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ELEMENTENTSTEHUNG
Das seltenste Isotop im All
von Stefan Deiters
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24. März 2000

Es ist das seltenste Isotop im Universum: Tantal-180. Durch Messungen des Stuttgarter Instituts für Strahlenphysik konnte jetzt die Entstehung dieses Stoffes geklärt werden - mit Hilfe einer Probe von 6,7 Milligramm im Wert von 2,3 Millionen Dollar. Und das nukleare Leben von Sternen spielt dabei eine entscheidende Rolle. 

Die meisten der schweren Elemente, die auf der Erde und im Universum vorkommen, werden über zwei Prozesse im Lebenszyklus der Sterne erzeugt: Entweder relativ langsam im heißen Inneren eines Sterns (im sogenannten s-Prozess) oder aber während einer Supernova-Explosion (im sogenannten r-Prozess). Mit dem vorhandenen Wissen über den Ablauf dieser Prozesse konnte die Entstehung fast aller in der Natur vorkommender Isotope geklärt werden - das Vorhandensein von Tantal-180 jedoch nicht.

Das Schwermetall Tantal ist bereits das seltenste in der Natur vorkommende Element. Wegen seiner außerordentlich hohen chemischen Resistenz gegen Säuren und seines hohen Schmelzpunktes wird das 1802 entdeckte natürliche Tantal heute beispielsweise für chemische Geräte und medizinische Instrumente benutzt. Natürliches Tantal besteht fast ausschließlich aus dem Isotop Tantal-181; das Isotop Tantal-180 ist nur zu 0,012 Prozent enthalten. Und auch diese winzige Menge kann nur unter besonderen Bedingungen überleben und stabil bleiben; dann aber hat es eine Lebensdauer von mehr als einer Billiarde Jahre. Normalerweise zerfällt Tantal-180 mit einer Halbwertszeit von rund acht Stunden.

Trotz beträchtlicher experimenteller und theoretischer Anstrengungen stellte die Nukleosynthese von Tantal-180 immer noch ein Rätsel dar. Das geringe Vorkommen erklärt sich im Prinzip daraus, dass es während Supernova-Explosionen grundsätzlich nicht entstehen kann. Und auch die Entstehung im sogenannten s-Prozess ist zwar nicht unmöglich, findet aber nur sehr selten statt. Und es gibt noch ein weiteres Problem: Während der s-Prozess-Reaktionen herrschen in den Sternen Temperaturen von einigen Hundert Millionen Grad, was dazu führen würde, dass selbst die stabile Form von Tantal-180 sofort in die kurzlebige Form übergehen würde. Somit müsste eigentlich das gesamte beim s-Prozess erzeugte Tantal-180 gleich wieder zerstört werden.

Ob und wie dies alles genau abläuft wollte man im Labor am Stuttgarter Dynamitron-Teilchenbeschleuniger herausfinden: 20 Wissenschaftler bemühten sich, hinter das Geheimnis des Tantal-180 zu kommen und machten einen bemerkenswerte Entdeckung: Mit Hilfe des gesamten Weltvorrats an angereichertem Tantal-180 - der für ein Jahr vom amerikanischen National-Laboratorium Oak Ridge nach Stuttgart ausgeliehen wurde - simulierten die Forscher die Vorgänge während des s-Prozesses. Die bei den Messungen erzielten Ergebnisse sind von großer Bedeutung für Sternmodellrechnungen: Benutzt man die althergebrachten Theorien für das Innere von Sternen, wird tatsächlich das gesamte entstehende Tantal-180 sofort wieder zerstört.  

Realistischere und aktuellere Sternmodell-Rechnungen Karlsruher Astrophysiker, in denen verschiedene Details wie zum Beispiel der schnelle Transport des erzeugten Tantals in kühlere äußere Zonen der Sterne berücksichtigt wird, haben jedoch gezeigt, dass man im optimalen Fall sogar die Menge Tantal-180 mit dem s-Prozess erzeugen kann, die man in der Sonne beobachtet.  

Auf den Fund ist man Stolz in Schwaben: "Der Erfolg der Stuttgarter Untersuchungen zeigt", so betonte der Leiter des Instituts für Strahlenphysik der Universität Stuttgart, Professor Ulrich Kneissl, "dass Spitzenergebnisse der Grundlagenforschung nicht nur an Großforschungseinrichtungen erzielt werden können, sondern auch an Universitätsinstituten mit entsprechender Ausstattung und Förderung und begeisterungsfähigen Mitarbeitern."

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