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CASSINI
Vollbremsung im Weltall
Redaktion
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28. Juni 2004

Am frühen Donnerstagmorgen steht für die Saturnsonde Cassini das entscheidende und aufwendigste Manöver der siebenjährigen Reise zum Saturn an: Nach Durchfliegen einer Lücke in den Saturnringen muss sich die Sonde drehen und ihr Haupttriebwerke zünden, um so die Geschwindigkeit zu reduzieren. Gelingt das nicht, ist die Mission gescheitert.

Cassini

Cassini soll am 1. Juli in einen Orbit um den Saturn einschwenken. Bild: NASA / JPL

Am 15. Oktober 1997 gestartet, rast die amerikanisch-europäische Planetensonde Cassini-Huygens seit fast sieben Jahren durch das Weltall Richtung Saturn. Rund 3,5 Milliarden Kilometer hat sie auf dieser Reise zurückgelegt und dabei zwei nahe Vorbeiflüge, so genannte Swing-by-Manöver, an Venus und jeweils eines an Erde und Jupiter gemacht.

Nun, Mitte 2004, hat die Sonde ihr Ziel, den riesigen Gasplaneten Saturn, fast erreicht. Um ihn und seine Monde genauer erforschen zu können, muss sie ihre momentane Geschwindigkeit von 21.000 Kilometern pro Stunde deutlich verringern, um in eine Umlaufbahn einschwenken zu können: "Was nun am 1. Juli 2004 am Saturn passieren soll, kommt einer Vollbremsung im Weltall gleich", erklärte Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der als Mitglied des Spektrometer-Teams auf Cassini wesentlich an dem internationalen Forschungsprojekt beteiligt ist.

In den letzten Stunden der Annäherung an Saturn wird das Raumschiff von der Schwerkraft des Planeten immer stärker angezogen und dadurch noch einmal stark beschleunigt. Um nicht auf den Planeten zu stürzen, wird die Raumsonde am 1. Juli 2004 um 4.36 Uhr MESZ mit ihrem Bremsmanöver beginnen, das genau 96 Minuten dauern wird. Dazu wird das Raumschiff gedreht, so dass das Haupttriebwerk in Richtung Saturn weist und seine maximale Bremswirkung entfalten kann. "Durch das Bremsmanöver wird sich die Geschwindigkeit des Raumschiffs um 2.250 Kilometer pro Stunde verringern. Es ist das kritischste Missions-Manöver seit dem Start vor fast sieben Jahren", erklärte Jaumann weiter. "Am Ende dieses Bremsmanövers wird die Sonde von dem zweitgrößten Planeten des Sonnensystems praktisch eingefangen, und sie kann Saturn und seine Monde in den nächsten vier Jahren bei 74 Umkreisungen genauestens erforschen. Darauf warten weltweit 260 unmittelbar beteiligte Forscher bereits mit Spannung, darunter auch einige deutsche Wissenschaftler", fügte er hinzu.

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Spannung herrscht auch am Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau und am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, denn auch dort fiebern Wissenschaftler dem Eintreffen der Raumsonde am Saturn entgegen. Cassini taucht bereits vor dem Zünden des Haupttriebwerks in die so genannte Saturnmagnetosphäre ein. Dort werden die Messinstrumente der Institute Signale von neutralen und geladenen Teilchen aufzeichnen. "Wenn der Einschuss in das Saturnsystem geglückt ist, kann man einen Quantensprung im Verständnis der Prozesse bei Saturn und seiner Monde, in seiner Magnetosphäre und im Sonnensystem erwarten", sagt Dr. Andreas Lagg vom Max-Planck-Institut für Aeronomie.

Besonders spannend macht das Bremsmanöver in den frühen Morgenstunden des 1. Juli 2004, dass das Raumschiff, von Süden kommend, durch eine Lücke in den Ringen auf die nördliche Seite der Ringe stoßen wird. Um die Sonde vor möglichen kleinen Staubteilchen zu schützen, die in dieser Region erwartet werden, wird das Raumschiff so gedreht, dass die große Hauptantenne als Schutzschirm fungiert. Die verbleibende Zeit reicht dann gerade noch aus, mit den Steuerdüsen das Raumschiff wieder um 180 Grad zu drehen, um in "Bremsstellung" gehen zu können.

Eingriffe von der Erde sind während dieser kritischen Flugphase nicht mehr möglich, da ein Funksignal für den Weg vom Saturn zur Erde und zum Kontrollzentrum der NASA am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena 84 Minuten benötigt - alles muss also so klappen, wie es die Flugingenieure seit vielen Jahren sekundengenau antizipiert haben. "Wenn alles gut verläuft, wird Cassini-Huygens bereits vom Saturn als Satellit "eingefangen" sein, bevor uns auf der Erde das erste Signal vom Start des Bremsmanövers erreicht", erläutert Jaumann das, was für die beteiligten Wissenschaftler eine äußerste Nervenanspannung sein wird. "Aber vor allem werden bei dieser einmaligen Aktion fast permanent wissenschaftliche Daten aufgenommen, so dass wir vielleicht schon wenige Stunden später die ersten sensationellen Aufnahmen der Ringe aus unmittelbarer Nähe haben werden. Und tags darauf fliegt Cassini während des ersten Orbits bereits in 400.000 Kilometern an Titan vorbei: Da hoffen wir, mit dem Spektrometer durch die dicke Wolkenschicht auf die Oberfläche des größten Saturnmondes blicken zu können", fügte Jaumann hinzu.

Die europäische Landesonde Huygens soll am 25. Dezember 2004 von der Hauptsonde Cassini abgetrennt werden und am 14. Januar 2005 am Fallschirm auf dem größten Saturnmond Titan, der eine dichte Atmosphäre besitzt, niedergehen und ihn dabei genau erforschen.

An Bord von Cassini sind insgesamt zwölf wissenschaftliche Instrumente, weitere sechs Instrumente befinden sich auf Huygens. In Deutschland beteiligen sich an dieser Mission das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institute der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), mehrere Universitäten sowie die deutsche Raumfahrtindustrie. Die Beteiligten haben eine Vielzahl von Mess-Instrumenten bzw. -Komponenten geliefert oder arbeiten an speziellen Experimenten mit. Der finanzielle Anteil Deutschlands an der Mission beläuft sich auf rund 115 Millionen Euro, die Gesamtkosten der Mission betragen rund 3,3 Milliarden Dollar.

siehe auch
AstroLinks: Saturn
Links im WWW
Huygens, Sonde zur Erkundung des Saturnmondes Titan (ESA)
Cassini, Projektseiten der NASA/JPL
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