Wasserkreislauf sorgt für Wasserverlust
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
9. Mai 2019
Wissenschaftler haben einen bislang
unbekannten Wasserkreislauf auf dem Mars entdeckt, der dafür sorgt, dass noch
immer Wasser aus der Atmosphäre des Roten Planeten entweichen kann. Nach den
jetzt vorgestellten Ergebnissen von Computersimulationen spielt dabei die
Umlaufbahn des Mars eine besondere Rolle. Auch Staubstürme können den
Wasserverlust beeinflussen.
Planet mit Wasser und gewaltigem Ozean: So
könnte der Mars vor einigen Milliarden Jahren
einmal ausgesehen haben.
Bild: NASA / GSFC [Großansicht] |
Vor Milliarden von Jahren war der Mars ein wasserreicher Planet, auf dem es
Flüsse und sogar einen Ozean gab. Seitdem hat sich unser Nachbarplanet stark
verändert: Heute existieren im Boden nur geringe Mengen gefrorenen Wassers; in
der Atmosphäre kommt Wasserdampf nur in Spuren vor. Mindestens 80 Prozent seiner
ursprünglichen Wasservorräte dürfte der Mars verloren haben. In der oberen
Marsatmosphäre spaltete ultraviolette Strahlung von der Sonne Wassermoleküle in
Wasserstoff (H) und Hydroxilradikale (OH) auf. Der Wasserstoff entwich von dort
unwiederbringlich ins All.
Messungen von Raumsonden und Weltraumteleskopen zeigen, dass noch immer
Wasser auf diesem Wege verloren geht. Doch wie ist das möglich? Die mittlere
Atmosphärenschicht des Mars müsste, ebenso wie die Tropopause der Erde, das
aufsteigende Gas eigentlich aufhalten. Schließlich ist diese Region in der Regel
so kalt, dass dort Wasserdampf gefrieren müsste. Wie erreicht der Wasserdampf
dennoch die oberen Luftschichten?
In ihren aktuellen Simulationen finden russische und deutsche Forscher einen
bisher unbekannten Mechanismus, der an eine Art Pumpe erinnert. Ihr Modell
beschreibt umfassend die Strömungen in der gesamten Gashülle, die den Mars
umgibt: von der Oberfläche bis zu einer Höhe von 160 Kilometern. Die Rechnungen
zeigen, dass die normalerweise eiskalte mittlere Atmosphäre zweimal am Tag
durchlässig wird für Wasserdampf – aber nur an einem bestimmten Ort und zu einer
bestimmten Jahreszeit.
Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Umlaufbahn des Mars: Sein etwa zwei
Erdenjahre währender Weg um die Sonne ist deutlich elliptischer als der unserer
Erde. Am sonnennächsten Punkt (der in etwa mit dem Sommer der Südhalbkugel
zusammenfällt) trennen den Mars etwa 42 Millionen Kilometer weniger von der
Sonne als im sonnenfernsten. Der Sommer auf der Südhalbkugel ist deshalb
merklich wärmer als der Nordhalbkugel-Sommer.
"Wenn auf der Südhalbkugel Sommer herrscht, kann dort lokal Wasserdampf zu
bestimmten Tageszeiten mit wärmeren Luftmassen aufsteigen und die obere
Atmosphäre erreichen", fasst Dr. Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung (MPS) die Ergebnisse der neuen Studie zusammen. In den
oberen Atmosphärenschichten tragen Luftströme das Gas entlang der Längengrade
zum Nordpol, wo es abkühlt und wieder hinabsinkt. Ein Teil des Wasserdampfes
entkommt diesem Kreislauf jedoch: Unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung
zerfallen die Wassermoleküle; Wasserstoff entweicht ins All.
Eine weitere marsianische Besonderheit kann den ungewöhnlichen
Wasserkreislauf verstärken: gewaltige, den gesamten Planeten umspannende
Staubstürme, die den Mars im Abstand mehrerer Jahre immer wieder heimsuchen. Die
letzten Stürme dieser Art ereigneten sich 2018 und 2007 und wurden von
Raumsonden in einer Umlaufbahn um den Mars umfassend dokumentiert. "Die
Staubmengen, die während eines solchen Sturms durch die Atmosphäre wirbeln,
erleichtern den Transport von Wasserdampf in hohe Luftschichten", so Dr.
Alexander Medvedev vom MPS.
Die Forscher berechneten, dass während des Staubsturms von 2007 doppelt so
viel Wasserdampf die oberen Atmosphäre erreichte wie bei einem sturmlosen Sommer
auf der Südhalbkugel. Da die Staubpartikel Sonnenlicht absorbieren und sich
dadurch erwärmen, steigen die Temperaturen in der gesamten Atmosphäre um bis 30
Grad.
"Unser Modell bildet in bisher unerreichter Genauigkeit ab, wie der Staub in
der Atmosphäre die mikrophysikalischen Prozesse, die bei der Umwandlung von Eis
in Wasserdampf eine Rolle spielen, beeinflusst", erklärt Dmitry Shaposhnikov vom
Moskauer Institut für Physik und Technologie. "Die Marsatmosphäre ist offenbar
durchlässiger für Wasserdampf als die der Erde", bilanziert Hartogh. "Der neue
gefundene saisonale Wasserkreislauf trägt massiv dazu bei, dass der Planet
weiterhin Wasser verliert."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde.
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