Indiens Weg zum Mond
Redaktion / ESA
astronews.com
15. August 2005
Indien stieg – weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit – in nur drei
Jahrzehnten zur sechsten Raumfahrtmacht der Welt auf. Doch wie kann man den
anderen Nationen am besten beweisen, dass man in der ersten Liga der
Raumfahrtsnationen mitspielt? Ganz klar: Mit einer Mission zum Mond und zum
Mars. Die ESA unterstützt Indiens Mondprogramm mit Rat und Tat.
Wieder im Fokus der Raumfahrt-Nationen: der Erdmond. Foto:
NSSDC/NASA |
Der Erdmond steht seit einiger Zeit wieder verstärkt im Fokus der Raumfahrt.
Im Gegensatz zur Sturm- und Drangzeit Ende der 50er bis Anfang der 70er Jahre,
in der sich die beiden Supermächte einen Wettlauf zum Mond lieferten, erscheinen
nunmehr auch neue Teilnehmer auf der lunaren Bildfläche. Hierzu gehören Europa,
Indien, Japan, China und Deutschland. Sie wollen aus unterschiedlichen
politischen, technologischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen
den Erdtrabanten mit eigenen Raumflugkörpern erkunden. Allein bis 2010 sollen
noch elf Missionen gestartet werden. Und bereits 2007/2008 wird die erste
indische Mondsonde Chandrayaan 1 ihre Reise antreten.
Indien ist mit einem pragmatischen Stil in nur drei Jahrzehnten zur sechsten
Raumfahrtnation der Welt aufgestiegen. Nach der Entwicklung eigener
Trägerraketen, die selbst entwickelte Wetter-, Nachrichten- und Umweltsatelliten
in den Erdorbit bringen, will das Land nunmehr auch in den interplanetaren Raum
vordringen. "Die Zeit ist gekommen, visionäre Ziele in Angriff zu nehmen",
verkündete Indiens Präsident Abdul Kalam am indischen Unabhängigkeitstag des
Jahres 2003. Kalam teilte mit, dass Chandrayaan 1 der Auftakt für noch
umfangreichere Missionen zum Mond und zu anderen Planeten unseres Sonnensystems
sein wird.
Dass Indiens Präsident Abdul Kalam nicht am Mond stehen bleiben will,
überraschte im Lande kaum jemanden. Für ihn – und sehr zur Freude der indischen
Raumfahrtagentur ISRO – steht neben den interplanetaren Aktivitäten auch die
bemannte Raumfahrt an. Nach der Sowjetunion, den USA und China will Indien als
vierte Raumfahrtnation in den nächsten acht Jahren Menschen ins All schicken.
Zunächst in den erdnahen Raum, dann aber auch zusammen mit Europa, Amerika und
Russland zum Mond sowie zum Mars.
Dabei weiß Kalam, wovon er spricht. Der Luftfahrtingenieur und
Raumfahrtwissenschaftler arbeitete über 20 Jahre in der ISRO, war mit der
Leitung des Raketenprogramms betraut und gilt heute als "Vater des indischen
Raketenprogramms". Kalam ist ein leidenschaftlicher Visionär mit ehrgeizigen
Zielen für das Land. Sein Motto: "Träume! Setze diese Träume in Gedanken um und
handle!" Welche dieser Visionen und in welcher Zeitschiene letztendlich
umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Trommeln gehört bekanntlich zum Handwerk.
Die ehrgeizigen Ziele lassen sich nur mit selbst erarbeiteter Kompetenz auf
der Basis der in den letzten drei Jahrzehnten gewonnenen Erfahrungen
realisieren. Deshalb soll beim Bau des ersten indischen interplanetaren
Raumflugkörpers – mit Ausnahme der wissenschaftlichen Nutzlast – auf im Lande
selbst entwickelte Technologien zurückgegriffen werden. Bei den
wissenschaftlichen Experimenten stützt sich Indien auf die Mitwirkung der ESA,
die ihre Erfahrungen beim Bau und Betrieb von SMART-1 einbringt und die
Ausrüstungen für drei Experimente, die bereits auf der europäischen Mondsonde
fliegen, beisteuert.
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