ESA-PROGRAMM AURORA
Bis 2030
bemannt zu Mond und Mars
Redaktion
astronews.com
14. Oktober 2002
Die europäische Weltraumagentur ESA arbeitet derzeit fieberhaft an
ihrem neuen Erkundungsprogramm Aurora. Es soll die europäische
Strategie für die Erforschung von Mond, Mars und anderer Objekte im
Sonnensystem für die nächsten 30 Jahre skizzieren. Dabei ist auch geplant,
zwischen 2020 und 2025 Menschen zum Mond und fünf Jahre später Astronauten
zum Mars zu schicken.

Aurora heißt das neue Erkundungsprogramm der ESA, das die
Europäer bis 2030 auf den Mars führen könnte.
Bild:
ESA |
Am vergangenen Montag traf sich der Aurora-Teilnehmerrat in der
ESA-Hauptverwaltung in Paris und genehmigte die Inangriffnahme von
Bewertungsstudien für die ersten vier Robotermissionen des Programms. Die
genehmigten Studien erstrecken sich auf zwei so genannte Flagship-Missionen
- größere Vorhaben zur Erweiterung unserer wissenschaftlichen und technischen
Kenntnisse als Vorbereitung für eine bemannte Mission - und zwei so genannte
Arrow-Missionen, die als technologisch weniger anspruchsvolle und
kostengünstigere Missionen zur Verringerung der mit Flagship-Missionen
verbundenen Risiken geplant sind.
Bei den beiden erwogenen Flagship-Missionen handelt es sich zum einen
um die EXO-Mars-Mission, die die biologische Umwelt auf dem Mars erkunden soll,
bevor andere Raumfluggeräte oder Menschen auf dem Roten Planeten landen. Die
Daten dieser Mission dürften einen wertvollen Beitrag zur breiteren Forschung
auf dem Gebiet der Exobiologie, also der Suche nach Leben außerhalb der Erde,
leisten.
Im Rahmen dieser Mission soll ein Raumfluggerät aus einer Umlaufbahn um den
Mars mit Hilfe eines Abstiegsmoduls, das mit aufblasbaren Luftbremsen oder einem
Fallschirmsystem ausgestattet ist, gezielt ein Fahrzeug auf dem Mars absetzen,
das von herkömmlichen Sonnenzellen mit Energie versorgt würde und sich mehrere
Kilometer weit auf der Marsoberfläche fortbewegen könnte. Seine rund 40
Kilogramm schwere Nutzlast würde eine Bohreinrichtung sowie ein mit den
wissenschaftlichen Instrumenten gekoppeltes Probenentnahme- und
-handhabungssystem umfassen.
Das Marsfahrzeug stellt mit seinen hochentwickelten optischen Sensoren für
das Navigationssystem, seiner Bordsoftware, seiner Fähigkeit für autonomen
Einsatz und seinen Nutzlastinstrumenten für die Suche nach Leben eine bedeutende
technologische Herausforderung dar, die Europa und Kanada Gelegenheit gibt, in
der ESA und auf nationaler Ebene in jahrelanger Zusammenarbeit entwickelte
Technologien zur Reife zu bringen. Diese Mission wird auch als mögliches
Datenrelaissystem für die unter Federführung der französischen Raumfahrtagentur
CNES geplante Mission Mars Netlander in Betracht gezogen.
Die zweite Flagship-Mission ist eine Mission zur Rückführung einer
Mars-Bodenprobe zur Erde. Ein mehrteiliges Fahrzeug soll dabei ein Abstiegsmodul
sowie ein Fahrzeug für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auf eine
Umlaufbahn um den Mars befördern. Das Abstiegsmodul setzt auf der Marsoberfläche
eine mit einem Probensammelgerät und einem Aufstiegsfahrzeug ausgestattete
Landeplattform ab. Bei dieser Mission, die die weltweit erste Mars-Bodenprobe
zur Erde zurückbringen soll, wäre eine geringe Landegenauigkeit durchaus
annehmbar.
Das Aufstiegsfahrzeug würde die Bodenprobe in einem kleinen Behälter auf eine
niedrige (etwa 150 Kilometer hohe) Kreisbahn um den Mars bringen, auf der das
Rendezvous mit dem Wiedereintrittsfahrzeug stattfindet. Dieses soll dann die
Wiedereintrittskapsel mit der Mars-Bodenprobe auf eine ballistische Flugbahn in
die Erdatmosphäre steuern, in der ein Fallschirm (oder aufblasbares Bremssystem)
für eine sichere Landung sorgt.
Diese Mission zur Rückführung einer Mars-Bodenprobe setzt eine Reihe
grundlegender Technologien voraus, die in Europa noch nicht oder noch nicht voll
beherrscht werden. Sie betreffen hauptsächlich das Landesystem, das
Aufstiegsfahrzeug, das Rendezvous in der Marsbahn und das Fahrzeug bzw. die
Kapsel für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.
Diese Technologien sollen daher in den zwei vorangehenden Arrow-Missionen
entwickelt werden: Geplant ist zum einen ein kleiner Satellit auf einer stark
elliptischen Erdbahn, der unter ähnlichen Bedingungen in Richtung Erde
katapultiert würde, wie dies bei einer interplanetaren Rückkehrkapsel der Fall
wäre. Diese Mission ist ein notwendiger Schritt zur Vorbereitung der ersten
Mission zur Rückführung einer Mars-Bodenprobe.
Außerdem soll noch ein Mars-Einfangdemonstrator entwickelt werden. Hier
handelt es sich um eine kleine Mission zum Nachweis der Technologien, die
erforderlich sind, um eine Raumsonde unter Nutzung der Reibung mit der oberen
Atmosphäre des Planeten so abzubremsen, dass sie auf eine Bahn um den Mars
einschwenkt. Dieselben Technologien sollen später bei einer Flagship-Mission
und letztlich auch bei bemannten Missionen des Programms Aurora zur
Anwendung gelangen.
Die jetzt vorgestellten Robotermissionen stellen nach Angaben der ESA die
ersten Schritte zur Verwirklichung der Endziele des Aurora-Programms dar
und ermöglichen die Inangriffnahme einer Reihe von Tätigkeiten, die von
missionsspezifischen Technologiearbeiten bis zur wissenschaftlichen Vorbereitung
reichen. Das langfristige Programm soll in zwei Hauptphasen durchgeführt werden.
In der ersten Phase (2005–2015) sollen die Kenntnisse gesammelt und die
Technologien entwickelt und erprobt werden, die für bemannte Missionen zum Mars
und Mond benötigt würden, und letztlich die Entscheidung fallen, ob eine solche
Mission in Angriff genommen wird.
Dieser Anfangsphase soll im Zeitraum 2015–2030 eine zweite Phase folgen, die
der Entwicklung, Verifizierung und Verwirklichung der europäischen Bestandteile
der als internationales Gemeinschaftsunternehmen gedachten bemannten Mission
gewidmet ist. Nach den gegenwärtigen Vorstellungen sehen die Hauptmeilensteine
des Aurora-Programms wie folgt aus: zwei Missionen zur Rückführung von
Mars-Bodenproben (2011–2017), Entscheidung zur Durchführung einer bemannten
Mission (2015), eine Roboter-Außenstelle auf dem Mars und eventuell eine
bemannte Mission zum Mond (2020–2025) sowie eine bemannte Mission zum Mars
(2025–2030).
Ob dieses ehrgeizige Programm Wirklichkeit wird, steht allerdings noch in den
Sternen: Die jetzt genehmigten Studien sollen erst einmal zur Klärung der
Durchführbarkeit und der Anforderungen der vier genannten Missionen beitragen
und den Weg zur Einleitung der ersten Industriearbeiten im Jahr 2003 ebnen. Mit
einer Entscheidung über die Durchführung dieser Studien ist gegen Ende des
Jahres zu rechnen.
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