Die hochaufgelösten Bilder zeigen nun eine Fülle geologischer Einzelheiten,
die bislang weder gesehen noch von uns erwartet worden waren. So zeigt sich,
dass die jungen, fast kraterfreien Ebenen, die bislang "glatte Ebenen" genannt
wurden, von einer Fülle von Rissen und Falten durchzogen werden.
Falschfarbenbilder der Oberfläche zeigen zudem lineare Strukturen, deren Färbung
ein wenig von der ihrer Umgebung abweicht, was auf eine etwas andere
Zusammensetzung, oder aber eine andere Korngrößenverteilung des Eises deutet,
wobei die Wissenschaftler gegenwärtig zur zweiten Erklärung tendieren. Beides
könnte auf andere Bildungsbedingungen oder ein unterschiedliches Alter der
Formationen hinweisen.
Nach dem zweiten Rendezvous veröffentlichten die Wissenschaftler eine
weitere, fast sensationelle Entdeckung: Enceladus hat eine Atmosphäre! Sie ist
sehr dünn und besteht vermutlich vor allem aus Wasserdampf. "Die neuen Messungen
durch Cassini sind ersten Hinweise auf Gase, die von der Oberfläche oder
aus dem Inneren von Enceladus freigesetzt werden," urteilte Dr. Michele
Dougherty, verantwortliche Wissenschaftlerin für das Magnetometer von Cassini
und Professor am Imperial College in London. Die Hinweise auf die
Atmosphäre bestehen in Störungen des Magnetfeldes von Enceladus, die durch
ionisierte (elektrisch geladene) Teilchen, wie sie auch in der Ionosphäre der
Erde vorkommen, hervorgerufen werden.
Da Enceladus sehr klein ist, reicht
seine Gravitation nicht, eine Atmosphäre festzuhalten, also muss Enceladus
ständig Material an die Atmosphäre abgeben. Dies könnte durch eine Art
Kryovulkanismus oder durch Geysire geschehen. Für eine solche Aktivität spricht
auch die Tatsache, dass die kraterarmen Landschaften jung sein müssen, denn in
der Frühzeit war die gesamte Oberfläche von Enceladus einem intensiven
Bombardement durch Meteoriten ausgesetzt. Und schon nach den
Voyager-Vorbeiflügen hatte man spekuliert, dass eine Art Vulkanismus auf Enceladus den E-Ring des Saturn ständig mit neuem Material beliefern könnte, da
Enceladus eigentlich die Materie, aus der dieser Ring besteht, anziehen und wie
ein kosmischer Staubsauger den Ring verschwinden lassen sollte