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JUICE
Jupitermondsonde nahm Erde ins Visier
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
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12. September 2024

Vor rund vier Wochen flog der Jupiter Icy Moons Explorer (JUICE) an Mond und Erde vorüber und machte Beobachtungen von seiner Heimatwelt, um die Instrumente an Bord zu testen. Die Daten können auch zeigen, was eine außerirdische Raumsonde ohne Vorwissen über die Erde und ihre Bewohner erfahren könnte, wenn sie wie JUICE ausgestattet wäre.

Erde

Aufnahme der Navigationskamera von JUICE von der Erde. Bild: ESA / Juice / NavCam [Großansicht]

Der Blick auf die Erde aus dem Weltall ist etwas Besonderes – ganz gleich, ob er durch die Augen von Astronauten oder durch die Messinstrumente einer unbemannten Raumsonde erfolgt. Entsprechende Aufnahmen, wie etwa die erste Farbaufnahme der gesamten Weltkugel durch die Mannschaft der Apollo-8-Mission im Jahre 1968 oder die Pale-Blue-Dot-Fotografie der Raumsonde Voyager 1 vor 34 Jahren, haben einen geradezu ikonischen Status erreicht. Gelegenheit zu einem ebensolchen Perspektivwechsel bot vor etwa vier Wochen der Vorbeiflug der ESA-Raumsonde JUICE an Mond und Erde (astronews.com berichtete).

Um auf ihrer acht Jahre währenden Reise zum Jupiter Fluggeschwindigkeit und -richtung anzupassen, war der Jupiter Icy Moons Explorer (JUICE) zunächst am 19. August 2024 in einem Abstand von 750 Kilometern am Mond, danach - am 20. August 2024 - in einem Abstand von 6840 Kilometern an der Erde vorbeigeflogen. Auch die wissenschaftlichen Messinstrumente, die unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) entwickelt und gebaut wurden, waren beim Doppel-Vorbeiflug eingeschaltet. Während das Submillimetre Wave Instrument (SWI) Zusammensetzung, Temperatur und Dynamik von Atmosphären untersucht, bestimmt der Jovian Electron and Ion Sensor (JEI) des Particle Environment Package (PEP) Energie und Verteilung geladener Teilchen in der Umgebung von Planeten.

Beim Erdvorbeiflug "horchte" SWI nach den Signalen von mehr als hundert Molekülen in der Erdatmosphäre. Das Instrument suchte beispielsweise nach Wasserdampf, nach den als Grundbausteine für Leben geltenden Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel sowie nach Methan und anderen Molekülen, die als Stoffwechselprodukte auf Leben hinweisen. "Bisher haben wir nur einen kleinen Teil der Messdaten ausgewertet", fasst MPS-Wissenschaftler Dr. Paul Hartogh, der das SWI-Team leitet, den aktuellen Stand zusammen. "Es spricht aber schon jetzt einiges dafür, dass die Erde ein heißer Kandidat für die Existenz von Leben ist", fügt er schmunzelnd hinzu.

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Er erwartet, dass das SWI-Team zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wird wie der Astronom Carl Sagan, der berühmte Vorreiter der Suche nach außerirdischem Leben: 1993 hatte der Forscher Messergebnisse des Erdvorbeiflugs der Raumsonde Galileo analysiert und darin deutliche Hinweise auf lebensfreundliche Umweltbedingungen und sogar Leben gefunden. Anders als frühere Weltrauminstrumente setzt SWI auf eine neue Technologie: Das Heterodyn-Spektrometer überlagert das empfangene Signal mit einer Referenzwelle und verschiebt es so in den Bereich klassischer Radiowellen. "SWI ist ein Pionier-Instrument, das so noch nie im tiefen Weltraum zum Einsatz gekommen ist", so Hartogh. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Instruments ist die sehr hohe spektrale Auflösung. So lassen sich auch Signale sehr seltener Spurengase in der Atmosphäre selbst aus großer Entfernung aufspüren.

Beim Erdvorbeiflug gelangen dem Team zum ersten Mal spektroskopische Beobachtungen der Erdatmosphäre bei Frequenzen um 1200 Gigahertz. Es wird erwartet, dass die Erdatmosphäre in diesem Frequenzfenster u. a. Signaturen von Ozon- und Sauerstoffmolekülen aufweist. "Unsere Messungen zeigen eine besondere räumliche Variation des Ozons über der Südpolregion", sagt Dr. Christopher Jarchow vom SWI-Team. "Dies könnte mit einem Ozonloch übereinstimmen, das sich normalerweise zu dieser Jahreszeit zu entwickeln beginnt", ergänzt Dr. Ladislav Rezac, ebenfalls Mitglied des SWI-Teams am MPS. Zum ersten Mal hat das Team Daten von ausreichender Qualität erhalten, um eine Analyse der Windgeschwindigkeiten in der Erdatmosphäre durchzuführen. Windmessungen sind ein wichtiger Bestandteil von SWI und werden routinemäßig in der Jupiteratmosphäre durchgeführt, sobald die Raumsonde ihr endgültiges Ziel erreicht hat.

Auch für das Göttinger Instrument PEP-JEI war der Heimatbesuch eine wichtige Bewährungsprobe. Das Instrument misst die Energie der Ionen und Elektronen, welche die Raumsonde vor Ort umgeben. Im Jupitersystem soll es unter anderem mehr über die Struktur und Dynamik der gewaltigen Jupiter-Magnetosphäre in Erfahrung bringen. Während der vier Zeitfenster, in denen das Instrument während des Manövers eingeschaltet war, durchflog JUICE offenbar verschiedene Bereiche der Erdmagnetosphäre. Dies lässt sich anhand der Messdaten erkennen. So durchquerte die Raumsonde mindestens viermal die Magnetopause, die Grenzfläche zwischen der Erdmagnetosphäre und dem Sonnenwind, und passierte am 21. August 2024 die Bugstoßwelle. An der Bugstoßwelle wird der Sonnenwind, der die Erde mit Überschallgeschwindigkeit umströmt, auf Unterschallgeschwindigkeit abgebremst.

Die Daten zeigen zunächst Teilchen aus dem Einflussbereich der Erdmagnetosphäre, dann abrupt Protonen und Helium-Ionen des Sonnenwindes. Zudem drang JUICE während des Vorbeiflugs in den innersten Bereich der Magnetosphäre vor. Die sogenannte Plasmasphäre schmiegt sich torusförmig um die Erde und reicht bis mindestens 25500 Kilometer ins All. Das vergleichsweise kühle Plasma, das dort vorherrscht, besteht aus Elektronen, Protonen sowie Helium- und Sauerstoff-Ionen. "Die Zusammensetzung der Plasmasphäre ist bisher nur selten gemessen worden", so MPS-Wissenschaftler und PEP-Teammitglied Dr. Markus Fränz. "Die aktuellen Beobachtungen von PEP-JEI lassen sich am besten mit einem sehr hohen Anteil von Sauerstoff-Ionen erklären", fügt er hinzu.

"Beim Erdvorbeiflug ist es uns mit nur wenigen Messungen gelungen, Grundzüge der Magnetosphärenstruktur der Erde aufzudecken. Damit wissen wir nun, dass unser Instrument gut vorbereitet ist für Messungen am Jupiter", so MPS-Wissenschaftler Dr. Norbert Krupp aus dem PEP-Team. Im Jupitersystem wird JUICE deutlich länger verweilen und den Planeten auf vielen verschiedenen Umlaufbahnen umrunden. Die aktuellen Messdaten stimmen die Mitglieder des PEP-JEI-Teams deshalb hoffnungsfroh, dass so ein vollständiges Bild der Plasmaumgebung des Gasriesen entstehen wird.

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siehe auch
JUICE: Vorbeischwungmanöver an Mond und Erde - 16. August 2024
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