Neues Mineral in Mondmeteorit entdeckt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Museums für Naturkunde Berlin astronews.com
2. November 2020
Ein europäisches Forschungsteam hat im Mondmeteoriten Oued
Awlitis 001 ein neues Mineral entdeckt, beschrieben und "Donwilhelmsit" genannt.
Der Fund dieses Minerals, so die beteiligten Forscherinnen und Forscher, sei für
die Erforschung der Entstehungsgeschichte des Mondes und die im Erdinneren
ablaufenden Prozesse von großer Bedeutung.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des
neuen Minerals Donwilhelmsit im Mondmeteoriten
Oued Awlitis 001.
Bild: Museum für Naturkunde Berlin, Ansgar
Greshake [Großansicht] |
"Seit 25 Jahren arbeite ich täglich an Meteoriten, aber plötzlich als erster
ein neues Mineral aus dem Weltall zu entdecken und dann zu erforschen, ist ein
überwältigendes Gefühl", so Ansgar Greshake, wissenschaftlicher Leiter der
Meteoritensammlung am Museum für Naturkunde Berlin. Eines der
Hauptforschungsthemen des Museums ist die Impakt- und Meteoritenforschung, da
die Entstehung und Entwicklung der Erde und des Lebens maßgeblich durch
Einschläge kosmischer Körper geprägt wurden. Diese außerirdischen Projektile
selbst enthalten einige Geheimnisse, beispielsweise bisher unbekannte Minerale.
Bisher sind weltweit nur etwa 5000 Minerale bekannt. Weniger als 50 Minerale
werden jährlich neu beschrieben. Nun entdeckte ein internationales
Forschungsteam unter Beteiligung des Museums für Naturkunde Berlin ein neues
Mineral in einem Mondmeteoriten. Neben den rund 382 Kilogramm Gestein und Boden,
die von den Apollo- und Luna-Missionen gesammelt wurden,
erlauben Mondmeteorite wertvolle Einblicke in die Entstehungsgeschichte des
Mondes. Dieses Sammlungsmaterial kann Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
helfen mehr über die Auswirkung von Meteoriteneinschlägen auf die Entwicklung
der Planeten unseres Sonnensystems zu erfahren.
Die von Impaktkratern übersäte Mondoberfläche zeigt, dass Einschläge großer
Asteroiden die Entwicklung des Mondes nachhaltig beeinflusst haben. In seltenen
Fällen gelangte dabei auch Material unseres Erdtrabanten als Mondmeteorite auf
die Erde. Beim Herausschleudern von dem Mutterkörper werden Meteorite besonders
hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt. Die extremen physikalischen
Bedingungen führen oft zu einem schockartigen Aufschmelzen mikroskopisch kleiner
Gesteinsbereiche, die in diesen Meteoriten dann Schmelzadern oder Schmelztaschen
bilden.
Diese geschockten Gesteinsbereiche sind von großer Bedeutung, da sie Druck-
und Temperaturverhältnisse widerspiegeln, die denen im Erdmantel ähnlich sind.
Diese natürlichen Schmelztiegel enthalten Minerale, die sonst an der
Erdoberfläche nicht zugänglich sind. In Meteoriten finden sich so Minerale wie
Wadsleyit, Ringwoodit und Bridgmanit, die zu großen Anteilen den Erdmantel
ausmachen und in Hochdruck-Laborexperimenten synthetisiert werden können.
Das neu in einem Mondmeteoriten entdeckte Mineral Donwilhelmsit [CaAl4Si2O11]
besteht hauptsächlich aus Kalzium-, Aluminium-, Silizium- und Sauerstoffatomen
und wurde innerhalb von Schmelzschockzonen des Mondmeteoriten Oued Awlitis 001
entdeckt, der 2014 in der Westsahara gefunden wurde. Dieser Meteorit ähnelt in
seiner Zusammensetzung den Gesteinen, aus denen die Kontinente der Erde
bestehen.
Erodierte Sedimente dieser Kontinente werden durch Wind und Flüsse in die
Ozeane transportiert und geraten als Teil der dichten ozeanischen Kruste durch
die Bewegung der Erdplatten in den Erdmantel. Einmal in die Tiefen von etwa 460
bis 700 Kilometern gelangt, verwandeln sich die Mineralbestandteile der
ozeanischen Kruste bei dem in diesen Tiefen herrschenden hohen Druck und den
hohen Temperaturen in andere Mineralphasen, einschließlich des neu entdeckten
Minerals Donwilhelmsit. Im terrestrischen Gesteinskreislauf ist Donwilhelmsit
daher ein wichtiger Anzeiger für den Transport von Krustensedimenten in den
Erdmantel.
An der Entdeckung waren zahlreiche europäische Institute beteiligt: Neben dem
Museum für Naturkunde Berlin waren auch das Zentrum für Rieskrater und
Impaktforschung in Nördlingen, das Naturhistorische Museum Wien, das Institut
für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag, das
Helmholtz-Zentrums GFZ Potsdam, das Naturhistorische Museum Oslo, die
Universität Manchester und das Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt Berlin
beteiligt. Gemeinsam gelang es, den Mondmeteoriten zu erwerben, das neue Mineral
mithilfe optischer und elektronenoptischer Methoden am Museum für Naturkunde
Berlin erstmals aufzufinden und detailliert zu beschreiben, seine
wissenschaftliche Relevanz zu verstehen und seine Kristallstruktur mit hoher
Genauigkeit zu bestimmen.
Das neue Mineral wurde zu Ehren des Mondgeologen Don E. Wilhelms benannt. Der
amerikanischen Wissenschaftler war an der Auswahl des Landeplatzes und der
Datenanalyse der Apollo-Weltraummissionen beteiligt, die die ersten
Gesteinsproben vom Mond zur Erde brachten. Ein Teil des Meteoriten Oued Awlitis
001 ist heute im Naturhistorischen Museum Wien ausgestellt.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift American Mineralogist erschienen ist.
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