Nächste Entwicklungsphase für neues Sonnenteleskop
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
27. Juli 2023
Auf der Kanareninsel La Palma ist mit dem European Solar
Telescope ein neues leistungsfähiges Sonnenobservatorium geplant, das der
Forschung einen ganz neuen Blick auf unseren Zentralstern ermöglichen und so
auch die Vorhersage des Weltraumwetters verbessern helfen soll. Für die nächste
Entwicklungsphase wurde nun eine Stiftung gegründet, an der auch zwei deutsche
Institute beteiligt sind.
So soll das geplante European Solar Telescope
auf La Palma einmal aussehen.
Bild: IDOM [Großansicht] |
Insgesamt neun Institutionen aus sieben europäischen Ländern haben am
Dienstag in Santa Cruz de Tenerife auf der spanischen Insel Teneriffa die
Gründungurkunde der Stiftung European Solar Telescope Canarian Foundation
unterzeichnet. Die Stiftung verleiht dem Projektkonsortium die notwendige
Rechtsform, ebnet den Weg für den künftigen Bau des European Solar Telescope
(EST) und wird das Projekt in die nächste Entwicklungsphase führen. Die
beteiligten Länder sind die Tschechische Republik, Deutschland, die Slowakei,
Spanien, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Deutschland
beteiligt sich an EST durch das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
(MPS) in Göttingen und das Leibniz-Institut für Sonnenphysik in Freiburg, die
seit dem Start des Projekts im Jahr 2008 beteiligt sind. Die Rolle des MPS
konzentriert sich auf die Entwicklung der nächsten Generation
spektropolarimetrischer Instrumente, sogenannter Integraler Feldeinheiten. Erst
mit ihnen kann das volle Potenzial des EST zur Messung schneller und
kleinräumiger Prozesse in der Sonnenatmosphäre ausgeschöpft werden.
Die vorläufige Entwurfsphase des Teleskops, finanziert durch das Programm
Horizon 2020 der Europäischen Kommission, wurde kürzlich abgeschlossen. Die
Gründung der EST-Stiftung ist nun ein entscheidender Meilenstein, das Projekt in
Richtung Bauphase voranzutreiben. Eines der Hauptziele der Stiftung ist die
Gründung eines Europäischen Forschungsinfrastruktur-Konsortiums (ERIC), in dem
die nationalen Ministerien der Partnerländer zusammenarbeiten werden. Das
EST-ERIC wird die juristische Person sein, die für die Überwachung aller Aspekte
des Baus und des Betriebs dieser großen Forschungsinfrastruktur verantwortlich
ist. Das MPS geht mit seinem Beitritt zur EST-Stiftung einen bedeutenden
Schritt. Die beteiligten Einrichtungen erhalten Entscheidungsbefugnis über alle
künftigen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Aspekte des
Projekts.
Das European Solar Telescope soll das größte jemals in Europa
gebaute Sonnenteleskop werden. Mit einem Durchmesser des Primärspiegels von 4,2
Metern, modernster Technologie und spezialisierten Instrumenten wird das EST
Astronominnen und Astronomen ein konkurrenzloses Instrument zur Beobachtung der
Sonne an die Hand geben. Das Sonnenteleskop wird am Observatorium Roque de los
Muchachos auf der Kanareninsel La Palma gebaut, das weltweit als erstklassiger
Standort für astronomische Beobachtungen bekannt ist.
EST wurde 2016 in den Fahrplan des Europäischen Strategieforums für
Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) aufgenommen und gilt daher als strategische
Forschungsinfrastruktur für Europa. Eines der Hauptziele ist es, unser
Verständnis der Sonne durch die Beobachtung ihrer Magnetfelder in noch nie
dagewesener Detailgenauigkeit zu verbessern. EST wird in der Lage sein, Signale
zu messen, die derzeit im Rauschen verborgen sind, und die Existenz bisher
unbekannter, winziger magnetischer Strukturen auf der Sonne aufzudecken. Durch
das Untersuchen der magnetischen und dynamischen Kopplung der Sonnenatmosphäre
wird EST wertvolle Erkenntnisse über die Mechanismen liefern, die
Sonneneruptionen und koronalen Massenauswürfen zugrunde liegen. Diese Phänomene
bestimmen das sogenannte Weltraumwetter, das einen starken Einfluss auf unsere
technologische Gesellschaft hat.
Der optische Aufbau und die Instrumentierung von EST wurden sorgfältig
konzipiert, um die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen
Atmosphärenschichten der Sonne zu erfassen. Darüber hinaus wird ein umfassender
Satz von Instrumenten installiert, um gleichzeitige Beobachtungen bei
verschiedenen Wellenlängen zu ermöglichen. Diese einzigartige Fähigkeit wird EST
eine höhere Effizienz im Vergleich zu bestehenden oder zukünftigen Teleskopen
verleihen, unabhängig davon, ob es sich um bodengebundene Teleskope oder solche
im Weltraum handelt. Das größte Sonnenteleskop in Europa stellt somit eine
technologische Herausforderung dar, die Europa nach ihrem Bau nicht nur in der
Sonnenforschung und der Entwicklung von Instrumenten an die Spitze bringen
könnte, sondern auch bei der Verbesserung der Weltraumwettervorhersage.
|