Wie der Klimawandel astronomische Beobachtungen beeinflusst
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
27. September 2022
Astronomische Beobachtungen mit bodengebundenen Teleskopen
sind extrem abhängig von lokalen atmosphärischen Bedingungen. Der menschgemachte
Klimawandel wird, so eine neue Studie, einige dieser Bedingungen an Beobachtungsstandorten rund um den
Globus negativ beeinflussen und sollte bei der Standortsuche für künftige
Teleskope berücksichtigt werden.
Die Teleskope des Very Large Telescope bei
Nacht.
Foto: M. Cirano / ESO [Großansicht] |
Die Qualität bodengebundener astronomischer Beobachtungen hängt entscheidend
von der Klarheit der Atmosphäre über dem Ort ab, von dem aus sie gemacht werden.
Die Standorte für Teleskope werden daher sehr sorgfältig ausgewählt. Sie werden
oft hoch über dem Meeresspiegel gebaut, so dass weniger Atmosphäre zwischen
ihnen und ihren Zielen steht. Viele Teleskope werden auch in Wüsten gebaut, da
Wolken und sogar Wasserdampf eine klare Sicht auf den Nachthimmel behindern.
Ein Team von Forschenden unter der Leitung der Universität Bern und des
Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS zeigt in einer Studie, wie eine
der größten Herausforderungen unserer Zeit – der menschgemachte Klimawandel –
nun selbst unseren Blick in den Kosmos beeinträchtigt.
"Obwohl Teleskope in der Regel eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten
haben, werden bei der Standortwahl die atmosphärischen Bedingungen nur für einen
kurzen Zeitraum berücksichtigt. In der Regel sind das die letzten fünf Jahre –
zu kurz, um langfristige Trends zu erfassen, geschweige denn zukünftige
Veränderungen durch die globale Erwärmung abzubilden", sagt Caroline Haslebacher,
Hauptautorin der Studie und Forscherin am Nationalen Forschungsschwerpunkt NFS
PlanetS an der Universität Bern. Das Forschungsteam, zusammengesetzt aus
Forschenden der Universität Bern und des NFS PlanetS, der ETH Zürich, der
Europäischen Südsternwarte ESO sowie der University of Reading in
Großbritannien, hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, diese langfristige
Perspektive aufzuzeigen.
Ihre Analyse künftiger Klimatrends, die auf hochauflösenden globalen
Klimamodellen basieren, zeigt, dass bedeutende astronomische Observatorien von
Hawaii bis zu den Kanarischen Inseln, Chile, Mexiko, Südafrika und Australien
bis 2050 wahrscheinlich einen Anstieg der Temperatur und des atmosphärischen
Wassergehalts erleben werden. Dies wiederum könnte zu einem Verlust an
Beobachtungszeit und einem Qualitätsverlust der durchgeführten Beobachtungen
führen.
"Heutzutage sind astronomische Observatorien auf die aktuellen
Standortbedingungen ausgelegt und haben nur wenige Möglichkeiten zur Anpassung.
Mögliche Folgen der klimatischen Bedingungen für die Teleskope sind daher etwa
ein erhöhtes Kondensationsrisiko durch einen erhöhten Taupunkt oder schlecht
funktionierende Kühlsysteme, die dann zu mehr Luftturbulenzen in der
Teleskopkuppel führen können", sagt Haslebacher.
Dass die Auswirkungen des Klimawandels auf Observatorien bisher nicht
berücksichtigt wurden, war kein Versehen, wie Studienmitautorin Marie-Estelle
Demory sagt, sondern lag nicht zuletzt am Stand der Technik: "Es ist das erste
Mal, dass eine solche Studie überhaupt möglich war. Dank der höheren Auflösung
der globalen Klimamodelle, die im Rahmen des Horizon 2020-Projekts PRIMAVERA
entwickelt wurden, konnten wir die Bedingungen an verschiedenen Orten des Globus
sehr genau untersuchen – etwas, das wir mit herkömmlichen Modellen nicht tun
konnten. Diese Modelle sind wertvolle Werkzeuge für unsere Arbeit an der Wyss
Academy", so die leitende Forscherin an der Universität Bern und Mitglied der
Wyss Academy for Nature. "Das erlaubt es uns nun mit Sicherheit zu
sagen, dass bei der Standortwahl für Teleskope der nächsten Generation, beim Bau
und bei der Wartung von astronomischen Einrichtungen der anthropogene
Klimawandel berücksichtigt werden muss", unterstreicht Haslebacher.
Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
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