Bergsteigen
im Rückwärtsgang
von Stefan
Deiters
astronews.com
19. Juli 2004
Seit
einem halben Jahr untersuchen die beiden Marsrover nun schon den roten Planeten
und ein Ende ist - trotz mancher Alterserscheinungen - noch nicht in Sicht. Der
NASA-Marsrover Opportunity untersucht weiterhin den Stadion-großen Krater
"Endurance", während sich
Spirit darauf vorbereitet, die Columbia-Berge zu erklimmen - im
Rückwärtsgang.
Das vom Mars-Rover Spirit am Fuß der Columbia-Berge entdeckte
Gestein. Foto: JPL / NASA |
Insgesamt hat Spirit bereits über 3,5 Kilometer auf dem roten Planeten
zurückgelegt, was dem sechsfachen der Strecke entspricht, für die der Rover
ausgelegt war. Und es zeigen sich - wie berichtet - schon erste
Alterserscheinungen: Das rechte Vorderrad des Rovers lässt sich immer schwerer
bewegen, woran auch diverse Bemühungen das Problem durch bessere Schmierung zu
lösen, nichts ändern konnten. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch: Spirit
soll sich nun hauptsächlich rückwärts und auf fünf Rädern bewegen, das sechste
Rad wird nur für wirklich schwieriges Gelände benutzt. "Das Fahren wird nun
etwas länger dauern, weil es sich so anfühlen wird, als würden wir einen Anker
hinter uns herziehen", erläutert Rover-Ingenieur Joe Melko vom NASA Jet
Propulsion Laboratory. "Doch durch dieses Verfahren werden wir deutlich
länger wissenschaftliche Untersuchungen machen können, als wir es je dachten."
Am vergangenen Donnerstag ist Spirit erfolgreich acht Meter weit
rückwärts am Fuß der Columbia-Berge entlanggefahren und hat dabei sein eines Rad
hinter sich hergezogen. Es wurde nur während zehn Prozent der Strecke aktiviert.
Auf dem Weg ist Spirit über Geröll gefahren, auf das die Forscher gehofft
hatten: Es könnte zum ältesten Gestein gehören, auf das die Rover bislang auf
dem Mars gestoßen sind. Spirit wird noch ein wenig weiter am Fuß des
Berges entlangfahren, dann aber rückwärts - und mit allen sechs Rädern - die
Columbia-Berge erklimmen.
"Vor einigen Monaten waren wir nicht sicher, ob wir die Columbia-Berge
überhaupt erreichen werden und nun bereiten wir uns schon darauf vor auf die
Berge zu fahren", so Matt Golombek vom Wissenschaftsteam der Rover. "Es ist
schon sehr aufregend." Im vergangenen Monat hatte Spirit hauptsächlich
neben interessanten Gesteinsbrocken geparkt, während man von der Erde aus
versucht hat, das Vorderrad zu reparieren.
Während Spirit sich für einen Aufstieg in die Berge vorbereitet,
klettert Oportunity auf der anderen Seite des Mars immer tiefer in den
Krater "Endurance" hinab. Je tiefer der Rover in den Krater hinabstieg,
desto größer wurde der Chlorgehalt der Steine, die Opportunity mit Hilfe
des in Mainz entwickelten Röntgenspektrometers untersuchte. Bislang rätseln die
Forscher noch wie das Chlor dorthin gekommen ist und vor allem an welches andere
Element es gebunden ist. Der Rover soll in den nächsten Tagen noch weiter in den
Krater fahren, um zu untersuchen, ob der Trend anhält.
Das Team am Jet Propulsion Laboratory der NASA macht sich außerdem
Gedanken über den bevorstehenden Marswinter, der seinen Höhepunkt Mitte
September erreicht. Da nicht mehr so viel Sonnenlicht zur Verfügung steht,
werden die Rover längere Ruhephasen einlegen müssen und eventuell auch einmal in
einen Tiefschlaf-Zustand versetzt werden. Das Team hofft aber durch eine
optimale Ausrichtung der Solarzellen noch möglichst viele Stunden für
wissenschaftliche Untersuchungen nutzen zu können.
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