Die rätselhaften Felsen in der Region Reiner Gamma
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
18. Januar 2024
Auf Aufnahmen der Sonde Lunar Reconnaissance Orbiter haben Forschende
besondere metergroße Felsen in der Region Reiner Gamma auf der Mondoberfläche
entdeckt, die mit Staub bedeckt sind und vermutlich einzigartige Eigenschaften
aufweisen – etwa magnetische Anomalien. Der Staub weist offenbar sehr spezielle
Reflexionseigenschaften auf.
Die in der Arbeit entdeckten meterhohen
Felsen befinden sich in der Nähe des Kraters Reiner K in der
Region Reiner Gamma, die eine magnetische Anomalie aufweist.
Bild: NASA LRO / NAC [Großansicht]
Weiße Felsen mit einzigartigen schwarzen Flecken, auf
denen der Staub potenzielle magnetische Anomalien aufweist.
Bild: NASA LRO / NAC |
Es ist bekannt, dass es auf der Mondoberfläche magnetische Anomalien gibt,
insbesondere in der Nähe einer Region namens Reiner Gamma. Die Frage, ob
Gesteinsbrocken magnetisch sein können, wurde jedoch noch nie untersucht. "Das
derzeitige Wissen über die magnetischen Eigenschaften des Mondes ist sehr
gering, sodass diese neuen Gesteine Aufschluss über die Geschichte des Mondes
und seines magnetischen Kerns geben werden", ordnet Ottaviano Rüsch vom Institut
für Planetologie der Universität Münster die Entdeckung ein. "Dazu haben wir
erstmals die Wechselwirkungen von Staub mit Gesteinsbrocken in der
Reiner-Gamma-Region untersucht – genauer gesagt die Variationen in den
Reflexionseigenschaften dieser Gesteine. Beispielsweise können wir daraus
ableiten, zu welchem Anteil und in welche Richtung das Sonnenlicht von diesen
großen Felsen reflektiert wird."
Die Aufnahmen wurden von der NASA-Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter
durchgeführt, die den Mond umkreist. Ursprünglich war das Forschungsteam an
zerklüfteten Gesteinsbrocken interessiert. Sie hatten zunächst mithilfe
künstlicher Intelligenz etwa eine Million Bilder nach solchen Gesteinsbrocken
durchsucht – diese Aufnahmen stammen ebenfalls vom Lunar Reconnaissance
Orbiter. "Moderne Datenverarbeitungsmethoden ermöglichen uns komplett neue
Einblicke in globale Zusammenhänge – gleichzeitig finden wir auf diese Weise
immer wieder unbekannte Objekte, so wie die anomalen Gesteinsbrocken, die wir in
dieser neuen Studie untersuchen", sagt Valentin Bickel vom Center for Space
and Habitability der Universität Bern.
Der Suchalgorithmus identifizierte rund 130.000 interessante Gesteinsbrocken,
die Hälfte davon untersuchten die Wissenschaftler. "Wir erkannten auf nur einem
Bild einen Felsbrocken mit markanten dunklen Bereichen. Dieses Gestein
unterschied sich stark von allen anderen, da es weniger Licht in Richtung Sonne
zurückstreut als andere Gesteine. Wir vermuten, dass das an der besonderen
Staubstruktur liegt, etwa an der Dichte und der Korngröße des Staubs", erklärt
Rüsch. "Normalerweise ist der Mondstaub sehr porös und reflektiert viel Licht in
die Beleuchtungsrichtung. Wenn der Staub aber kompaktiert wird, steigt
gewöhnlich auch die Helligkeit insgesamt. Dies ist bei den beobachteten
staubbedeckten Felsen nicht der Fall", fügt Marcel Hess von der TU Dortmund
hinzu.
Dies sei eine faszinierende Entdeckung – allerdings stehen die
Wissenschaftler noch am Anfang, diesen Staub und seine Wechselwirkungen mit dem
Gestein zu verstehen. In den kommenden Wochen und Monaten wollen die Forschenden
die Prozesse weiter untersuchen, die zu den Wechselwirkungen zwischen Staub und
Felsen sowie zu der Entstehung der besonderen Staubstruktur führen. Zu diesen
Prozessen gehören zum Beispiel die Anhebung des Staubs aufgrund
elektrostatischer Aufladung oder die Wechselwirkung des Sonnenwinds mit lokalen
Magnetfeldern.
Neben zahlreichen anderen internationalen unbemannten Raumfahrtmissionen zum
Mond schickt die NASA in den kommenden Jahren einen automatischen Rover in die
Reiner-Gamma-Region, um ähnliche Arten von Felsblöcken mit speziellem Staub zu
finden. Auch wenn es noch Zukunftsmusik ist: Ein besseres Verständnis der
Staubbewegung kann beispielsweise bei der Planung menschlicher Siedlungen auf
dem Mond helfen. Denn aus den Erfahrungen der Apollo-Astronauten weiß man, dass
Staub viele Probleme aufwirft, etwa die Verunreinigung technischer Geräte oder
der Raumstationen.
Die Ergebnisse des Teams wurden in der Fachzeitschrift Journal of
Geophysical Research: Planets veröffentlicht.
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