Im Anschluss an die Tagung des ESA-Rates auf Ministerebene in Edinburgh
im November 2001 hat der Wissenschaftsdirektor eine vollständige
Neubewertung des ESA-Wissenschaftsprogramms unternommen. Dies geschah in
enger Zusammenarbeit mit den durch den beratenden Ausschuss für
Weltraumwissenschaft vertretenen Forschern, der Industrie und den
Delegationen der Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse der Neubewertung wurden
als Vorschlag an den Ausschuss für das Wissenschaftliche Programm der
Europäischen Weltraumorganisation in dessen 99. Sitzung, die Ende letzter
Woche im norwegischen Andenes stattfand, vorgelegt, der schließlich dessen tatkräftige Umsetzung
des neuen Programms empfahl.
Die Ergebnisse der Ratstagung auf Ministerebene in Edinburgh waren für
das Wissenschaftsprogramm der ESA nicht so positiv, wie dies erhofft
worden war. Es zeigte sich, dass die bewilligten Mittel nicht ausreichen
würden, um das vom Ausschuss für das Wissenschaftliche Programm im Oktober
2000 genehmigte Langzeitprogramm unter den von ihm im Mai 1999 in Bern
beschlossenen finanziellen Annahmen durchzuführen. Das in Edinburgh
bewilligte Finanzvolumen machte auf den ersten Blick die Streichung einer
Mission (etwa der Astrometrie-Mission GAIA) erforderlich.
Am Ende der Neubewertung konnte die Exekutive nach eingehenden
Konsultationen mit allen Partnern einen überarbeiteten Plan vorlegen, nach
dem sich nicht nur die im Oktober 2000 genehmigten Missionen
aufrechterhalten lassen, sondern zusätzlich noch die Mission Eddington
durchgeführt werden kann. Der vom Ausschuss für das Wissenschaftliche
Programm in seiner 99. Sitzung nachdrücklich befürwortete neue Plan
enthält die folgenden Missionen, die nach Produktionsgruppen
zusammengefasst sind.
Für die astrophysikalische Forschung sieht die ESA die Missionen
XMM-Newton (1999) und INTEGRAL (2002) also Röntgen- und
Gammastrahlenobservatorien zur Untersuchung des Universums, Herschel
zur Erforschung des Infrarot- und Mikrowellen-Universums, Planck
zur Untersuchung des kosmischen Mikrowellen-Hintergrunds sowie
Eddington zur Suche nach extra-solaren Planeten und Untersuchung der
stellaren Seismologie (Missionsstart jeweils 2007 bis 2008) sowie GAIA zur
hochgenauen Kartierung der Galaxien (Start spätestens im Jahr 2012) vor.
Zur Erforschung des Sonnensystems plant die ESA Rosetta, eine
Sonde zu einem Kometen (2003) und Mars Express, einen Mars-Orbiter
mit dem Landegerät Beagle-2 (2003). Der ebenfalls zu dieser Gruppe
gehörende Venus Express, ein Venus-Orbiter, wurde gestrichen. In
einer zweiten Produktionsgruppe sind SMART-1 zur Demonstration
solarer Antriebstechnik auf dem Weg zum Mond (2003), BepiColombo,
eine Mission zum Merkur, und Sonnenorbiter zur Beobachtung der Sonne aus
nächster Nähe (Start im Zeitraum 2011 bis 2012) vorgesehen.
Für die Grundlagenforschung will die ESA an STEP (2005) zum
Nachweis des Äquivalenz-Prinzips und an SMART-2, eine
Technologiedemonstrationsmission (2006) für LISA, ein
Gemeinschaftsvorhaben mit der NASA zum Nachweis von Gravitationswellen
(2011) festhalten.
Außerdem sieht die ESA eine Zusammenarbeit mit der NASA bei NGST
(Weltraumteleskop der nächsten Generation) vor, dem im Jahr 2010 zu
startenden Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops. STEP (2005),
die Mission, die das Wesen der Masse und die Grundlagen der Mechanik
nachweisen soll, hängt von einer Entscheidung der NASA ab, die bei dieser
Mission Hauptpartner ist.
Die Produktionsgruppen sind mehr als wissenschaftliche Gruppierungen. Das
Raumfluggerät für die Missionen in jeder Gruppe soll synergetisch unter
größtmöglicher Nutzung gemeinsamer Technologien und Ingenieurteams gebaut
werden. Außerdem soll BepiColombo und der Sonnenorbiters mit
internationalen Partnern verwirklicht werden sowie Herschel/Planck
und Eddington die gleiche Plattform verwenden. Für GAIA sind
größere Veränderungen geplant, um die Kosten dieser Mission ohne
wissenschaftliche Einbußen zu senken. GAIA soll wie in Bern
vereinbart spätestens im Jahr 2012 gestartet werden. Außerdem soll durch
Verwendung neuer Technologien die Kosteneffizienz bei der Entwicklung und
Beschaffung von Raumfluggerät erheblich gesteigert werden.
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