit
großer Freude von den im Kontrollraum anwesenden Wissenschaftlern und
Ingenieuren begrüßt.
Fünf Jahre gemeinsamer Arbeit eines Teams von Wissenschaftlern der
Max-Planck-Institute für extraterrestrische Physik in Garching und für
Astronomie in Heidelberg sowie der Europäischen Südsternwarte ESO fanden an
diesem Tag ihren erfolgreichen Abschluss. Das Resultat: Ein 50 Zentimeter im
Durchmesser und im gelben Natriumlicht leuchtender Laserstrahl verließ die
VLT-Laserleitsternanlage des Yepun-Teleskops und erzeugte in der Natriumschicht
der Atmosphäre in einer Höhe von 90 Kilometern einen künstlichen Laserstern.
"Wir erleben damit den Beginn einer neuen Generation von ESO-Teleskopen, die mit
Laserleitsternen und Adaptiver Optik ausgestattet sind", so Domenico Bonaccini
Calia, Leiter der Laserleitstern-Gruppe der ESO.
Herkömmliche Teleskope, die von der Erde aus das Universum betrachten, sind in
ihrer Fähigkeit, scharfe Bilder vom Nachthimmel aufzunehmen, durch die
"störende" Erdatmosphäre stark eingeschränkt. Eine Adaptive Optik ermöglicht es
jedoch, Bilder in einer solchen Schärfe aufzunehmen, als befände sich das
Teleskop im Weltraum. Dies erlaubt es den Astronomen, wesentlich feinere Details
in ihren Beobachtungsobjekten wie fernen Sonnensystemen zu studieren.
Damit die Adaptive Optik arbeiten kann, benötigt sie ein Referenzsignal, welches
von einem hellen Stern nahe dem Beobachtungsobjekt, oder falls ausreichend hell,
vom Beobachtungsobjekt selbst stammt. Dadurch wird allerdings der Einsatzbereich
der Adaptiven Optik sehr stark eingeschränkt, da in den meisten Fällen keine
ausreichend hellen Referenzsterne im Gesichtsfeld zu finden sind. Dieser Mangel
lässt sich mit Hilfe eines geeignet starken Lasers überwinden, der an jeder
Stelle am Himmel einen Kunststern erzeugen kann. Das Licht dieses
Laserleitsterns wird dann letztlich von der Adaptiven Optik zur Bildkorrektur
genutzt.
Nun ist nicht jeder Laser dafür geeignet, die in 90 Kilometer Höhe
befindliche Natriumschicht zum Leuchten anzuregen. Dies gelang nun mit dem von
den beiden Max-Planck-Instituten gebauten PARSEC-Laser, der kontinuierlich Licht
mit einer Wellenlänge von 589 Nanometern erzeugt. Die Entwicklung von PARSEC
baut auf Erfahrungen auf, die von den Max-Planck-Wissenschaftlern mit dem
Prototypen ALFA (Adaptive Optics with a Laser For Astronomy) am Calar Alto
Observatorium in Spanien in den Jahren 1996 bis 1999 gesammelt wurden.
Der
PARSEC-Laser befindet sich in einem Reinraum-Labor unterhalb des Teleskops. Eine
Lichtfaser überträgt das Laserlicht zu einem Projektionsteleskop, das sich in
der Mitte über dem VLT befindet. "Es ist ein sehr erhebendes, ja begeisterndes
Gefühl zu sehen, wie präzise und stabil die ganze Nacht über dieser Laser
arbeitet", so Ric Davies, der PARSEC Projektleiter.
Dem ersten Laserlicht folgten zwölf Tage intensiver Tests, die hauptsächlich dem
Zusammenspiel zwischen Laserleitstern und den beiden am Yepun-Teleskop
vorhandenen Adaptiven Optiken NAOS und MACAO dienten.
In den frühen Morgenstunden des 9. Februars war es schließlich so weit: Die
MACAO Adaptive Optik mit Laserleitstern versorgte den am Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik gebauten 3D-Spektrographen SPIFFI mit korrigiertem
Sternenlicht. Eine Nacht später gelang die Korrektur mit Laserstern und NAOS,
wovon die an den Max-Planck-Instituten für Astronomie und extraterrestrische
Physik gebaute Kamera CONICA profitieren konnte.
"Ein derartiger Erfolg in solch kurzer Zeit ist hervorragend und eine
Anerkennung für alle, die in den vergangenen Jahren hart dafür gearbeitet
haben", so Ric Davies.
In der zweiten Phase der Inbetriebnahme, die im Frühjahr 2006 beginnt, wird man
sich darum kümmern, den Betrieb der gesamten Anlage - Adaptive Optik,
Laserleitstern, wissenschaftliche Kamera bzw. Spektrograph - weiter zu
optimieren. In dieser zweiten Phase wird auch das am Max-Planck-Institut für
Astronomie in Heidelberg gebaute LIDAR-Gerät zur genauen Vermessung der
Natriumschicht in der Atmosphäre erstmals eingesetzt. Wird diese zweite Phase
ebenfalls erfolgreich abgeschlossen, steht die Laserleiteinrichtung ab Herbst
2006 allen Astronomen zur Verfügung.
Die am VLT gemachten Erfahrungen beim Betrieb eines künstlichen Laserleitsterns
sind von essentieller Bedeutung für das Design von Teleskopen der nächsten
Generation mit Spiegeln von 30 bis 60 Metern im Durchmesser.
Die Laserleitstern-Anlage wurde entwickelt und gebaut vom Max-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik in Garching bei München (MPE), dem
Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg (MPIA) und der Europäischen
Südsternwarte (ESO).
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ESO, Europäische Südsternwarte
MPG, Max-Planck-Gesellschaft |
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