Mehr Details durch mehrfachen Blick
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik astronews.com
6. August 2018
Wissenschaftler haben jetzt den ersten Katalog von
Röntgenquellen in mehrfach beobachteten Himmelsregionen veröffentlicht. Er
enthält knapp 72.000 zum Teil exotische Objekte und basiert auf Daten des
europäischen Weltraumteleskops XMM-Newton. Der Katalog bietet eine
höhere Genauigkeit und erlaubte zudem einige tausend Neuentdeckungen.
Neunzehn übereinandergelegte
XMM-Newton-Beobachtungen derselben Himmelsregion.
Das entspricht einer Belichtungszeit von mehr als
drei Tagen.
Bild: AIP [Großansicht] |
Seit seinem Start vor über 18 Jahren hat der europäische Röntgensatellit
XMM-Newton viele Himmelsbereiche wiederholt beobachtet. In der
Arbeitsgruppe Röntgenastrophysik des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam
(AIP) wurde nun eine neue Software entwickelt, um diese Überschneidung gezielt
auszuwerten – und so der erste Katalog von Röntgenquellen in mehrfach
beobachteten Himmelsregionen erstellt. Indem man alle Beobachtungen zusammenfügt
und gemeinsam auswertet, erreicht man eine höhere Genauigkeit und findet
leuchtschwache Objekte, die in den einzelnen Beobachtungen nicht zu
identifizieren sind.
"Das funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip, wie wenn man mehrere
transparente Fensterbilder mit dem gleichen Motiv übereinanderlegt: je mehr
Bilder man verwendet, um so deutlicher kommt das Motiv zum Vorschein“, erläutert
Projektmitarbeiterin Dr. Iris Traulsen. Der neue Katalog, der sich aus insgesamt
1.789 Beobachtungen speist, umfasst 71.951 Röntgenquellen und beinhaltet
vielfältige Informationen über deren physikalischen Eigenschaften. Mehrere
tausend davon sind neue Entdeckungen, viele so leuchtschwach, dass sie nur
schwer aufzuspüren sind. Außerdem lassen sich mit den Angaben im Katalog
Helligkeitsänderungen von Röntgenobjekten über Zeiträume von bis zu 14,5 Jahren
verfolgen.
"Veränderungen der Röntgenhelligkeit sind ein entscheidendes Merkmal zum
Aufspüren besonders exotischer Objekte am Himmel", betont Projektleiter Dr. Axel
Schwope. "Um die Natur dieser neu entdeckten Exoten zu entschlüsseln, setzen wir
unter anderem das Large Binocular Telescope (LBT) in Arizona ein." Das
AIP beteiligt sich an Instrumentierung und Betrieb des LBT. Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler aus aller Welt nutzen die XMM-Newton-Kataloge, um
zusätzliche Informationen über ihre Forschungsobjekte zu gewinnen und nach
bisher unbekannten und seltenen Quellen von Röntgenstrahlung zu suchen.
Beobachtungen mit Röntgenteleskopen erschließen Teile des Universums, die dem
menschlichen Auge ansonsten verborgen blieben. Die relativ junge Technologie
kommt erst seit etwa 50 Jahren zum Einsatz. Röntgenlicht entsteht in besonders
energiereichen Prozessen, beispielsweise bei Temperaturen von Hunderten
Millionen Grad. Diese extremen Abläufe untersuchen Astronominnen und Astronomen
unter anderem mithilfe des Weltraumteleskops XMM-Newton der ESA.
Eine einzelne Beobachtung mit XMM-Newton deckt einen Himmelsbereich
von der Fläche des Vollmonds ab. Rund fünfzig bis einhundert Objekte, die
Röntgenlicht abgeben, finden sich darin: beispielsweise besonders heiße oder
extrem kompakte ausgebrannte Sterne, massereiche Schwarze Löcher in entfernten
Milchstraßen sowie ganze Galaxienhaufen, deren Licht Jahrmilliarden unterwegs
war.
Das XMM-Newton Survey Science Centre, ein Zusammenschluss von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter anderem in Frankreich, Spanien,
Großbritannien und Deutschland, wertet jede öffentlich verfügbare XMM-Newton-Beobachtungen
aus und veröffentlicht Kataloge aller darin gefundenen Objekte. Das AIP steuert
dazu seit zwei Jahrzehnten die Software bei, mittels derer die Himmelsaufnahmen
automatisiert nach Röntgenquellen abgesucht werden.
Über ihren neuen Katalog berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen soll.
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