Planetenkollision um BD +20 307
von
Hans Zekl
für
astronews.com
1. August 2005
Der Stern BD
+20 307 ist in mancherlei Hinsicht der Sonne ähnlich. Er ist zwar jünger als
unser Zentralgestirn, sollte aber schon über ein ausgebildetes Planetensystem
verfügen. Jetzt fanden Astronomen mit Hilfe der Gemini- und Keck-Teleskope
Hinweise darauf, dass innerhalb der letzten 1.000 Jahre hier zwei planetengroße
Objekte kollidiert sind.
So könnte die Kollision im System BD +20 307 ausgesehen haben,
die für den beobachteten Staub sorgte.
Bild: Gemini Observatory / Jon
Lomberg |
Die Geburt neuer Sterne verbirgt sich hinter dichten Staubwolken. Erst nach
und nach
löst die Strahlung der neugeborenen Sonnen den dichten Kokon auf. Die
protoplanetaren
Scheiben aber, in denen sich aus Gas und Staub die Planeten bilden, widersetzen sich
längere Zeit den an ihnen nagenden Kräften. Doch nach wenigen Millionen Jahren
haben sich Gas und Staub entweder zu Planeten formiert oder wurden von der
Strahlung der Sterne aus dem System transportiert. Bemerkbar machen sich diese
Scheiben durch ihre Infrarotstrahlung.
Aus diesem Grunde war der Stern BD +20 307 im Sternbild Widder den Forschern schon 1983
aufgefallen, als der Infrared
Astronomical Satellite (IRAS) einen Überschuss an Wärmestrahlung dieses Sterns
fand. Die jetzige Überraschung besteht aber darin, dass er eigentlich zu alt für
eine jungfräuliche Planetenscheibe ist. Genaue Untersuchungen der Forschergruppe
um den Astronomen Inseok Song vom Gemini-Observatorium auf Hawaii zeigen, dass
der Stern etwas massereicher als unsere Sonne und rund 300 Millionen
Jahre alt ist.
In diesem Alter müsste nach den gängigen
Vorstellungen die Bildung großer Planeten um BD +20 307 längst abgeschlossen
sein. Die Forscher vermuten aber, dass sich ähnlich wie in unserem Sonnensystem
auch kleinere Objekte gebildet haben - etwa Asteroiden.
Deren Bahnen werden durch die großen Planeten gestört, sodass es zwischen ihnen
zu Zusammenstößen kommen kann. Aber um die entdeckten Staubmengen zu erklären,
müssen die Kollisionspartner einen Durchmesser von mindestens 300 Kilometern
gehabt haben. "Welcher Art die Zusammenstöße auch gewesen sind, sie haben eine
ganze Menge Gestein pulverisiert," erklärt Teammitglied Alycia Weinberger.
Die Beobachtungen stützen die Idee, dass vor 4,5 Milliarden Jahren auch in unserem
Sonnensystem
ähnliche Vorgänge abliefen. So nimmt man heute an, dass der Mond durch den
Zusammenprall der Urerde mit einem marsgroßen Körper entstand. "Wir hatten Glück. Diese Entdeckung ist wie das Auffinden der sprichwörtlichen
Nadel im Heuhaufen," beschreibt Inseok Song die
Beobachtungen. "Der Staub, den wir sehen, entspricht genau dem, was wir von
Zusammenstößen zwischen felsigen Asteroiden oder sogar planetengroßen Objekten
erwarten. Der Fund ist um so bedeutender, weil wir den Staub so nahe am Stern
entdeckten. Ich denke, dass Astronomen jetzt noch mehr gewöhnliche Sterne finden
werden, bei denen solche Kollisionen stattfanden."
Aus den gemessenen Daten schließen die Wissenschaftler, dass der
Zusammenstoß vor maximal rund 1.000 Jahren stattfand.
Andernfalls wäre der ganz feine Staub, dessen Teilchen die Größe des
Zigarettenrauchs haben, schon längst von dem Zentralstern angezogen worden.
Das BD im Namen des Sterns BD +20 307 steht für "Bonner Durchmusterung": Mitte des 19.
Jahrhunderts vermaß der Bonner Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander die
Position von über hunderttausend Sternen am nördlichen Sternhimmel. Der
staubreiche Stern ist das 307. Objekt im Streifen zwischen 20 und 21 Grad
nördlicher Deklination.
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