Diamanten aus dem All
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt am Main astronews.com
9. November 2020
Forschende haben in Meteoriten einige besonders große
extraterrestrische Diamanten gefunden. Sie dürften in der Frühzeit unseres
Sonnensystems durch die Kollision von Kleinplaneten miteinander oder mit großen
Asteroiden entstanden sein. Bislang hatte man angenommen, dass solche Diamanten
tief im Innern von mindestens merkurgroßen Planeten entstanden sind.
Raman-spektroskopisches Fehlfarbenbild des
Ureilites. Diamant (rot), Graphit (blau).
Bild: Cyrena Goodrich [Großansicht] |
Schätzungsweise mehr als zehn Millionen Asteroiden kreisen im
Asteroidengürtel um die Sonne. Sie sind Überbleibsel aus der Frühzeit unseres
Sonnensystems, als sich unsere Planeten aus einer großen, um die Sonne
rotierenden Gas- und Staubwolke bildeten. Wenn Asteroiden aus der Umlaufbahn
geworfen werden, stürzen sie zuweilen als Meteoroide auf die Erde. Sind sie groß
genug, so verglühen sie beim Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig und
können als Meteorite gefunden werden. Die geowissenschaftliche Untersuchung
solcher Meteorite ermöglicht Rückschlüsse auf die Entstehung, Entwicklung aber
auch den Untergang von Planeten im Sonnensystem.
Eine besondere Art von Meteoriten sind die Ureilite. Sie sind Fragmente eines
größeren Himmelskörpers – wahrscheinlich eines Kleinplaneten – der durch
gewaltige Kollisionen mit anderen Kleinplaneten oder großen Asteroiden
vollständig zertrümmert wurden. Ureilite enthalten häufig größere Mengen an
Kohlenstoff, unter anderem in Form von Graphit oder Nano-Diamanten.
Die nun entdeckten Diamanten mit Größen von über 0,1 und mehr Millimetern
können nicht beim Aufprall der Meteoroide auf die Erde entstehen. Impakt-Ereignisse
mit solch großen Energien würden zur vollständigen Verdampfung des Meteoriden
führen. Daher ging man bisher davon aus, dass diese größeren Diamanten – ähnlich
wie im Erdinneren – durch lange andauernden Druck im Inneren von Mars- oder
Merkur-großen Planetenvorläufern entstanden sein mussten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität haben jetzt
zusammen mit Forschenden aus Italien, den USA, Russland, Saudi-Arabien, der
Schweiz und dem Sudan in Ureiliten aus Marokko und dem Sudan die größten bislang
entdeckten Diamanten gefunden und detailliert analysiert. Neben den bis zu
mehrere 100 Mikrometer großen Diamanten fanden sich in den Ureiliten auch
zahlreiche Nester von nur Nanometer großen Diamanten und Nano-Graphit.
Nähere Untersuchungen zeigten, dass bei den Nano-Diamanten auch sogenannte
Londsdaleit-Lagen auftreten, eine nur durch plötzlichen, sehr starken Druck
entstehenden Modifikation von Diamanten. Ferner zeigten auch andere Minerale
(Silikate) der untersuchten Ureilit-Gesteine typische Anzeichen eines
Schockdrucks. Letztendlich war es das Auftreten dieser größeren Diamanten
zusammen mit Nano-Diamanten und Nano-Graphit, der den Durchbruch ergab.
"Unsere umfangreichen neuen Untersuchungen zeigen, dass sich diese
ungewöhnlichen extraterrestrischen Diamanten durch den immensen Schockdruck beim
Einschlag eines großen Asteroiden oder gar Kleinplaneten auf der Oberfläche des
Ureilit-Mutterköpers bildeten", erklärt Prof. Frank Brenker vom Institut für
Geowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. "Es ist durchaus möglich,
dass es eben dieser gigantische Einschlag war, der letztlich zur vollständigen
Zerstörung des Kleinplaneten führte. Damit sind – anders als bisher angenommen –
die größeren Ureilit-Diamanten kein Hinweis auf die Existenz von Mars- oder
Merkur-großen Proto-Planeten in der frühen Phase unseres Sonnensystems, aber
dennoch für die immensen, zerstörerischen Kräfte, die zu dieser Zeit
herrschten."
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Science erschienen ist.
Hinweis: In der ursprünglichen
Fassung hieß es im ersten Absatz: "Schätzungsweise mehr als zehn Millionen Asteroiden kreisen im
Asteroidengürtel um die Erde." Der Asteroidengürtel befindet sich zwischen Mars-
und Jupiterbahn und die Asteroiden kreisen um die Sonne, nicht um die Erde. Der
Satz wurde korrigiert.
|