Radioaktives Isotop im Weltraum nachgewiesen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Radioastronomie astronews.com
31. Juli 2018
Astronomen ist es erstmals gelungen, mit Aluminium-26 ein
radioaktives Isotop im Weltraum nachzuweisen. Es ist Teil eines Moleküls, das
man in direkter Umgebung des historischen Nova-ähnlichen Objekts CK Vul entdeckt
hat. Bei diesem dürfte es sich um den Überrest der Kollision zweier Sterne
handeln. Der damit verbundene Helligkeitsausbruch konnte in den Jahren 1670 bis
1672 beobachtet werden.

Ansicht von CK Vulpeculae aus Daten von ALMA
(orange und rot) und optischen Daten des
Gemini-Teleskops (blau). Das radioaktive Isotop
wurde in der orangefarbenen Doppelkeulenstruktur
im Zentrum nachgewiesen.
Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), T. Kamiński;
Gemini, NOAO/AURA/NSF; NRAO/AUI/NSF, B. Saxton [Großansicht] |
Der veränderliche Stern CK Vulpeculae (CK Vul) ist als Ort eines stellaren
Helligkeitsausbruchs, einer sogenannten Nova, bekannt, die von europäischen
Astronomen im 17. Jahrhundert in Richtung des Sternbilds Füchschen (Vulpecula)
beobachtet werden konnte. Die Nova Vul 1670 war leicht mit bloßem Auge zu
erkennen und zeigte deutliche Helligkeitsschwankungen über die beiden folgenden
Jahre.
Es dauerte dann lange Zeit, nämlich bis zum Jahr 2013, bevor ein Team von
Astronomen durch Beobachtungen mit dem Atacama Pathfinder Experiment
(APEX) molekulares Gas mit einzigartiger Isotopenzusammensetzung im Überrest
dieses Ausbruchs nachweisen konnte. Die Analyse dieses überraschenden Befundes
deutete darauf hin, dass ein sehr seltenes Ereignis dafür die Ursache war,
nämlich der Zusammenstoß und die anschließende Verschmelzung zweier
Einzelsterne. Die Kollision erzeugte ein Objekt, das man auch als "Roter
Transient" oder "Rote Nova" bezeichnet, eine erst seit kurzem definierte neue
Klasse eruptiver Sterne (astronews.com berichtete).
Die jetzt vorgestellte Beobachtung des Isotops 26Al als Teil eines Moleküls in den
Überresten der Kollision ermöglicht nun einen Einblicke in den
Verschmelzungsprozess von CK Vul und zeigt, dass selbst tief im Inneren liegende
Schichten des Sterns bei solch einer Kollision zutage treten können. Darüber
hinaus ermöglichten es die gefundenen Resultate, die Natur des zugrunde
liegenden Doppelsternsystems genauer einzugrenzen. Es handelte sich dabei um ein
sogenanntes "Low-mass Binary System" mit einer Komponente von 0,8 bis 2,5
Sonnenmassen, die sich als Roter Riese in einem bereits fortgeschrittenen
Stadium ihrer Sternentwicklung befand.
Der erste direkte Nachweis von 26Al in einem sternartigen Objekt
ist auch in einem größeren Zusammenhang für die chemische Entwicklung der
Milchstraße von Bedeutung. Zum ersten Mal konnte eine aktive Quelle für die
Erzeugung des radioaktiven Nuklids 26Al durch Beobachtungen belegt werden. Es
ist bereits seit Jahrzehnten bekannt, dass ca. zwei Sonnenmassen von 26Al über
die Milchstraße verteilt sind. Obwohl über ihre Gammastrahlung nachweisbar, ist
die genaue Herkunft dieser radioaktiven Wolke bisher unbekannt.
Mit den aktuellen Abschätzungen über die Masse von 26Al in CK Vul und der
Anzahl von Sternkollisionen in der Milchstraße erscheint es sehr
unwahrscheinlich, dass die Kollisionen alleine verantwortlich sind für die
Erzeugung dieses radioaktiven Materials. Allerdings könnte die tatsächliche
Masse von 26Al in atomarer Form in CK Vul und anderen Überresten solcher
Sternverschmelzungen deutlich höher sein. Vielleicht wird auch die derzeit
angenommene Verschmelzungsrate unterschätzt, so dass die Rolle der
Sternverschmelzungen bei der Erzeugung radioaktiven Materials vielleicht nicht
vernachlässigt werden sollte.
Durch die aktuellen Beobachtungen ist eine völlig neue Art von Objekten für
die Erzeugung von 26Al in der Milchstraße in den Fokus gerückt. Sie zeigen
außerdem, dass moderne Radiointerferometer wie ALMA bei Millimeterwellenlängen
zur Suche nach dem Ursprung des radioaktiven 26Al in der Milchstraße eingesetzt
werden können – und das mit wesentlich höherer Winkelauflösung als bei
Gammastrahlungs-Observatorien.
Ein anderer wichtiger Aspekt der Studie ist, dass die Linienpositionen im
Spektrum zunächst von Molekülspektroskopikern berechnet wurden. Die Darstellung
von Material mit darin enthaltenem 26Al durch direkte Labormessungen würde
extrem herausfordernd und auch teuer, so dass die Berechnungen den einzig
gangbaren Weg darstellen. Die beobachteten Linienübergänge stimmen perfekt mit
den aus den Berechnungen vorhergesagten überein.
An der Entdeckung waren mehrere Radioteleskope beteiligt, darunter APEX, der
Radioteleskopverbund ALMA sowie das Northern Extended Millimeter Array
(NOEMA). Auch in Zukunft dürfte CK Vul eine rätselhafte Quelle am Himmel bleiben
und einen Tummelplatz für neue astronomische Entdeckungen darstellen. Über die
Entdeckung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
|