Mit Schwarzen Löchern ist das so seine Sache: Sie gehören mit
Sicherheit zu den faszinierendsten Objekten im Weltall und haben schon so
manchen Science-Fiction-Autor inspiriert - nur direkt beobachten konnte
man bisher kein einziges. Man fand lediglich zahlreiche Hinweise, die am
Ende kaum ein anderen Schluss zuließen, als eben die Existenz eines Schwarzes
Loches. So konnte man beispielsweise die Strahlung der Materie beobachten, die gerade in
das Schwarze Loch hineinfällt oder aber die Bahnen von Sternen, die von
diesen exotischen Gebilden angezogen werden.
Joseph F. Dolan von NASA Goddard Space Flight Center könnte nun
der bislang direkteste Beweis für die Existenz eines Schwarzen Loches
gelungen sein. Der Wissenschaftler beobachtete im ultravioletten Bereich
des Lichtes einen heißen Gasklumpen, der um ein kompaktes Objekt
kreiste, das unter dem Namen Cygnus XR-1 bekannt ist. Mit der Zeit wurden
die Signale des Gases immer schwächer, bis der Gasklumpen schließlich ganz
verschwunden war. Genau diese Beobachtung würde man erwarten, wenn der
Gasklumpen in ein Schwarzes Loch gefallen wäre.
"Wir haben mit unseren Beobachtungen versucht, die Existenz von
Schwarzen Löchern dadurch zu beweisen, dass wir noch exotischere
Erklärungen für diese Objekte ausschließen", erläutert
Dolan seine Beobachtungen. "Genau so wie frühere Arbeiten versucht
haben, weniger exotische Erklärungsmöglichkeiten als Schwarze Löcher
auszuschließen."
Der Ereignishorizont ist jenes Gebiet um ein Schwarzes Loch herum, aus
dem kein Licht und auch keine Materie mehr herauskommt. Hinweise auf die
Existenz dieser mysteriösen Region haben früher schon Röntgenbeobachtungen
geliefert, doch gelang es noch nie direkt zu beobachten, was passiert,
wenn Materie in dieses Gebiet hinein spiralt, wie etwa Wasser in einen
Abfluss. Die jetzt vorgestellten Ergebnisse basieren auf der Beobachtung
von zwei Ereignissen, so dass auch noch die Möglichkeit besteht,
dass es sich um eine Missinterpretation von zufälligen Beobachtungen
handeln könnte. Allerdings würden beide Ereignisse exakt so aussehen,
wie man sich das vorstellt, wenn Materie in einem Schwarzen Loch
verschwindet, betont Dolan.
Der Fund gelang nach einer detaillierten statistischen Analyse von
Beobachtungen von Cygnus XR-1, eines der ersten Schwarzen Löcher, die
entdeckt wurden. Das Objekt liegt in rund 6.000 Lichtjahren
Entfernung im Sternbild Schwan. Grundlage waren Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops
aus dem Jahr 1992. Dabei konnte Hubble den Ereignishorizont nicht
direkt beobachten, sondern lediglich die immer schwächer werdenden Pulse
eines Gasklumpens aufnehmen, der in einer Umlaufbahn um das Schwarze Loch
gefangen war.
Dieses Verhalten hatten die Wissenschaftler erwartet: Durch die
ungeheure Gravitationswirkung in der Nähe des Ereignishorizonts sollte
die Wellenlänge des Lichts immer länger und das Signal immer schwächer
werden. Gäbe es keinen Ereignishorizont, hätte man eine Lichtblitz sehen
müssen, wenn das Gas die Oberfläche des Objektes erreicht. Durch die
Gravitationsrotverschiebung - also die Streckung der Wellenlänge -
verschwand der Gasklumpen schon vor dem Erreichen des Ereignishorizonts
aus Hubbles Blick.
Die Signale des Gasklumpens zu finden war keine leichte Aufgabe: Das
Hochgeschwindigkeits-Photometer des Weltraumteleskops hatte während
dreier Beobachtungsphasen jeweils etwa 100.000 Messungen pro Sekunde
gemacht und auf diese Weise etwa eine Milliarde Datenpunkte gewonnen. In
jahrelanger Arbeit hat nun Dolan versucht, aus den Daten ein passendes
Signal herauszufiltern. "Das war, als wenn man in einer
mehrstündigen Sendung im Morsecode ein einziges Wort heraushören
soll", erläutert Dolan. Der Forscher fand schließlich zwei passende
Ereignisse.
Von Cygnus XR-1 haben die Astronomen eine recht genaue Vorstellung: Gas
von einem Begleitstern fällt ständig in das Schwarze Loch hinein. Es tut
dies allerdings nicht direkt, sondern spiralt in einer flachen Scheibe,
der sogenannten Akkretionsscheibe, in das Schwarze Loch. Rund 1.600
Kilometer vom Ereignishorizont entfernt, hört die Scheibe auf, da es ab
hier keine stabilen Orbits um das Schwarze Loch mehr gibt. Dafür lösen
sich aber hin und wieder Gasklumpen aus der Scheibe heraus und fallen in
einer Spirale in das Schwarze Loch.