Nova-Explosionen
in weiter Ferne
von Stefan
Deiters
astronews.com
3. August 2000
Dank der Leistungsfähigkeit des Very Large Telesope (VLT)
konnten Astronomen die am weitesten entfernten Nova-Explosionen beobachten,
die man bisher zu Gesicht bekommen hat. Sie ereigneten sich in einer rund
70 Millionen Lichtjahre entfernten Riesengalaxie im Fornax-Galaxienhaufen
und könnten helfen, die Entfernungen im Universum genauer zu
bestimmen.
VLT-Aufnahme
der Galaxie NGC 1316 im Fornax-Galaxienhaufen. Foto:
ESO |
Die Nova-Explosionen
haben sich vor rund 70 Millionen Jahren ereignet und damit zu einer Zeit,
als es auf der Erde noch Dinosaurier gab. Sie sind das Ergebnis einer
zerstörerischen Zweierbeziehung zwischen einem heißen ausgebrannten
Sternenrest, einem Weißen Zwerg, und einem kühleren Begleitstern. Der Weiße
Zwerg zieht ständig Materie seines Begleiters an, so dass sich auf seiner
Oberfläche langsam eine Schicht aus Wasserstoff bildet. Wenn sich genug
Wasserstoff angesammelt hat, entzündet sich die Schicht explosionsartig und
bringt den Stern für einige Zeit zum Aufleuchten. Die Wasserstoffschicht wird
dabei abgestoßen.
Innerhalb von wenigen Wochen kann so eine Energie freiwerden, die in etwa der
Abstrahlung der Sonne in 10.000 Jahren entspricht. Im Gegensatz zu einer
Supernova-Explosion reicht sie aber nicht aus, um den Stern zu zerstören, so
dass er wieder Material seines Begleiters aufnehmen kann und nach rund 100.000
Jahren erneut explodiert. Das geht so weiter, bis der Gasvorrat des
Begleitsterns vollkommen aufgebraucht ist. Da man früher das recht
leuchtschwache Sternsystem nicht sehen konnte, die Explosion aber oft schon mit
bloßem Auge sichtbar war, sprach man von einem "neuen Stern", einer
"stella nova". In unserer Milchstraße ereignet sich alle paar Jahre
eine Nova, die man ohne Fernrohr sehen kann.
Da man annimmt, dass bei allen Novae die selben physikalischen Prozesse eine
Rolle spielen, geht man auch davon aus, dass sie alle die gleiche
Maximalhelligkeit aufweisen. Das macht sie zu einer sogenannten Standardkerze,
mit deren Hilfe man die Entfernungen von weit entfernten Galaxien abschätzen
kann, wenn darin eine solche Nova zu beobachten ist. Trotzdem sind Novae nicht
sonderlich beliebt bei Astronomen: Mit einem Vier-Meter-Teleskop muss man unzählige Stunden verschiedene Galaxien überwachen, um überhaupt einige Novae
zu entdecken.
Das könnte sich nun dank der neuen Großteleskope ändern: Mit dem
VLT-Teleskop Antu beobachtete ein Astronomenteam die elliptische
Riesengalaxie NGC 1316 im Fornax-Galaxienhaufen. Diese Galaxie ist deswegen von
Interesse, weil dort Anfang der 80er Jahre zwei Supernova Ia-Explosionen
beobachtet wurden, die auch als Standardkerzen zur Entfernungsbestimmung
verwendet werden. Eine zusätzliche Standardkerze könnte also ein wichtiger
Test sein und helfen, die kosmische Entfernungsskala zu verbessern.
Während acht Nächten beobachteten die Wissenschaftler NGC 1316 jeweils 20
Minuten lang und können - obwohl die Datenauswertung noch andauert - schon
jetzt sagen, dass sich in dieser Zeit mindestens vier Nova-Explosionen
ereigneten. Das deutet auf einen Novarate von 100 Novae pro Jahr hin, was in
etwa dreimal so viel ist wie in unserer Milchstraße. Dies zeigt auch, wie sehr
sich die Beobachtungsmöglichkeiten der Astronomen durch die neuen
Großteleskope verbessern werden, was - so die Hoffnung - auch zu einer genaueren
Entfernungsbestimmung führen wird.
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