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Auf den Spuren der rätselhaften UV-Strahlung von Protosternen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
26. November 2025
Das Weltraumteleskop James Webb hat fünf junge
Sterne in der Ophiuchus-Molekülwolke im Sternbild Schlangenträger ins Visier
genommen und die ultraviolette Strahlung in ihrer unmittelbaren Umgebung
untersucht. Dabei zeigte sich, dass das bisherige Erklärungsmodell für diese
Strahlung nicht zutreffend zu sein scheint - zur Überraschung der Forschenden.

Detaillierter Blick auf die andauernde
Sternentstehung innerhalb der Ophiuchus-Molekülwolke
(rechts). Im linken Teil des Bildes die
Vergrößerung eines der Protosterne (GSS 30 IRS1)
mit einem markanten molekularen
Wasserstoffausfluss.
Bild: Skretas et al.
(links); NASA, ESA, CSA, STScI, Klaus Pontoppidan
(STScI), Bearbeitung: Alyssa Paghan (STScI)
(rechts) [Großansicht] |
Iason Skretas, Doktorand am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR)
in Bonn, und Dr. Agata Karska vom Zentrum für moderne interdisziplinäre
Technologien an der Nikolaus-Kopernikus-Universität im polnischen Torun und vom
MPIfR beobachteten mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) fünf junge Sterne
in Richtung des Sternbilds Schlangenträger. Ihr Interesse galt vor allem der
ultravioletten Strahlung und ihrer Rolle bei der Entstehung von Sternen. "Wir
wollten uns Protosterne genauer ansehen, also junge Sterne, die sich noch tief
im Inneren ihrer molekularen Mutterwolken bilden. Während Protosterne Masse
akkretieren, schleudern sie einen Teil davon in Form von Materiestrahlen nach
außen", erklärt Skretas. Diese werden als Jets oder Ausflüsse bezeichnet und
sind das auffälligste Zeichen für die Entstehung von Sternen.
Die Forschenden konnten zeigen, dass sie die Existenz von ultravioletter
Strahlung berücksichtigen müssen, um die Chemie und Physik dieser molekularen
Ausflüsse junger Sterne zu verstehen. "Das ist die erste Überraschung. Junge
Sterne sind nicht in der Lage, Strahlung zu erzeugen; sie können keine Strahlung
'produzieren'. Wir sollten also auch keine erwarten. Und doch konnten wir
zeigen, dass UV-Strahlung in der Nähe von Protosternen auftritt. Woher kommt
sie, was ist ihre Quelle: intern oder extern? Wir haben uns vorgenommen, das zu
untersuchen", fügt Karska hinzu.
Das Team richtete das Mittelinfrarot-Instrument MIRI des JWST auf junge
Sterne in Richtung des Sternbilds Schlangenträger (lateinisch: Ophiuchus). Dort
liegt in rund 450 Lichtjahre Entfernung die Ophiuchus-Molekülwolke und enthält
mehrere Sterne vom Typ B, die sehr jung und heiß sind und stark im
ultravioletten Bereich (UV) strahlen. Fünf Objekte, die sich in
unterschiedlicher Entfernung zu diesen massereichen Sternen befinden, wurden für
detaillierte Beobachtungen ausgewählt. Das MIRI-Instrument ermöglicht es,
astronomische Objekte im Wellenlängenbereich von 2 bis 28 Mikrometern zu
beobachten, wodurch mehrere Linien von molekularem Wasserstoff (H2)
erfasst werden, die aufgrund der Erdatmosphäre vom Boden aus nicht beobachtet
werden können. Das JWST ist für diese Art von Beobachtungen unverzichtbar. Damit
wird es möglich, diese Linien selbst von sehr schwachen Objekten mit hoher
Auflösung zu beobachten.
Für die Astronomie ist H2 das wichtigste Molekül im Universum.
Zunächst einmal ist es das häufigste Molekül: Es ist im Durchschnitt 10.000 Mal
häufiger als Kohlenmonoxid, immerhin das zweithäufigste Molekül im Weltraum.
Gleichzeitig macht es die Struktur von H2 sehr schwierig, es in
Molekülwolken zu beobachten, da die Temperatur zu niedrig ist, um das Molekül
anzuregen. Auswürfe junger Sterne erzeugen jedoch Stoßwellen, die die Materie
komprimieren und erwärmen und so eine helle H2-Emission erzeugen.
Daher ist JWST/MIRI die perfekte Kombination, um Ausflüsse von Protosternen zu
untersuchen.
Die Analyse der JWST-Beobachtungen in der Ophiuchus-Molekülwolke zeigt
eindeutig das Vorhandensein von UV-Strahlung in der Umgebung von Protosternen
und deren Ausflüssen, hervorgerufen durch die Einwirkung dieser Strahlung auf
den molekularen Wasserstoff. Das wirft die Frage auf, woher die UV-Strahlung
kommt. Hängt sie mit Prozessen zusammen, die in unmittelbarer Nähe des
Protosterns ablaufen? Zum Beispiel mit Stoßwellen, die beim Einfall von Materie
auf den Protostern entstehen, oder mit Stoßwellen, die entlang des
protostellaren Jets entstehen?
"Eine Möglichkeit ist, dass die UV-Strahlung von massereichen Sternen in der
Nähe stammt, die die Geburtsorte der nächsten Generation von Sternen beleuchten.
Daher sind wir von dieser Hypothese ausgegangen", sagt Friedrich Wyrowski,
ebenfalls vom MPIfR. Die Astronomen verwendeten zwei Methoden, um das Ausmaß der
externen UV-Strahlung abzuschätzen. Die erste basierte auf den Eigenschaften der
umgebenden Sterne und ihrer Entfernung zu den beobachteten Quellen. Die zweite
basierte auf dem Staub, der die UV-Strahlung absorbieren und bei längeren
Wellenlängen wieder abgeben kann.
"Mit diesen beiden Methoden konnten wir zeigen, dass die UV-Strahlung – in
Bezug auf die äußeren Bedingungen – zwischen unseren Protosternen erheblich
variiert und wir daher Unterschiede in der molekularen Emission sehen sollten.
Wie sich herausstellt, sehen wir diese jedoch nicht", so Skretas. "Wir mussten
also die Hypothese einer externen Strahlungsquelle verwerfen. Wir können jedoch
mit Sicherheit sagen, dass in der Umgebung des Protosterns UV-Strahlung
vorhanden ist, da sie zweifellos die beobachteten Moleküllinien beeinflusst.
Daher muss ihr Ursprung intern sein“, fügt Karska hinzu.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Produktion von UV-Strahlung in
den Modellen zur Beschreibung der Sternentstehung berücksichtigt werden muss.
Zukünftige Analysen der JWST-Beobachtungen werden sich nicht nur auf das Gas,
sondern auch auf die Zusammensetzung von Staub und Eis konzentrieren und so
alternative Möglichkeiten bieten, den Ursprung der UV-Strahlung um Protosterne
einzugrenzen. Die Erhöhung der Anzahl der beobachteten Quellen, einschließlich
Beobachtungen, die den gesamten Umfang der Ausflüsse abdecken, wird ein
entscheidender Schritt sein, um die Entstehungsorte für die UV-Strahlung weiter
einzuschränken.
Die Forschungsergebnisse wurden jetzt
in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
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