Nachdem die kleine
Raumsonde Galileo im Mai dieses Jahres mit einem Abstand von nur wenigen
Hundert Kilometern an dem riesigen Jupitermond vorübergeflogen war, sandte sie
nicht nur neue detaillierte Bilder von Ganymed zur Erde, sondern auch Daten
über das Magnetfeld des Jupitertrabanten: Und diese, so ein amerikanisches
Forscherteam, würden sich am besten durch eine dicke Schicht aus flüssigem Salzwasser irgendwo in der eisigen Kruste des Mondes
erklären
lassen.
Doch damit nicht genug: Die Oberfläche des größten Mondes im Sonnensystem
scheint teilweise aus Mineralien zu bestehen, die darauf hindeuten, dass
Salzwasser in der Vergangenheit einmal aus dem Untergrund an die Oberfläche
gespült ist. Das zeigten Infrarot-Daten die Galileo zur Erde schickte.
Zudem würden die normalen Bilder der Oberfläche teilweise an Strukturen
erinnern, die man auf dem Jupitermond Europa gefunden hätte. Und auch
dieser steht im Verdacht, einen flüssigen Ozean unter seiner Eisschicht zu
verbergen.
Die neuen Ergebnisse, die drauf schließen lassen, dass nunmehr drei der vier
großen Jupitermonde über flüssiges Wasser verfügen, wurden auf einer am
Freitag eröffneten Konferenz der American Geophysical Union in San
Francisco präsentiert. Die Existenz von Wasser sorgt immer deswegen für
breites Interesse, weil es als Grundlage für alles Leben gilt. Wasser wird auch
auf den Jupitermonden Europa und Callisto vermutet. Mit Ganymed soll nun auch der
größte Jupitermond und der größte Trabant im Sonnensystem über Wasser
verfügen. Ganymed übertrifft an Größe sogar die Planeten Merkur und Pluto.
Im Vergleich zu Europa und Callisto hat es Ganymed den Forschern jedoch
schwerer gemacht mit Hilfe des Magnetometers an Bord von Galileo hinter
sein Geheimnis zu kommen. Das lag vor allem an der Tatsache dass Ganymed über
ein eigenes starkes Magnetfeld verfügt und nicht - wie die beiden anderen
Monde - lediglich über ein sekundäres - also eines von Jupiters Magnetfeld
erzeugtes. Aber die Messungen auf Ganymed würden schon eine deutliche Sprache
sprechen, meinte Planetenwissenschaftlerin Dr. Margaret Kivelson, die für das
Magnetometer an Bord von Galileo verantwortlich ist: "Um die Daten
zu erklären braucht
man etwas Leitfähigeres als festes Eis." In Frage kommen würde da eine
mehrere Kilometer dicke geschmolzene Schicht, die innerhalb von 200 Kilometern
unter der Oberfläche beginnt und etwa den Salzgehalt der Ozeane der Erde haben
müsste.
Weitere Hinweise auf einen Ozean konnte der Geophysiker Dr. Thomas McCord mit
Hilfe von Galileos Infrarot-Spektrometer finden. Der Wissenschaftler
versuchte Oberflächenmaterial des Mondes zu identifizieren und entdeckte an
manchen Stellen spezielle salzhaltige Mineralien, die zurückbleiben würden,
wenn einmal Salzwasser an die Oberfläche gelangt. "Sie ähneln dem, was
wir auch auf Europa gefunden haben", erläutert McCord. Allerdings könne
man aus seinen Funden nicht folgern, dass es auch noch heute einen
unterirdischen Ozean auf Ganymed gibt.
Auch Bilder, die Galileo am 20. Mai 2000 aus rund 800 Kilometer
Entfernung gemacht hatte, deuten darauf hin, dass Ganymed dem Jupitermond Europa
ähnlicher sein könnte, als bisher angenommen. Verantwortlich für das flüssige Wasser
im Inneren von Ganymed dürfte die natürliche Radioaktivität sein. Hier liegt
der Unterschied zu Europa, wo man die Existenz von Wasser hauptsächlich auf die
Gezeitenwirkung des Jupiter zurückführt, durch die das Innere des Mondes
aufgeheizt wird.
Überrascht haben die neuen Entdeckungen unter den Planetenwissenschaftlern
eigentlich niemanden, doch sei es, so Dr. Dave Stevenson vom California
Institute of Technology, ein Unterschied, ob man nur davon ausgeht, dass
Ganymed einen Ozean hat oder ob man ihn klar aus seinen Daten ablesen kann.