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MARS EXPRESS
Europas Start zum roten Planeten
Redaktion
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2. Juni 2003

Kurz vor Mitternacht soll heute die europäische Sonde Mars Express vom russischen Raketenbahnhof Baikonur aus zum roten Planeten starten. Die ESA-Mission ist in mehrfacher Hinsicht ein Pioniervorhaben: Zum einen handelt es sich um die erste europäische Reise zum Mars, zum anderen wurde die Sonde zu außergewöhnlich niedrigen Kosten und in Rekordzeit gebaut.

Mars Express

Mars Express auf der Startrampe in Baikonur. Foto: ESA / STARSEM-S.Corvaja

Mars Express

Mars Express ist die erste europäische Sonde, die den roten Planeten Mars erkunden soll. Bild: ESA / J-L Atteleyn

Mars Express ist das erste Beispiel für das neue Konzept der ESA zur Entwicklung von Wissenschaftsmissionen: schneller, besser und kosteneffizienter, und das ohne Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit und Qualität - denn gespart wurde weder bei den Erprobungen noch bei den Startvorbereitungen. Die Sonde wird während ihrer Reise zum roten Planeten extreme technische Herausforderungen zu bewältigen haben, auf die sich die Ingenieure der ESA gründlich vorbereitet haben.

"Mit Mars Express erarbeitet sich Europa seine eigenen Fachkenntnisse auf zahlreichen Gebieten. Diese reichen von der Entwicklung von wissenschaftlichen Experimenten und für die europäische Industrie neuen Technologien bis zur Kontrolle einer Mission, zu der die Landung auf einem anderen Planeten gehört - was wir noch nie gemacht haben", erläutert der Projektleiter für Mars Express, Rudi Schmidt.

Die Entwurfs- und Entwicklungsphase für Mars Express hat etwa vier Jahre gedauert, verglichen mit rund sechs Jahren für ähnliche frühere Missionen. Vor allem jedoch kostet die Mission mit 300 Millionen Euro weitaus weniger als vergleichbare interplanetare Missionen. Der "Trick": ein neuer Managementansatz, der zum einen in der Wiederverwendung von vorhandenen Geräten und Instrumenten und zum anderen in der Entwicklung durch ein kleineres Team der ESA resultierte, das der Industrie mehr Verantwortung übertragen hat. Gebaut wurde die Sonde von einem Konsortium unter der Leitung des Hauptauftragnehmers Astrium, dem 24 Unternehmen aus den fünfzehn ESA-Mitgliedstaaten und den USA angehörten.

Dabei wurde die Sicherheit der Mission zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt. "Obwohl wir gegen Ende des Projekts stark unter Druck standen, haben wir kein einziges Mal erwogen, aus Zeitgründen einen geplanten Test ausfallen zu lassen. Ich würde das Ganze eine schnelle Entwurfsphase mit anschließender gründlicher Testphase nennen", so Schmidt. Diese neue, straffere Entwicklungsmethode soll auch bei Venus Express und voraussichtlich noch bei anderen künftigen Missionen zur Anwendung kommen - Voraussetzung dürfte aber wohl allerdings sein, dass bei Mars Express alles so läuft, wie man es bei der ESA geplant hat.

Mars Express wird am 2. Juni mit einem Sojus-Fregat-Träger vom Raumflugzentrum Baikonur in Kasachstan aus ins All befördert. Die Mission, die aus einem Orbiter und dem Landegerät Beagle 2 besteht, wird in der Konfiguration eines 1.223 Kilogramm schweren Aluminiumkastens mit den Abmessungen 1,5 x 1,8 x 1,4 Meter (ohne Sonnenzellenflügel) gestartet. Das seitlich an der Sonde befestigte Landegerät bleibt während des Flugs "zugeklappt" wie eine riesige Taschenuhr. Die Ankunft am Mars ist für Ende Dezember geplant: Dann wird Beagle 2 auf dem Mars landen, während der Orbiter in seine Umlaufbahn um den Mars einschwenkt.

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In den letzten Tagen lief in Baikonur die Endphase einer umfangreichen Startkampagne. Die Sonde ist dort am 20. März eingetroffen. Mit 457 Kilogramm Treibstoff betankt, wurde sie am 24. Mai in den Sojus-Träger integriert - ein Vorgang, den die Russen "Hochzeit" nennen. Träger und Nutzlast wurden dann am 29. Mai, vier Tage vor dem Start, zum Startplatz gerollt.

Einer der Gründe, weshalb die Wissenschaftler Mars Express in so kurzer Zeit entwickeln mussten, ist die derzeit außergewöhnlich günstige Konstellation zwischen der Erde und dem Mars. Zwar bietet sich eine Startgelegenheit zum Mars alle 26 Monate - nämlich dann, wenn Sonne, Erde und Mars in einer Geraden zueinander stehen -, aber so gering wie gerade jetzt ist die Entfernung zwischen Erde und Mars nur alle 15 bis 17 Jahre. Berechnungen ergaben zudem, dass die Kombination aus geringstem Treibstoffverbrauch und kürzester Reisedauer nur unter der Voraussetzung zu realisieren ist, dass der Start zwischen dem 23. Mai und dem 21. Juni erfolgt. Das Mars-Express-Team hat alles daran gesetzt, dieses Startfenster nicht zu verpassen.

90 Minuten nach dem Start wird sich Mars Express von der Oberstufe der Sojus-Fregat lösen. Anschließend werden sich die Sonnenzellenflügel entfalten, worauf die Sonde Funkkontakt mit der ESA-Bodenstation in New Norcia, Westaustralien, aufnehmen wird. Mars Express wird sich mit einer Geschwindigkeit von drei Kilometern pro Sekunde von der Erde entfernen. Ein wesentlicher Vorgang in diesem frühen Flugstadium wird die Abtrennung der Befestigungsklammern von Beagle 2 drei Tage nach dem Start sein. Diese Vorrichtungen, die dafür sorgen, dass das Landegerät während des Starts fest mit der Sonde verbunden bleibt, werden im Weltraum nicht mehr benötigt - und nicht nur das: Ihre Absprengung ist auch Voraussetzung dafür, dass sich Beagle 2 bei der Ankunft am Mars wie geplant vom Orbiter lösen kann.

Um sicherzustellen, dass alles planmäßig verläuft, wurden keine Mühen gescheut. Schmidt betont, dass "wir alle Aspekte der Mission gründlich genug getestet haben, um voller Zuversicht sagen zu können, dass keine Fehler, vor allem keine elementaren, auftreten werden. Mars Express wurde zwar in Rekordzeit entwickelt, aber bei den Tests wurden keine Kompromisse eingegangen, was auch für das Bodensegment gilt."

Sechs Tage vor der Ankunft am Mars wird das Landegerät ausgeklinkt. Dieser Vorgang gilt als einer der komplexesten der gesamten Mission. Beagle 2 ist mit seinen 65 kg zu leicht, um einen Steuerungsmechanismus mitzuführen, und ist auch nicht für den Empfang von Befehlen während seines Abstiegs und seiner Landung ausgerichtet. Seinen geplanten Landeplatz kann es daher nur erreichen, wenn es vom Orbiter in die richtige Flugbahn gebracht und an einem ganz bestimmten Punkt mit einer ganz bestimmten Geschwindigkeit ausgesetzt wird. Für die Steuerung dieses Manövers wird das Bodenkontrollteam im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt, Deutschland, zuständig sein. Mit Simulatoren, die ausgeklügelten Computerspielen ähneln, trainieren die Ingenieure seit Monaten für den Anflug auf den Mars und das Aussetzungsmanöver. Sie werden ihre Vorbereitung auch nach dem Start fortsetzen.

Nach dem Ausklinken des Landegeräts wird sich der Orbiter zunächst auf Kollisionskurs mit dem roten Planeten befinden. In einem weiteren entscheidenden Manöver müssen die Bodenkontrolleure dann seine Flugbahn korrigieren und seine Geschwindigkeit auf 1,8 km/s drosseln. Bei dieser Geschwindigkeit kann die Schwerkraft des Mars den Orbiter erfassen und ihn auf seine Umlaufbahn lenken. Anschließend sind noch eine ganze Reihe von Manövern erforderlich, bevor der Orbiter seine endgültige Einsatzposition - eine stark elliptische polare Umlaufbahn - erreichen wird und die wissenschaftlichen Beobachtungen beginnen können.

Beagle 2 wird inzwischen auf dem Mars gelandet sein. Vorgesehen ist hierfür ein ausgedehntes elliptisches Gebiet von 300 km Länge und 150 km Breite in der Äquatorregion Isidis Planitia, das wegen der dort heftig wehenden Marswinde und der relativ ebenen Oberfläche ausgewählt wurde. Beagle 2 wird an Fallschirmen herabschweben und schließlich, geschützt durch große Luftkissen, auf der Marsoberfläche aufsetzen. Nach seiner Landung wird es den Betreibern in der britischen Jodrell-Bank-Radioteleskopstation mit einem Signal - einer Neun-Ton-Melodie, die von der britischen Popgruppe Blur für das Beagle-2-Team komponiert wurde - anzeigen, dass es sein Ziel sicher erreicht hat.

Mars Express soll mindestens zwei Jahre lang die Oberfläche, die Schichten unter der Oberfläche und die Atmosphäre des Mars erforschen. Das Landegerät wird etwa sechs Erdmonate lang die Oberfläche des Planeten erkunden und seine Daten über den Orbiter zur Erde senden. Die europäische Mission Mars Express soll helfen, grundlegende Fragen über den Mars zu beantworten, darunter die, ob es auf ihm Wasser gibt und wie viel, und ob Anzeichen für vergangenes oder gar gegenwärtiges Leben zu finden sind. Ihr Name steht für die bisher umfangreichste Erforschung des roten Planeten.

siehe auch
Mars Express - Missionsseite bei astronews.com
Mission Mars
- die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
Links im WWW
Mars Express
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