Spuren früheren Lebens in Marsgesteinsbrocken Cheyava Falls?
von
Stefan Deiters astronews.com
26. Juli 2024
Im Jezero-Krater des Mars ist der Rover Perseverance
auf einen ganz besonderen Gesteinsbrocken gestoßen: In dem "Cheyava Falls"
genannten Brocken wurden Hinweise darauf entdeckt, dass es vor Milliarden von
Jahren einst mikrobakterielles Leben auf dem Planeten gegeben hat. Allerdings
kommen auch nach andere Erklärungen für die Analyseergebnisse in Betracht.
Nahaufnahme des Gesteinsbrocken Cheyava Falls mit
"Leopardenflecken" und Olivinkristallen (schwarz).
Bild: NASA / JPL-Caltech / MSSS [Großansicht] |
Ein von weißen Adern durchzogener Gesteinsbrocken auf dem Mars hat das
besondere Interesse des Teams des Marsrovers Perseverance geweckt:
Der pfeilspitzenförmige Gesteinsbrocken, der von den Forschenden den
Spitznamen "Cheyava Falls", nach einem Wasserfall im Grand Canyon, bekommen
hat, könnte eventuell Spuren von früherem mikrobakteriellem Leben auf dem Mars
aufweisen. Darauf deutet zumindest eine Analyse des Gesteins mithilfe der
Instrumente an Bord des Rovers hin.
Nachgewiesen wurden chemische Signaturen und bestimmte Strukturen, die vor
Milliarden von Jahren durch Leben entstanden sein könnten. Damals gab es in der
Region, in der Perseverance gerade unterwegs ist, vermutlich fließendes
Wasser. Allerdings kommen auch noch andere Erklärungen für die
beobachteten Merkmale in Betracht, so dass weitere Untersuchungen und Analysen
zu den Entstehungsszenarien der Strukturen nötig sind, um hier sicherer sein zu
können. Die Probenentnahme erfolgte am 21. Juli. Es war die 22.
Gesteinskernprobe des Rovers. Perserverance befindet sich aktuell in
einem Neretva Vallis genannten 400 Meter breiten Tal, das vermutlich einmal von
in den Jezero-Krater strömendem Wasser geformt wurden.
"Wir haben die Route für Perseverance so ausgewählt, dass sie in
Gebiete führt, in denen wir wissenschaftlich interessante Proben nehmen können",
sagte Nicola Fox, stellvertretende Administratorin der Wissenschaftsabteilung im
NASA-Hauptquartier in Washington. "Der Weg durch das Flussbett von Neretva
Vallis hat sich ausgezahlt, da wir etwas gefunden haben, das wir noch nie zuvor
gesehen haben und das den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern viel zu
erforschen geben wird." Untersuchungen mit dem SHERLOC-Instrument (Scanning
Habitable Environments with Raman & Luminescence for Organics & Chemicals) des
Rovers deuten darauf hin, dass das Gestein hier organische Verbindungen enthält.
Zwar gelten kohlenstoffbasierte Moleküle als Bausteine des Lebens, können aber
auch durch nicht-biologische Prozesse entstehen.
"Cheyava Falls ist der rätselhafteste, komplexeste und vielleicht wichtigste
Gesteinsbrocken, den Perseverance bislang untersucht wurde", sagte Ken
Farley, Perseverance-Projektwissenschaftler am Caltech in Pasadena.
"Auf der einen Seite haben wir unseren ersten überzeugenden Nachweis von
organischem Material, markante farbige Flecken, die auf chemische Reaktionen
hinweisen, die mikrobakterielles Leben als Energiequelle genutzt haben könnte,
und klare Beweise dafür, dass Wasser - notwendig für das Leben - einst in das
Gestein eingedrungen ist. Auf der anderen Seite waren wir nicht in der Lage,
genau zu bestimmen, wie sich der Gesteinsbrocken einst gebildet hat." Auch der
Einfluss von anderem Gestein in der Nähe auf die Strukturen bleibt unklar.
Cheyava Falls misst ein Meter mal 0,6 Meter.
Auf der Suche nach Anzeichen für früheres mikrobakterielles Leben
konzentriert sich das Team des Rovers Perseverance auf Gestein, das
möglicherweise vor langer Zeit durch das Vorhandensein von Wasser entstanden ist
oder verändert wurde. Das war auch der Grund für die nähere Untersuchung von
Cheyava Falls. "Hier wurde genau die Art von Beobachtung gemacht, für die
SHERLOC entwickelt wurde und nach organischem Material gesucht, da dieses ein
wesentlicher Bestandteil der Suche nach früherem Leben ist", erläutert Kevin
Hand vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, leitender Wissenschaftler
für SHERLOC.
Über die gesamte Länge des Brockens verlaufen große weiße Kalziumsulfatadern.
Zwischen diesen Adern befinden sich Bänder aus Material, deren rötliche Farbe
auf das Vorhandensein von Hämatit hindeutet, einem der Mineralien, die dem Mars
seinen charakteristischen rostigen Farbton verleihen. Als Perseverance
diese roten Regionen genauer untersuchte, fand es Dutzende von unregelmäßig
geformten, millimetergroßen cremefarbenen Flecken, die jeweils mit schwarzem
Material umrandet waren, ähnlich wie Leopardenflecken. Mithilfe des Instruments
PIXL (Planetary Instrument for X-ray Lithochemistry) von Perseverance
konnte man dann nachweisen, dass diese schwarzen Ränder sowohl Eisen als auch
Phosphat enthalten.
"Diese Flecken sind eine große Überraschung", sagte David Flannery,
Astrobiologe und Mitglied des Perseverance-Wissenschaftsteams von der
Queensland University of Technology in Australien. "Auf der Erde werden
diese Art von Merkmalen in Gesteinen oft mit den fossile Zeugnissen von Mikroben
in Verbindung gebracht, die im Untergrund leben." Auf der Erde können solche
Flecken auf vergleichbarem Gestein auftreten, wenn chemische Reaktionen mit
Hämatit das Gestein von rot nach weiß färben. Bei diesen Reaktionen können auch
Eisen und Phosphat freigesetzt werden, was möglicherweise zur Bildung der
schwarzen Ränder führt. Reaktionen dieser Art können eine Energiequelle für
Mikroben sein.
Nach Ansicht des Teams könnte Cheyava Falls durch die Ablagerung von Schlamm
mit organischen Verbindungen entstanden sein, die sich dann im Laufe der Zeit
verfestigt hat. Zu einem späteren Zeitpunkt ist dann Wasser in Risse in dem
Gestein eingedrungen, wodurch Ablagerungen wie die weißen Kalziumsulfatadern und
die Flecken entstanden. Cheyava Falls gibt dem Team aber noch Rätsel auf: So
wurden in den Adern millimetergroße Olivin-Kristalle entdeckt. Das Mineral
bildet sich in der Regel in Magma. Ist dies eventuell ein Hinweis darauf,
dass die Flecken durch chemische Reaktionen bei hohen Temperaturen entstanden
sind und nichts mit mikrobakteriellem Leben zu tun haben?
Eine Antwort auf diese Frage wird wohl vorerst nicht zu finden sein: "Wir
haben diesen Gesteinsbrocken mit Lasern und Röntgenstrahlen untersucht und ihn
buchstäblich Tag und Nacht aus fast jedem erdenklichen Winkel fotografiert",
sagte Farley. Mehr könne man mit Perseverance nicht tun. "Um
vollständig zu verstehen, was vor Milliarden von Jahren wirklich in diesem
Marstal am Jezero-Krater passiert ist, müssten wir eine Probe von Cheyava
Falls zur Erde zurückbringen, um sie dann mit den leistungsstarken Instrumenten
untersuchen zu können, die in irdischen Labors zur Verfügung stehen."
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die
Erforschung des Roten Planeten |
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