Detaillierter Blick in den innersten Bereich eine Blazars
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
27. Oktober 2023
Mithilfe eines Verbunds von Radioteleskopen auf der Erde und
im Weltraum ist es nun gelungen, das bislang detaillierteste Bild eines
Plasmajets aus der Umgebung eines supermassereichen Schwarzen Lochs zu
gewinnen. Der Jet bewegt sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit und zeigt in der
Nähe seines Ursprungs komplexe, in sich verdrehte Muster - und diese geben den
Forschenden einige Rätsel auf.
Miteinander verschränkte Filamente im Blazar
3C 279, beobachtet im Rahmen des RadioAstron-Programms. Das
Bild zeigt eine komplexe Struktur innerhalb des Jets mit
mehreren Filamenten in der Größe von einigen Lichtjahren, die
eine Helixform bilden. Bild:
NASA / DOE / Fermi LAT Collaboration; VLBA / Jorstad et al.;
RadioAstron / Fuentes et al. [Großansicht] |
Blazare gehören zu den hellsten und stärksten Quellen elektromagnetischer
Strahlung im Kosmos. Sie sind eine Unterklasse aktiver galaktischer Kerne, zu
denen Galaxien mit einem zentralen supermassereichen Schwarzen Loch gehören, das
Materie aus einer umgebenden Scheibe akkretiert. Man bezeichnet sie auch als
Quasare. Etwa zehn Prozent der aktiven galaktischen Kerne, die als Quasare
klassifiziert werden, erzeugen relativistische Plasmajets. Blazare gehören zu
einem kleinen Teil der Quasare, bei denen wir diese Jets fast direkt auf den
Beobachter gerichtet sehen können.
Kürzlich hat ein Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts
für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn den innersten Bereich des Jets im Blazar 3C
279 mit einer noch nie dagewesenen Winkelauflösung abgebildet und dabei
bemerkenswert regelmäßige Filamente entdeckt, die eine Korrektur der bisher
verwendeten theoretischen Modelle erforderlich machen könnten, die erklären,
durch welche Prozesse die Jets in aktiven Galaxien erzeugt werden.
"Dank der Weltraummission RadioAstron, bei der das Radioteleskop in
der Erdumlaufbahn Entfernungen bis zum Mond erreichte, in Verbindung mit einem
Netzwerk von dreiundzwanzig über die Erde verteilten Radioteleskopen haben wir
das bisher höchstaufgelöste Bild vom Inneren eines Blazars erhalten, das es uns
ermöglicht, die innere Struktur des Jets zum ersten Mal so detailliert zu
beobachten", erklärt Antonio Fuentes, ein Forscher am Instituto Astrofísica
Andalucía (IAA-CSIC) im spanischen Granada, der die Arbeit leitete.
Das neue Fenster zum Universum, das die RadioAstron-Mission geöffnet hat, hat
neue Details im Plasmajet von 3C 279 enthüllt, einem Blazar mit einem
supermassereichen Schwarzen Loch in seinem Zentrum. Der Jet besteht aus
mindestens zwei miteinander verdrillten Plasmasträngen, die sich über mehr als
570 Lichtjahre vom zentralen Schwarzen Loch aus ins All erstrecken. "Das ist das
erste Mal, dass wir solche Filamente so nahe am Ursprung des Jets gesehen haben,
und sie verraten uns mehr darüber, wie das Schwarze Loch das Plasma formt. Der
innere Jet wurde auch von zwei anderen Teleskopnetzwerken, dem Global
mm-VLBI Array und dem Event-Horizon-Teleskop, bei viel kürzeren
Wellenlängen (3,5 mm bzw. 1,3 mm) beobachtet, aber sie waren nicht in der Lage,
die filamentartigen Formen zu erkennen, weil sie zu schwach in der Strahlung und
zu ausgedehnt für diese Auflösung waren", sagt Eduardo Ros, Mitglied des
Forschungsteams und europäischer Planer für das GMVA. "Dies zeigt, wie
verschiedene Teleskope unterschiedliche Merkmale desselben Objekts aufdecken
können", fügt er hinzu.
Die Plasmastrahlen, die von Blazaren ausgehen, sind nicht wirklich geradlinig
und gleichmäßig. Sie weisen Drehungen und Wendungen auf, die zeigen, wie das
Plasma durch die Kräfte um das Schwarze Loch herum beeinflusst wird. Die
Astronomen, die diese Drehungen in 3C 279 untersuchten, fanden heraus, dass sie
durch Instabilitäten verursacht werden, die sich im Plasma-Jet entwickeln. Dabei
stellten sie auch fest, dass die bisherige Theorie, um zu erklären, wie sich die
Jets im Laufe der Zeit verändern, nicht mehr funktioniert. Daher werden neue
theoretische Modelle benötigt, die zeigen, wie sich helix-förmigen Filamente so
nahe am Ursprung des Jets bilden und entwickeln können.
Dies ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance, mehr über
diese erstaunlichen kosmischen Phänomene zu erfahren. "Ein besonders
faszinierender Aspekt unserer Ergebnisse ist, dass sie auf das Vorhandensein
eines spiralförmigen Magnetfeldes hindeuten, das den Jet einschließt", sagt
Guang-Yao Zhao, derzeit am MPIfR tätig und Mitglied des Wissenschaftlerteams.
"Es könnte also das Magnetfeld sein, das sich im Uhrzeigersinn um den Jet in 3C
279 dreht, mit dem das Plasma des Jets, das sich mit 0,997-facher
Lichtgeschwindigkeit bewegt, gelenkt und geleitet wird."
"Ähnliche spiralförmige Filamente wurden schon früher in extragalaktischen
Jets beobachtet, allerdings auf viel größerer Skala, wo man annimmt, dass sie
aus verschiedenen Teilen der Strömung resultieren, die sich mit
unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen und gegeneinander scheren", fügt
Andrei Lobanov, ein weiterer MPIfR-Wissenschaftler im Team, hinzu. "Mit dieser
Studie betreten wir ein völlig neues Terrain, in dem diese Filamente tatsächlich
mit den kompliziertesten Prozessen in der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen
Lochs, das den Jet erzeugt, in Verbindung gebracht werden können."
Die Untersuchung des zentralen Jets in 3C 279 erweitert die laufenden
Bemühungen um ein besseres Verständnis der Rolle von Magnetfeldern bei der
ursprünglichen Bildung relativistischer Ausströmungen aus aktiven galaktischen
Kernen. Sie macht auch die zahlreichen verbleibenden Herausforderungen für die
theoretische Modellierung dieser Prozesse deutlich und zeigt die Notwendigkeit
einer weiteren Verbesserung der radioastronomischen Instrumente und Techniken,
die die einzigartige Möglichkeit bieten, entfernte kosmische Objekte mit einer
Rekord-Winkelauflösung abzubilden.
Mithilfe einer speziellen Technik, der sogenannten Very Long Baseline
Interferometry (VLBI), wird ein virtuelles Teleskop mit einem effektiven
Durchmesser, der dem maximalen Abstand zwischen den an einer Beobachtung
beteiligten Antennen entspricht, durch die Kombination und Korrelation von Daten
aus verschiedenen Radioobservatorien erstellt. Der Projektwissenschaftler von
RadioAstron, Yuri Kovalev, der jetzt am MPIfR arbeitet, betont, wie wichtig eine
gute internationale Zusammenarbeit ist, um solche Ergebnisse zu erzielen:
"Observatorien aus zwölf Ländern wurden mithilfe von Atomuhren mit der
Weltraumantenne synchronisiert und bilden so ein virtuelles Teleskop in der
Größe des Abstands zum Mond."
Anton Zensus, Direktor am MPIfR und eine der treibenden Kräfte hinter der
RadioAstron-Mission während der letzten zwei Jahrzehnte, sagt dazu: "Die
Experimente mit RadioAstron, die zu Bildern wie diesen vom Quasar 3C 279 geführt
haben, sind außergewöhnliche Leistungen, die durch die internationale
wissenschaftliche Zusammenarbeit von Observatorien und Wissenschaftlern in
vielen Ländern möglich wurden. Die Mission wurde jahrzehntelang gemeinsam
geplant, bevor der Satellit gestartet wurde. Die eigentlichen Bilder wurden
durch die Verbindung von Großteleskopen am Boden wie Effelsberg und durch eine
sorgfältige Analyse der Daten in unserem VLBI-Korrelationszentrum in Bonn
möglich."
Über ihre Ergebnisse berichtete das Team in der Zeitschrift Nature
Astronomy.
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