Größtes Nahinfrarotbild ermöglicht Suche nach außergewöhnlichen Galaxien
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Astronomie astronews.com
8. Juni 2022
Ein internationales Team hat jetzt das größte Nahinfrarotbild veröffentlicht,
das das Hubble-Weltraumteleskop je aufgenommen hat. Es ermöglicht es, die
Sternentstehungsgebiete des Universums zu kartieren und zu lernen, wie die
frühesten und entferntesten Galaxien entstanden sind. In der
Durchmusterung könnten sich auch interessante Ziele für das
Weltraumteleskop James Webb finden.
Galaxien, die im Rahmen des
3D-DASH-Programms beobachtet wurden, erstellt mit
3D-DASH/F160W- und ACS-COSMOS/F814W-Aufnahmen von
Hubble.
Bild: Lamiya Mowla [Großansicht] |
"Seit seinem Start vor mehr als 30 Jahren hat das Hubble-Weltraumteleskop
eine Renaissance in der Erforschung der Entwicklung von Galaxien der letzten
zehn Milliarden Jahre des Universums ausgelöst", sagt Lamiya Mowla, Dunlap
Fellow am Dunlap Institute for Astronomy & Astrophysics der Fakultät
für Kunst und Wissenschaft der Universität Toronto. "Das 3D-DASH-Programm
vergrößert das Erbe von Hubble im Hinblick auf Weitwinkelaufnahmen
insofern, als dass wir damit beginnen können, die Geheimnisse der Galaxien
jenseits unserer eigenen zu enträtseln."
Die hochauflösende Durchmusterung mit dem Namen 3D-DASH bietet den
Forscherinnen und Forschern zum ersten Mal eine vollständige
Nahinfrarot-Durchmusterung des gesamten COSMOS-Feldes, eines der reichhaltigsten
Datensätze für extragalaktische Studien außerhalb der Milchstraße. Da das nahe
Infrarot die längste und röteste Wellenlänge ist, die mit Hubble
beobachtet werden kann – knapp jenseits dessen, was für das menschliche Auge
sichtbar ist – können die Astronominnen und Astronomen die frühesten und am
weitesten entfernten Galaxien besser erkennen.
Außerdem müssen sie einen großen Bereich des Himmels absuchen, um seltene
Objekte im Universum zu finden. Bislang war ein so großes Bild nur vom Boden aus
verfügbar und litt unter einer schlechten Auflösung, was die
Beobachtungsmöglichkeiten einschränkte. 3D-DASH wird dazu beitragen,
einzigartige Phänomene wie die massereichsten Galaxien des Universums,
hochaktive Schwarze Löcher und Galaxien zu identifizieren, die kurz davor
stehen, miteinander zu kollidieren und zu verschmelzen.
"Ich bin neugierig auf Riesengalaxien, die massereichsten Galaxien im
Universum, die durch die Verschmelzung anderer Galaxien entstanden sind. Wie
haben sich ihre Strukturen entwickelt und was hat ihre Form verändert?", sagt
Mowla, die 2015 als Doktorandin an der Yale University mit dem Projekt
begann. "Es war schwierig, diese extrem seltenen Ereignisse mit vorhandenen
Aufnahmen zu untersuchen, und das war der Grund für die Konzeption dieser großen
Durchmusterung."
Um einen so ausgedehnten Himmelsbereich abzubilden, setzten das Team eine
neue Technik mit Hubble ein, die als Drift And SHift (DASH)
bekannt ist. DASH erzeugt ein Bild, das achtmal größer ist als das
Standard-Sichtfeld von Hubble, indem mehrere Aufnahmen gemacht werden,
die dann zu einem Gesamtmosaik zusammengefügt werden, ähnlich wie bei der
Aufnahme eines Panoramabildes mit einem Smartphone.
DASH nimmt auch schneller Bilder auf als die übliche Methode, indem es acht
Bilder pro Hubble-Umlaufbahn macht, anstatt eines einzigen Bildes, wodurch in
250 Stunden erreicht wird, was vorher 2000 Stunden gedauert hätte. "3D-DASH fügt
dem COSMOS-Feld eine neue Ebene einzigartiger Beobachtungen hinzu und ist auch
ein Sprungbrett für die Weltraumdurchmusterungen des nächsten Jahrzehnts",
erklärt Ivelina Momcheva, Leiterin der Datenwissenschaft am Max-Planck-Institut
für Astronomie in Heidelberg und leitende Wissenschaflerin der Studie. "Sie gibt
uns einen Vorgeschmack auf zukünftige wissenschaftliche Entdeckungen und
ermöglicht uns die Entwicklung neuer Techniken zur Analyse dieser großen
Datensätze."
3D-DASH deckt eine Gesamtfläche ab, die von der Erde aus gesehen fast
sechsmal so groß ist wie der Mond am Himmel. Dieser Rekord wird wahrscheinlich
auch vom Hubble-Nachfolger JWST nicht gebrochen werden. Dieses wurde eher für
empfindliche Nahaufnahmen gebaut, um feine Details eines kleinen Gebiets zu
erfassen. Es ist das größte Nahinfrarotbild des Himmels, das Astronomen zur
Verfügung steht, bis die nächste Generation von Teleskopen wie das Nancy
Grace Roman Space Telescope und Euclid im nächsten Jahrzehnt in
Betrieb gehen.
Bis es soweit ist, können professionelle Astronomen und auch interessierte
Amateure den Himmel mit einer interaktiven Online-Version des 3D-DASH-Bildes
erkunden, die von Gabriel Brammer, Professor am Cosmic Dawn Center des
Niels-Bohr-Instituts der Universität Kopenhagen, erstellt wurde.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen wird.
|