NASA stellt Space Shuttle-Nachfolger vor
von Stefan
Deiters
astronews.com
20. September 2005
Vor Ende des nächsten Jahrzehnts will die NASA dahin zurückkehren, wo sie
vor über 30 Jahren schon einmal war: zum Mond. Dazu braucht die amerikanische
Raumfahrtbehörde vor allem ein zuverlässiges Transportsystem. Wie das aussehen
wird, hat die NASA gestern präsentiert: Zum Einsatz soll Bewährtes aus dem
Apollo- und Shuttle-Programm kommen - natürlich mit zeitgemäßen Modernisierungen.
Das neue Raumschiff beim Anflug auf die ISS. [Großansicht]
Zwei unterschiedlich starke Varianten für verschiedene Aufgaben:
rechts die Version für den Crew-Transport, links die Schwerlast-Version. [Großansicht]
Das Crew-Raumschiff auf dem Weg in den Orbit. [Großansicht]
Die NASA will 2018 wieder auf dem Mond landen - diesmal mit vier
Astronauten. [Großansicht]
Größenvergleich: Die Rakete der Apollo-Mission, ein Space
Shuttle und die zwei Versionen des zukünftigen Transportsystems,
rechts die Schwerlast-Version. Bilder: NASA / John
Frassanito and Associates |
Die Rückkehr zum Mond soll nur der Anfang sein: Bei der NASA will man dem
Mond nicht nur wieder einen kurzen Besuch abstatten, sondern gleich einen
Außenposten einrichten. Außerdem gilt der Mond nur als erster Schritt zu einem
weitaus ferneren Ziel: dem Planeten Mars. Doch diese, von US-Präsident Bush vor
einiger Zeit verkündeten Pläne erschienen durch die Probleme mit der alternden
Shuttle-Flotte zunehmend utopisch zu sein. Wer es nicht einmal schafft, eine
Crew sicher in einen Erdorbit zu bringen, der braucht doch eine Reise zu Mond
und Mars erst gar nicht versuchen.
Doch Abhilfe ist in Sicht: Das neue Rückgrat der amerikanischen
Weltraumfahrt, soll, so die NASA, "bezahlbar, verlässlich, vielseitig verwendbar
und sicher" sein. Im Mittelpunkt dabei steht ein neues Raumschiff, mit dem bis
zu vier Astronauten zum Mond und wieder zurückreisen können und mit dem eine bis
zu sechsköpfige Marsmission unterstützt werden könnte. Zudem soll es die
Internationale Raumstation ISS mit Personal, Experimenten und Verpflegung
versorgen können. Das Raumschiff verfügt über Sonnensegel zur Energieversorgung
und setzt, genau wie die geplante Mondlandefähre, auf flüssiges Methan als
Treibstoff. Methan könnte man nämlich, so die Kalkulation, aus der
Marsatmosphäre gewinnen, wenn denn Menschen einmal auf dem Roten Planeten landen.
Obwohl das neue Raumschiff - genau wie die Apollo- und die russischen
Sojus-Raumkapseln - an einem Fallschirm zur Erde zurückkehren und entweder auf
Land oder im Wasser landen soll, soll es sich bis zu zehn Mal wieder verwenden
lassen. Auch kann die Landefähre vier Astronauten auf die Mondoberfläche
befördern und diese können länger auf dem Mond bleiben als dies bei den
Apollo-Missionen der Fall war. Zudem soll es möglich sein, an jedem Ort der
Mondoberfläche zu landen und nicht nur in der Äquatornähe des Mondes wie bei
Apollo. Gibt es auf dem Mond erst einmal eine Station, könnten Menschen dort bis
zu sechs Monaten bleiben.
Das neue Raumschiff setzt, obwohl es wenig an ein Space Shuttle
und eher an die Raketen des Apollo-Programms
erinnert, auf Shuttle-Technologie: Die Astronauten starten mit Hilfe einer
Rakete, die auf den Feststoff-Raketen der Raumfähren beruht und zudem als zweite
Stufe über ein Shuttle-Haupttriebwerk verfügt. Darüber hinaus gibt es
eine Schwerlast-Version, die zwei Feststoffraketen und fünf
Shuttle-Haupttriebwerke als Antrieb nutzt und damit Komponenten für die Mond-
und Marsmissionen in einen Erdorbit transportieren kann. Die Schwerlast-Version
soll auch so umgebaut werden können, dass wieder der Transport von Astronauten
möglich ist.
Nach den tragischen Erfahrungen mit den Raumfähren legt die NASA offenbar bei
dem neuen System noch mehr Wert auf Sicherheit: Beim Shuttle-Nachfolger wird es,
im Gegensatz zum Shuttle, eine Rettungskapsel geben, mit der sich die Crew vom
Raumschiff wegsprengen kann, falls es während des Starts Probleme geben sollte.
Die NASA hat sich für die Entwicklung des Shuttle-Nachfolgers einen engen
Zeitplan gesetzt: In schon fünf Jahren soll das neue System für Crew-Transporte
und Versorgungsflüge zur ISS eingesetzt werden. Geplant sind bis zu sechs Flüge
pro Jahr. Parallel dazu sollen unbemannte Missionen zum Mond eine Rückkehr von
Menschen zum Erdtrabanten vorbereiten. Die eigentliche bemannte Mission zum Mond
hat die NASA für 2018 geplant. Dabei werden die Mondlandefähre und ein Modul, mit
dem die Besatzung den Erdorbit verlassen kann, separat in einen Erdobit
geschickt. Die Besatzung wird dann mit einem zweiten Raumschiff starten und an
das Mondmodul andocken.
Nach drei Tagen ist der Mond erreicht und die gesamte vierköpfige Crew kann
mit der Landefähre auf der Mondoberfläche landen und insgesamt sieben Tage lang
den Mond erkunden. Das Servicemodul wartet derweil unbemannt im Orbit des
Mondes. Nach Rückkehr in den Erdorbit erfolgt die Landung auf der Erde am
Fallschirm.
Die NASA denkt derzeit an zwei Mondmissionen im Jahr. Das sollte, so die
Ansicht der Raumfahrtbehörde, reichen, um genug Routine für eine Marsmission zu
sammeln und auch eine permanente Station auf dem Erdtrabanten aufzubauen. Als
Ort käme der Mondsüdpol in Frage, weil man hier Wassereis vermutet und
ausreichend Sonnenlicht vorhanden ist.
|