Junge Sonne lässt neue Sterne entstehen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Köln astronews.com
14. April 2021
Der Nebel RCW 120 ist deutlich jünger als man bislang
angenommen hatte. Das ergaben Beobachtungen mit dem Flugzeug-Observatorium
SOFIA. Wind des zentralen Sterns im Nebel komprimiert zudem umgebende Gaswolken
und fördert durch die entstehende Energie die Entstehung neuer Sterne - und dies
auf vergleichsweise kurzen Zeitskalen.
Der Nebel RCW 120 in einer Aufnahme des
Infrarot- Weltraumteleskops Herschel.
Bild: ESA / PACS / SPIRE / HOBYS Consortia [Großansicht] |
Am Südhimmel, etwa 4300 Lichtjahre von der Erde entfernt, liegt RCW 120, eine
riesige leuchtende Wolke aus Gas und Staub. Ein internationales Team, das
hauptsächlich von Forschern und Forscherinnen der Universität Köln und der
West Virginia University in den USA geleitet wurde, konnte das Alter von
RCW 120 auf weniger als 150.000 Jahre eingrenzen, was sehr jung für einen
solchen Nebel ist.
Die Untersuchungen ergaben, dass die stellare Rückkopplung – ein Prozess, bei
dem Sterne Energie zurück in ihre Umgebung abgeben – die Sternbildung in der
Umgebung positiv beeinflusst. Diese Erkenntnisse können Aufschluss über die hohe
Rate an Sternentstehungen im frühen Stadium unseres Universums geben.
Das Forschungsteam untersuchte den Nebel auf der fliegenden Sternwarte SOFIA
um die Auswirkungen der stellaren Rückkopplung zu analysieren. RCW 120 ist ein
sogenannter Emissionsnebel, der Licht in verschiedenen Wellenlängen abstrahlt.
Etwa sieben Lichtjahre vom Zentrum von RCW 120 entfernt liegt der Rand der
Wolke, wo sich eine Fülle von Sternen bildet. Um zu verstehen, wie all diese
Sterne entstehen, muss man tief in den Ursprung des Nebels eindringen.
RCW 120 hat einen jungen, massereichen Stern in seinem Zentrum, der starke
Sternwinde erzeugt. Die Sternwinde dieses Sterns ähneln denen unserer eigenen
Sonne – sie schleudern Material von ihrer Oberfläche ins All. Dieser Sternwind
komprimiert die umgebenden Gaswolken. Die Energie, die dem Nebel zugeführt wird,
löst die Bildung neuer Sterne in den Wolken aus. Die Anwesenheit des
massereichen Zentralsterns wirkt sich also positiv auf die zukünftige
Sternentstehung aus.
Solche Beobachtungen zur Untersuchung der Wechselwirkungen massereicher
Sterne mit ihrer Umgebung werden im Rahmen des SOFIA-Programmes FEEDBACK
durchgeführt, einem internationalen Projekt unter der Leitung von Dr. Nicola
Schneider von der Universität Köln und Prof. Alexander Tielens von der
University of Maryland, das den 2015 auf SOFIA installierten Empfänger
upGREAT des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie und der Universität Köln
nutzt.
SOFIA ist ein "fliegendes Observatorium", das aus einem 2,7-Meter-Teleskop
besteht und von einem modifizierten Flugzeug vom Typ Boeing 747SP getragen wird.
Es ist eine Kooperation zwischen dem Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) und der NASA und wird vom Deutsches SOFIA Institut und der
Universities Space Research Association koordiniert. SOFIA beobachtet im
infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, also knapp jenseits
dessen, was der Mensch sehen kann.
Die Flughöhe von SOFIA liegt oberhalb von 13 Kilometern. Damit fliegt die
Boeing über dem Großteil des Wasserdampfes der Erdatmosphäre, der ansonsten das
Infrarotlicht abblockt. So können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
einen Wellenlängenbereich beobachten, der von der Erde aus nicht zugänglich ist.
Über Nacht beobachtet das In-Flight-Observatorium himmlische Magnetfelder,
Sternentstehungsgebiete wie etwa RCW 120 sowie Kometen und Nebel.
"Wir haben mit unseren Beobachtungen herausgefunden, dass RCW 120 mit 15 km/s
expandiert, was für einen Nebel unglaublich schnell ist. Aus dieser
Expansionsgeschwindigkeit konnten wir eine Altersgrenze für die Wolke ableiten
und fanden heraus, dass RCW 120 viel jünger ist als bisher angenommen", so
Schneider. Mit dieser Altersschätzung konnten die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler wiederum auf die Zeit schließen, die die Sternentstehung am
Rande des Nebels brauchte, um nach der Entstehung des Zentralsterns in Gang zu
kommen.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass positive Rückkopplungsprozesse auf
sehr kurzen Zeitskalen auftreten, und dass diese Mechanismen für die hohen
Sternentstehungsraten verantwortlich sein könnten, die in der Frühphase des
Universums auftraten. Für die Zukunft hofft das Team, diese Art der Analyse auf
die Untersuchung weiterer Sternentstehungsgebiete auszuweiten.
"Die anderen Regionen, die wir mit FEEDBACK untersuchen, befinden sich in
unterschiedlichen Entwicklungsstadien und haben unterschiedliche Morphologien.
Einige haben viele massereiche Sterne, in ihrem Zentrum. Im Gegensatz dazu hat
RCW 120 nur einen", so Schneider. "Mit diesen Informationen können wir
feststellen, welche Prozesse die ausgelöste Sternentstehung hauptsächlich
antreiben und wie sich diese Prozesse zwischen den verschiedenen
Sternentstehungsgebieten unterscheiden."
Die Ergebnisse der Beobachtungen wurden jetzt in einem Fachartikel
veröffentlicht, der in der Zeitschrift Science Advances erschienen ist.
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