Mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra konnte der Pulsar exakt
in der Mitte des Supernova-Überrestes G11.2-0.3 aufgespürt werden. Dies
ist ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass dieser sich 14 Mal pro Sekunde um sich
selbst drehende Neutronenstern, während der Supernova-Explosion im Jahr
386 entstanden ist und somit ein Alter von 1615 Jahren hat.
"Das wahre Alter von astronomischen Objekten herauszufinden ist
extrem schwierig", erläutert Victoria Kaspi von der McGill
Universität die Bedeutung der Verbindung von moderner Beobachtung mit
geschichtlichen Ereignissen. "Daher sind für uns die Berichte von
historischen Supernova-Ereignissen sehr wichtig. Innerhalb von etwa 2.000
Jahren wurden weniger als zehn mögliche Supernova-Ereignisse - meist von
asiatischen Astronomen - festgehalten. Bislang war der Pulsar des
Krebs-Nebels der einzige, der mit einem historischen Ereignis in
Verbindung gebracht werden konnte und daher der einzige Neutronenstern,
bei dem wir eine sichere Altersangabe hatten."
Der jetzt aufgespürte Pulsar soll der Überrest einer
Supernova-Explosion sein, die chinesische Astronomen im Jahr 386 im
Sternbild Schützen beobachteten. In den 70er Jahren entdeckten
Radioastronomen in dieser Region einen sich ausbreitenden Nebel, den man
den Namen G11.2-0.3 gab und für einen Überrest der historischen
Supernova-Explosion hielt. 1997 entdeckte man schließlich einen Pulsar in
diesem Gebiet, konnte aber bis zu den Chandra-Beobachtungen diesen
nicht eindeutig der historischen Supernova-Explosion zuordnen.
Da die Wissenschaftler den Pulsar nahezu exakt in der Mitte des
Supernova-Überrestes gefunden haben, sind sie sicher, dass er zu der
Supernova von 386 gehört: Eine Supernova-Expolsion ist der Kollaps eines
massereichen Sterns am Ende seines nuklearen Lebens. Übrig bleibt - je
nach Masse des ursprünglichen Sterns - ein Neutronenstern oder aber ein
schwarzes Loch. Durch die Wucht der Explosion entfernt sich der
Neutronensterne schnell von seinem Geburtsort. Findet man also einen
Pulsar - also einen sich schnell drehenden Neutronenstern - in der Mitte
eines Supernova-Überrestes, spricht sehr viel dafür, dass es sich um ein
sehr junges System handeln muss, da der Pulsar noch keine Zeit hatte, vom
Ort der Supernova wegzukommen.
"Wir glauben, dass der Pulsar und der Supernova-Überrest beide
auf das Ereignis zurückzuführen sind, das chinesische Astronomen vor
rund 1600 Jahren beobachtet haben", erläutert Mallory Roberts von
der McGill Universität. "Das ist schon aufregend genug, doch wirft
dieser Fund auch neue Fragen über die Jugendzeit von Pulsaren auf."
Bisher hatte man nämlich das Alter von Pulsaren aus ihrer
Rotationsgeschwindigkeit abgeleitet und so im Fall dieses Pulsars ein
Alter von rund 24.000 Jahren herausbekommen. Die Abschätzung beruhte auf
der Annahme, dass Pulsar sich in ihrer Jugendzeit recht schnell drehen und
dann immer langsamer werden. Da sich aber nun herausstellt, dass der
Pulsar deutlich jünger ist, könnte dies bedeuten, dass Pulsare mit einer
deutlich niedrigeren "Drehzahl" geboren werden und so viele
andere Altersabschätzungen falsch sind.
Auf dem Chandra-Bild ist außerdem erstmals die Form des
Pulsarwind-Nebels zu erkennen, der sich mit seinem zigarrenförmigen
Aussehen, deutlich von denen anderer Pulsare unterscheidet. Das Bild entstand
während zweier Beobachtungsphasen am 6. August und 15. Oktober
2000.