Zentralstern eines Planetarischen Nebels in Messier 37 im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Eberhard Karls Universität Tübingen astronews.com
13. Oktober 2023
Erstmals ist es Astronominnen und Astronomen gelungen, den
Zentralstern eines Planetarischen Nebels in einem offenen Sternhaufen zu
untersuchen. Sie nutzten dazu das Gran Telescopio Canarias auf La
Palma, eines der größten Teleskope weltweit. Die Beobachtungen helfen, die
Entwicklung des Sterns besser zu verstehen.
Aufnahme des Planetarischen Nebels im
offenen Sternhaufen Messier 37. Der Sternhaufen enthält einige
hundert Sterne. Der schmetterlingsförmige Nebel wird durch
rotleuchtendes Wasserstoffgas sichtbar.
Bild:
K. Werner et al. [Großansicht] |
Sonnenähnliche Sterne beenden ihr Leben als Weißer Zwerg. Manche davon sind
von einem Planetarischen Nebel umgeben, der aus Gas besteht, das der sterbende
Stern kurz vor seinem Tod abgestoßen hat. Ein internationales Forschungsteam
unter Leitung von Professor Klaus Werner vom Institut für Astronomie und
Astrophysik der Universität Tübingen untersuchte jetzt erstmals einen
Zentralstern eines Planetarischen Nebels, der sich in einem offenen Sternhaufen
befindet. Die Forscherinnen und Forscher konnten die Masse, die der Zentralstern
im Laufe seines Lebens verloren hat, exakt bestimmen.
In unserer Milchstraße gibt es mehr als tausend offene Sternhaufen. Jeder von
ihnen umfasst eine Ansammlung von bis zu einigen tausend Sternen, die
gleichzeitig aus einer dichten Wolke von Gas und Staub entstanden sind. "Dass
die Sterne eines Haufens alle das gleiche Alter haben, hat für die Astrophysik
eine besondere Bedeutung", berichtet Werner. Sie unterschieden sich lediglich in
ihrer Masse. "Je massereicher ein Stern ist, desto schneller verbraucht er
seinen Kernbrennstoff durch die Fusion von Wasserstoff zu Helium. Desto kürzer
ist auch sein Leben und desto schneller die Entwicklung zum Weißen Zwerg".
Die Beobachtung eines Sternhaufens zeige wie ein Schnappschuss, wie weit
entwickelt Sterne unterschiedlicher Masse im jeweils gleichen Alter zu einem
bestimmten Zeitpunkt sind, sagt Werner: "In der Astronomie lassen sich
Sternhaufen als eine Art Labor nutzen, in dem wir messen können, wie zuverlässig
unsere Theorien der Sternentwicklung sind." Eine der größten Unsicherheiten in
der Theorie der Sternentwicklung sei bisher die Frage, wie viel Materie ein
Stern im Laufe seines Lebens verliert. Dieser Massenverlust sei erheblich.
"Sterne wie unsere Sonne verlieren knapp die Hälfte ihrer Masse, bis sie sich
zum Weißen Zwerg entwickelt haben. Sterne mit der achtfachen Masse der Sonne
verlieren sogar rund 80 Prozent ihrer Masse", sagt der Astrophysiker.
Die Beziehung zwischen der Geburtsmasse der Sterne und der Masse zum
Zeitpunkt des Todes als Weißer Zwerg bezeichnet man in der Astronomie als die
Anfangs-Endmassen-Relation. Die Masse von Weißen Zwergen in Sternhaufen könne
bei der Beobachtung direkt mit der Masse in Beziehung gesetzt werden, die diese
bei ihrer Geburt hatten, berichtet Werner: "Ganz besonders aussagekräftig sind
die Daten sehr junger Weißer Zwerge, genau das sind Zentralsterne Planetarischer
Nebel." Man kenne bisher nur drei Sternhaufen, die einen Planetarischen Nebel
enthalten. "Bisher war noch keiner von deren Zentralsternen untersucht worden,
weil sie alle sehr weit entfernt und lichtschwach sind."
Das Forschungsteam hat nun eines der größten Teleskope der Welt, das
Zehn-Meter-Teleskop GRANTECAN auf der Kanareninsel La Palma, auf den
Zentralstern im Sternhaufen Messier 37 gerichtet und dessen Spektrum analysiert.
Die Masse wurde auf 0,85 Sonnenmassen bestimmt und die ursprüngliche Masse auf
2,8 Sonnenmassen. "Der Stern hat also im Laufe seines Lebens 70 Prozent seiner
Materie verloren", erklärt Werner. Eine weitere Besonderheit sei seine spezielle
chemische Zusammensetzung. Er habe keinen Wasserstoff mehr an der Oberfläche,
was auf ein ungewöhnliches Ereignis in seiner jüngsten Vergangenheit hindeute:
ein kurzzeitiges Wiederaufflammen der Kernfusion.
Die genaue Kenntnis der Anfangs-Endmassen-Relation ist von fundamentaler
Bedeutung in der Astrophysik, sagt Werner. Sie entscheide darüber, ob ein Stern
sich zum Weißen Zwerg entwickelt, in einer Supernova-Explosion zum
Neutronenstern wird oder gar ein Schwarzes Loch als Endstadium übrigbleibt.
"Andererseits werden aus der ausgestoßenen Materie neue Sterngenerationen
gebildet, die mit schweren Elementen als Produkte von Kernreaktionen
angereichert sind. Davon hängt die chemische Entwicklung von Galaxien und
letztendlich des gesamten Universums ab."
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in der Fachzeitschrift Astronomy
& Astrophysics.
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