Gewaltige Schwarze Löcher in Zwerggalaxien
von
Stefan Deiters astronews.com
6. Januar 2020
Wie entstehen die supermassereichen Schwarzen Löcher, die
man im Zentrum nahezu jeder größeren Galaxie in unserer Umgebung nachweisen
konnte? Neue Hinweise erhofft man sich von jetzt vorgestellten Beobachtungen mit
dem Very Large Array: In 13 vergleichsweise nahegelegenen Zwerggalaxien
wurden damit nämlich massereiche Schwarze Löcher entdeckt.
Künstlerische Darstellung einer Zwerggalaxie mit einem
massereichen Schwarzen Loch im Randbereich.
Bild:
Sophia Dagnello, NRAO/AUI/NSF [Großansicht] |
Supermassereiche Schwarze Löcher finden sich praktisch in jeder größeren
Galaxie. Auch unsere Milchstraße beherbergt in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch
mit einer Masse von mehr als der viermillionenfachen Masse der Sonne. Während
sogenannte "stellare Schwarze Löcher" beispielsweise durch die Explosion
massereicher Sterne in einer Supernova entstehen, ist die Erklärung der
Entstehung supermassereicher Schwarzer Löcher deutlich schwieriger -
insbesondere, weil man sie auch in weiter Entfernung und damit zu einer Zeit
findet, als unser Universum noch sehr viel jünger war und sie damit viel weniger
Zeit zum Wachsen hatten.
Nach einer Theorie könnten supermassereiche Schwarze Löcher durch die
aufeinanderfolgende Verschmelzung von kleineren Schwarzen Löchern entstanden
sein. Diese müssten sich dann in den ersten Galaxien gebildet haben, die es nach
dem Urknall gab.
Die jetzt mit dem Karl G. Jansky Very Large Array, einem Radioteleskopverbund
im US-Bundesstaat New Mexico, untersuchten Zwerggalaxien haben alle weniger als
rund ein Hundertstel der Masse unserer Milchstraße und befinden sich weniger als
eine Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt. Die darin aufgespürten
Schwarzen Löcher dürften eine Masse von der rund 400.000-fachen Masse unserer
Sonne haben. Die Galaxien zählen damit zu den kleinsten Galaxien, in denen
Schwarze Löcher in diesem Massenbereich nachgewiesen wurden.
"Wir hoffen, dass die Untersuchung dieser Schwarzen Löcher und ihrer Galaxien
uns mehr darüber verrät, wie sich ähnliche Schwarze Löcher im jungen Universum
gebildet haben und anschließend weiter gewachsen sind und - durch galaktische
Verschmelzungen über viele Milliarden Jahre - zu den supermassereichen Schwarzen
Löchern wurden, die wir heute in großen Galaxien beobachten", erläutert Amy
Reines von der Montana State University, die über die Beobachtungen ihres Teams
auf einem Treffen der American Astronomical Society in Honolulu berichtete.
Reines und ihre Kollegen haben 2011 mit dem VLA das erste massereiche
Schwarze Loch in einer Zwerggalaxie entdeckt, in der gerade mit hoher Rate neue
Sterne entstehen. Dieser Fund war eine Überraschung und führte dazu, dass man
mit Radioteleskopen nach weiteren Schwarzen Löchern in Zwerggalaxien fahndete.
Reines und ihr Team konzentrierten sich dabei auf Zwerggalaxien mit einer Masse
von weniger als drei Milliarden Sonnenmassen - eine Größe, die etwa der Großen
Magellanschen Wolke entspricht, einer Satellitengalaxie der Milchstraße.
Insgesamt wurde 111 solcher Galaxien mit dem VLA genauer untersucht. "Die
VLA-Beobachtungen zeigten, dass es in 13 dieser Galaxien starke Hinweise auf ein
massereiches Schwarzes Loch gibt, das gerade aktiv Material verschlingt", so
Reines. "Überrascht hat uns dabei, dass sich in etwa der Hälfte der Galaxien das
Schwarze Loch nicht im Zentrum, sondern in den Randbereichen der Galaxie
befindet."
Dies könnte, wie auch Simulationen zeigen, ein Hinweis auf Wechselwirkungen
mit anderen Galaxien und Verschmelzungen in der Vergangenheit dieser Systeme
sein. "Die Studie zeigt, dass wir unsere Suche nach massereichen Schwarzen
Löchern in Zwerggalaxien nicht nur auf die Zentren beschränken dürfen, um ein
vollständiges Bild zu erhalten und etwas darüber zu lernen, wie die ersten
massereichen Schwarzen Löcher im frühen Universum entstanden sind", so Reines.
|