DUNKLE
MATERIE
Mit
PAMELA auf der Jagd nach WIMPs
Redaktion
astronews.com
20. April 2001
Physiker der
Universität Siegen beteiligen sich an dem internationalen
Satellitenexperiment PAMELA, das in gut einem Jahr mit Hilfe einer
russischen Soyuz-Rakete in eine polare Erdumlaufbahn gebracht werden
soll.
Dieses Experiment soll den unbekannten Teilchen auf
die Spur kommen, aus de nen
die sogenannte
"Dunkle Materie" bestehen könnte und somit einem der
großen
Rätsel der heutigen
Astrophysik.
Aufmerksam auf diese "Dunkle Materie" wurden die Astrophysiker als es
gelang, die Bewegung innerhalb von
Galaxien-Haufen zu vermessen. Es stellte sich nämlich heraus, dass ihre
Bewegung nur erklärt werden konnte, wenn man eine zusätzliche Masse einführte, die nicht in den beobachtbaren Sternen vorhanden ist. Woraus
sollte diese unbekannte Materie aber bestehen, die offenbar mehr als 90 Prozent der Gesamtmasse im Universum ausmacht, die sich aber nur durch ihre
Gravitationskraft mitteilt, und ansonsten mit keinem Licht oder anderer
Materie in Wechselwirkung tritt?
Anregungen und Hinweise ergeben sich
aus der Elementarteilchenphysik, die sich mit der Wechselwirkung von
Teilchen und dem Austausch von Kräften beschäftigt. Eine Möglichkeit
bestünde beispielsweise darin, dass es sich hier um massereiche
Teilchen handelt, die nur sehr schwach mit dem Rest der Welt
kommunizieren. Man nennt diese Teilchen WIMPs (für weakly
interacting massive particles). Die Physiker haben auch schon Teilchen
gefunden, die sich so verhalten, beispielsweise das Neutrino. Leider ist das
Neutrino aber masselos oder besitzt nur eine sehr kleine Masse, so dass
es für die "Dunkle Materie" nicht verantwortlich sein kann.
Eine Möglichkeit, diese WIMPs aufzuspüren, besteht in der
Wechselwirkung mit ihren Antiteilchen, deren Existenz nach den Theorien der
Elementarteilchenphysik möglich ist und die auch bei den bisher bekannten
Elementarteilchen vorhanden sind. So ist beispielsweise das Antiproton das
Antiteilchen des Protons oder das Positron das Antiteilchen des
Elektrons. Wenn diese beiden Teilchen sich nahe kommen, wird ihre Masse
in Energie verwandelt. Prozesse dieser Art werden heute in sehr
praktischen Anwendungen wie in der medizinischen Diagnostik genutzt.
Wenn WIMPs mit ihren Antiteilchen in
Berührung kommen, sollten ähnliche Prozesse zu erwarten sein. Die Folge wäre
etwa die Produktion
von Antiprotonen wie auch Positronen, die dann vermehrt in der
galaktischen Teilchenstrahlung zu finden sein sollten. Das
PAMELA-Experiment ist speziell darauf ausgerichtet, nach diesen
Antiprotonen und Positronen sehr sorgfältig zu suchen.
Mit einem Magnetspektrometer soll die Energie und die Häufigkeit der
aus dem Weltraum einfallenden hochenergetischen kosmischen Antiprotonen
wie Positronen präzise vermessen werden. Für die Entwicklung und den
Bau von geeigneten Messdetektoren erhielten die Physiker in der
Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Manfred Simon bisher Foerdermittel aus dem
Bundesforschungsministerium in Höhe von rund vier Millionen DM.
Der Beitrag der Siegener Physiker besteht in der Entwicklung und dem Bau
von zeitlich hochauflösenden Detektoren, die es ermöglichen, die
Flugzeit von Teilchen bei nahezu Lichtgeschwindigkeit mit einer Präzision von besser als einer Milliardstel Sekunde zu messen. Dies
erfordert neue Entwicklungen in der Messtechnik unter Verwendung
leistungsarmer Elektronik.
Erfahrungen und internationale Anerkennung beim Bau moderner
astrophysikalischer Experimente haben sich die Wissenschaftler im
Fachbereich Physik der Universität Siegen durch frühere Beteiligungen
an Ballonexperimenten erworben, die sie gemeinsam mit Forschergruppen
der NASA sowie aus Universitäten in den USA, Italien, Schweden und
Indien durchgeführt haben.
Zur Zeit wird das PAMELA-Experiment in Rom aufgebaut und für den Flug
im Weltraum vorbereitet. Es ist geplant, dass es über einen Zeitraum von über
drei Jahren wissenschaftliche Daten zur Erde sendet. Die Siegener
Wissenschaftler werden sich an allen Phasen dieses Projektes aktiv
beteiligen, insbesondere auch an der wissenschaftlichen Auswertung der
Messdaten.
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