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ERDE
Präzises Modell der Ionosphäre der Erde
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
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24. April 2023

Mithilfe von Satellitendaten aus 19 Jahren und Auswertung auf Basis Neuronaler Netze konnte jetzt die Elektronendichte in der Ionosphäre sehr viel besser als bisher modelliert werden. Da die geladenen Teilchen in der Ionosphäre Funksignale beeinträchtigen, sind solche Modelle wichtig für eine Reihe von Anwendungen, etwa auch für die globale Satellitennavigation.

Ionosphäre

Modell der Elektronendichte der oberen Ionosphäre rund um die Erde zu einem Zeitpunkt des Tages (0:00 Uhr Universalzeit): hohe Dichten in Rot, geringe in Blau. Die weiße Linie markiert den geomagnetischen Äquator. Bild: Smirnov et al. (2023) - Scientific Reports, CC-BY 4.0 [Großansicht]

Die Ionosphäre der Erde ist der Bereich der oberen Atmosphäre, der sich von etwa 60 bis 1000 Kilometer Höhe erstreckt. Hier dominieren, hervorgerufen durch die Strahlungsaktivität der Sonne, geladene Teilchen wie Elektronen und positive Ionen – daher auch der Name. Die Ionosphäre ist für etliche wissenschaftliche aber auch industrielle Anwendungen wichtig, weil die geladenen Teilchen die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen wie Funksignalen beeinflussen. So ist die sogenannte ionosphärische Laufzeitverzögerung von Funksignalen eine der wichtigsten Störquellen für die Satellitennavigation.

Diese ist proportional zur Elektronendichte im durchlaufenen Raum. Daher kann eine gute Kenntnis der Elektronendichte bei der Korrektur der Signale helfen. Insbesondere ist der obere Bereich der Ionospähre, oberhalb von 600 Kilometern, von Interesse, da in dieser sogenannten Topside-Ionosphäre 80 Prozent der Elektronen versammelt sind. Das Problem: Die Elektronendichte variiert stark – abhängig von der Länge und Breite über der Erde, der Tages- und Jahreszeit und der Sonnenaktivität. Das erschwert ihre Rekonstruktion und Vorhersage, die Basis zum Beispiel für die Korrektur von Funksignalen.

Zur Modellierung der Elektronendichte in der Ionosphäre gibt es verschiedene Ansätze, unter anderem das Internationale Referenz-Ionosphärenmodell IRI, das seit 2014 anerkannt ist. Es ist ein empirisches Modell, bei dem auf Grundlage der statistischen Analyse von Beobachtungen eine Beziehung zwischen Eingangs- und Ausgangsvariablen hergestellt wird. Allerdings hat es im wichtigen Bereich der Topside-Ionosphäre noch Schwächen, weil die Datenabdeckung für diese Region limitiert war. Seit kurzem stehen jedoch auch für diesen Bereich große Datenmengen zur Verfügung. Daher bieten sich Ansätze des Maschinellen Lernens (ML) an, um hieraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, insbesondere für komplexe nicht-lineare Zusammenhänge.

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Ein Team des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ um Doktorand Artem Smirnov und Yuri Shprits, Leiter der Sektion "Weltraumphysik und Weltraumwetter", hat einen neuen ML-basierten empirischen Ansatz verfolgt. Hierfür nutzten sie Daten von Satellitenmissionen aus 19 Jahren, insbesondere CHAMP, GRACE und GRACE-FO, die maßgeblich vom GFZ mitbetrieben wurden und werden, und COSMIC. Die Satelliten haben – unter anderem – die Elektronendichte in verschiedenen Höhenbereichen der Ionosphäre vermessen und decken verschiedene Jahres- und Ortszeiten sowie Sonnenzyklen ab.

Mithilfe von Neuronalen Netzen haben die Forschenden hieraus dann ein Modell für die Elektronendichte der Topside-Ionosphäre entwickelt, das sie NET-Modell nennen. Dabei wandten sie die sogenannte MLP-Methode (Multi-Layer Perceptrons) an, bei der die Eingangsdaten in verschiedenen Schritten optimiert gewichtet werden. Anschließend haben die Forschenden das Modell dann mit unabhängigen Messungen von drei anderen Satellitenmissionen getestet.

"Unser Model stimmt in bemerkenswerter Weise mit den Messungen überein: Es kann die Elektronendichte in allen Höhenbereichen der Topside-Ionosphäre, in allen Bereichen um die Erde, zu allen Jahres- und Tageszeiten und verschiedenen Leveln der Sonnenaktivität sehr gut rekonstruieren und es übertrifft das Internationale Referenz-Ionosphärenmodell IRI signifikant an Genauigkeit. Darüber hinaus deckt es den Raum kontinuierlich ab", urteilt Smirnov und Shprits ergänzt: "Diese Studie stellt einen Paradigmenwechsel in der Ionosphärenforschung dar, denn sie zeigt, dass ionosphärische Dichten mit sehr hoher Genauigkeit rekonstruiert werden können. Das NET-Modell bildet die Auswirkungen zahlreicher physikalischer Prozesse ab, die die Dynamik der Topside-Ionosphäre bestimmen, und kann in der Ionosphärenforschung breite Anwendung finden."

Mögliche Anwendungen dort sehen die Forschenden zum Beispiel in Studien zur Wellenausbreitung, zur Kalibrierung neuer Elektronendichte-Datensätze mit oft unbekannten Baseline-Offsets, für tomographische Rekonstruktionen in Form eines Hintergrundmodells sowie zur Analyse spezifischer Weltraumwetterereignisse und zur Durchführung langfristiger Ionosphären-Rekonstruktionen. Darüber hinaus kann das entwickelte Modell mit plasmasphärischen Höhen verbunden werden und somit eine neue Topside-Option für das IRI darstellen. Der entwickelte Rahmen ermöglicht die nahtlose Einbindung neuer Daten und neuer Datenquellen. Das Umlernen des Modells, also das Trainieren an den neuen Daten, kann auf einem Standard-PC erfolgen und regelmäßig durchgeführt werden. Insgesamt stellt das NET-Modell eine erhebliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Methoden dar und verdeutlicht das Potenzial von Modellen auf Basis Neuronaler Netze für eine genauere Darstellung der Ionosphäre für Kommunikations- und Navigationssysteme, die auf globale Satellitennavigationssysteme angewiesen sind.

Über die Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature Scientific Reports erschienen ist.

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Präzises Modell der Ionosphäre der Erde. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
Links im WWW

Smirnov, A. et al. (2023): A novel neural network model of Earth’s topside ionosphere, Sci Rep 13, 1303
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
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