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JAMES WEBB
Baby-Quasare im jungen Universum entdeckt
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Institute of Science and Technology Austria
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15. März 2024

Mit dem Weltraumteleskop James Webb wurden zahlreiche lichtschwache rote Punkte im jungen Universum entdeckt, bei denen es sich um gerade entstehende Quasare handeln könnte. Der Fund würde erklären helfen, wie sich supermassereiche Schwarze Löcher entwickeln und warum einige Quasare größer erscheinen als sie eigentlich sein dürften.

J1148+5251

Riesiger Quasar und kleine rote Punkte. Ein EIGER-JWST-Bild des Quasars J1148+5251 mit zehn Milliarden Sonnenmassen (blaues Kästchen). Zwei "Baby-Quasare" (roten Kästchen) sind im selben Datensatz zu sehen. Bild: NASA, ESA, CSA, J. Matthee (ISTA), R. Mackenzie & S. Lilly (ETH Zurich), D. Kashino (National Observatory of Japan) [Großansicht]

Ein Haufen kleiner roter Punkte in einer winzigen Region unseres Nachthimmels könnte eine unerwartete Entdeckung gleich im ersten Betriebsjahr des James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) darstellen: Bisher waren diese Objekte durch die "Augen" des älteren Hubble-Weltraumteleskops nicht von normalen Galaxien zu unterscheiden. "Ohne für diesen speziellen Zweck entwickelt worden zu sein, hat uns das JWST dabei geholfen, festzustellen, dass es sich bei den lichtschwachen kleinen roten Punkten um kleine Versionen von extrem massereichen Schwarzen Löchern handelt, die sehr weit weg – in der fernen Vergangenheit des Universums – zu finden sind. Diese speziellen Himmelskörper könnten unser Verständnis der Entstehung Schwarzer Löchern verändern", sagt Jorryt Matthee, Assistenzprofessor am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). "Die vorliegenden Ergebnisse könnten uns einen Schritt näher an die Lösung eines der größten Dilemmas der Astronomie bringen: Nach den derzeitigen Modellen sind einige supermassereiche Schwarze Löcher im frühen Universum einfach 'zu schnell' gewachsen. Wie sind sie also entstanden?"

Lange Zeit hielt man Schwarze Löcher für eine mathematische Kuriosität, bis ihre Existenz immer offensichtlicher wurde. Die Allgemeine Relativitätstheorie, die von Albert Einstein vor über einem Jahrhundert veröffentlicht wurde, sagte voraus, dass Schwarze Löcher jede beliebige Masse haben können. Einige der faszinierendsten Schwarzen Löcher sind die supermassereichen Schwarzen Löcher, im Englischen "supermassive black holes", kurz SMBH, genannt. Diese können die millionen- bis milliardenfache Masse unserer Sonne erreichen. Mittlerweile ist sich die Astrophysik einig, dass sich im Zentrum fast jeder großen Galaxie ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Auch im Zentrum der Milchstraße existiert mit Sagittarius A* ein solches. Es hat mehr als das Viermillionenfache der Sonnenmasse.

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Doch nicht alle supermassereichen Schwarzen Löcher sind gleich. Während Sagittarius A* kaum Material verschlingt und daher kaum an Masse zunimmt, wachsen andere Schwarze Löcher extrem schnell, indem sie gewaltige Mengen an Materie verschlingen. Dadurch strahlen sie so viel Licht aus, dass sie bis an den Rand des sich immer weiter ausdehnenden Universums beobachtet werden können. Diese supermassereichen Schwarze Löcher erscheinen uns als Quasare und gehören zu den hellsten Objekten im Universum. "Ein Problem bei Quasaren ist, dass einige von ihnen viel zu massereich zu sein scheinen, vor Allem angesichts des Alters des Universums, in dem diese Quasare beobachtet werden. Wir nennen sie die 'problematischen Quasare'", sagt Matthee.

 Ausgehend von der Entstehung eines Schwarzen Lochs durch das explosive Ende eines massereichen Sterns und einer aus den allgemeinen Gesetzen der Physik abgeleiteten maximalen Wachstumsrate, erscheinen einige dieser Quasare so, als wären sie schneller gewachsen, als es möglich ist. "Es ist wie ein fünfjähriges, aber zwei Meter großes Kind zu sehen. Irgendetwas passt also nicht zusammen", vergleicht Matthee. Könnten supermassereiche Schwarze Löcher vielleicht noch schneller wachsen, als wir ursprünglich dachten? Oder entstehen sie einfach anders?

Jetzt haben Matthee und sein Team mehrere Objekte identifiziert, die auf den JWST-Bildern als kleine rote Punkte erscheinen, bei denen es sich aber offenbar um supermassereiche Schwarze Löcher handelt, die nicht unverhältnismäßig groß sind. Entscheidend für die Feststellung, dass es sich bei diesen Objekten um supermassereiche Schwarze Löcher handelt, war der Nachweis von Hα-Spektrallinien mit breiten Linienprofilen. Hα-Linien sind Spektrallinien im tiefroten Bereich des sichtbaren Lichts. Die Breite der Spektren spiegelt die Bewegung des Gases wider. "Je breiter die Basis der Hα-Linien ist, desto höher ist die Geschwindigkeit des Gases. Diese Spektren verraten uns also, dass wir es mit einer sehr kleinen Gaswolke zu tun haben, die sich extrem schnell bewegt und um etwas sehr Massereiches wie ein supermassereiches Schwarzes Loch kreist", sagt Matthee.

Bei den kleinen roten Punkten handelt es sich jedoch nicht um die riesigen kosmischen Monster, die man in übermäßig großen Quasaren findet. "Während die 'problematischen Quasare' blau und extrem hell sind und die milliardenfache Masse der Sonne erreichen, sind die kleinen roten Punkte eher wie 'Baby-Quasare'. Ihre Massen liegen zwischen zehn und hundert Millionen Sonnenmassen. Außerdem erscheinen sie rot, weil sie staubig sind. Der Staub verschleiert die Schwarzen Löcher und lässt ihr Licht rot aussehen", sagt Matthee. Aber irgendwann wird der Gasausfluss der Schwarzen Löcher den Staubkokon durchdringen, und aus diesen kleinen roten Punkten werden sich Riesen entwickeln. Der ISTA-Astrophysiker und sein Team vermuten daher, dass es sich bei den kleinen roten Punkten um kleine, rote Versionen von riesigen blauen supermassereichen Schwarzen Löchern handelt, die sich in einer frühen Entwicklungsphase befinden. "Die genauere Untersuchung dieser Baby-Quasare wird uns ermöglichen, besser zu verstehen, wie problematische Quasare zustande kommen."

Matthee und sein Team konnten die Baby-Quasare dank der Datensätze der JWST-Beobachtungsprogramme EIGER (Emission-line galaxies and Intergalactic Gas in the Epoch of Reionization) und FRESCO (First Reionization Epoch Spectroscopically Complete Observations) finden. "EIGER wurde entwickelt, um speziell die seltenen blauen supermassereichen Quasare und ihre Umgebungen zu untersuchen. Das Ziel war nicht die kleinen roten Punkte zu finden, aber wir haben sie zufällig im selben Datensatz gefunden. Das liegt daran, dass EIGER mit der Nahinfrarotkamera des JWST Emissionsspektren von allen Himmelskörpern aufnimmt", sagt Matthee. „Wenn Sie Ihren Zeigefinger heben und Ihren Arm vollständig ausstrecken, entspricht der von uns untersuchte Bereich des Nachthimmels etwa einem Zwanzigstel der Oberfläche Ihres Nagels. Bislang haben wir also wahrscheinlich nur an der Oberfläche gekratzt."

Matthee ist zuversichtlich, dass diese Ergebnisse viele neue Forschungsrichtungen eröffnen und zur Beantwortung einiger der großen Fragen über das Universum beitragen werden. "Schwarze Löcher aller Art gehören wohl zu den interessantesten Himmelskörpern überhaupt. Es ist schwer zu erklären, warum sie existieren, aber sie sind eben da. Wir hoffen, dass diese Arbeit uns helfen wird, eines der größten Rätsel des Universums zu lösen", schließt er.

Für die weitere Untersuchung der roten Punkte im frühen Universum erhielten Matthee und sein Team gerade 45 Stunden Beobachtungszeit mit dem JWST bewilligt. Die aktuellen Ergebnisse wurden in der Zeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlicht.

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James Webb entdeckt Baby-Quasare im jungen Universum. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
James Webb: Das Licht der Sterne um zwei entfernte Quasare - 5. Juli 2023
Links im WWW
Matthee, J. et al. (2024): Little Red Dots: An Abundant Population of Faint Active Galactic Nuclei (AGN) at z ~ 5 Revealed by the EIGER and FRESCO JWST Surveys, The Astrophysical Journal, 963, 129
Institute of Science and Technology Austria
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