Auf der Spur von kurzlebigen Himmelsereignissen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Humboldt-Universität zu Berlin astronews.com
20. November 2017
Das Universum erscheint bei einem flüchtigen Blick nahezu
unverändert. Wer allerdings genau hinschaut, wird überall Veränderungen
entdecken: Galaxienzentren leuchten auf, Sterne pulsieren und explodieren. Mit
der Kamera Zwicky Transient Facility sollen nun Hunderttausende Sterne
und Galaxien auf einmal beobachtet und so kurzlebige Himmelsereignisse
aufgespürt werden.
Dieses First-Light-Bild wurde am 1. November
2017 mit der neuen Kamera Zwicky Transient
Facility aufgenommen, nachdem sie am
1,2-Meter-Samuel-Oschin-Teleskop am
Palomar-Observatorium in Kalifornien installiert
wurde. Der berühmte Pferdekopfnebel im Sternbild
Orion ist gut zu erkennen.
Bild: Caltech Optische Observatorien [Großansicht] |
Ein Teleskop mit einer extrem hochauflösenden Kamera durchsucht künftig den
Kosmos jede Nacht nach Sternexplosionen, aufflammenden Schwarzen Löchern und
anderen kurzlebigen, energiereichen Himmelsereignissen. Die Kamera Zwicky
Transient Facility (ZTF) kann Hunderttausende Sterne und Galaxien auf
einmal beobachten und dadurch besonders schnell den Nachthimmel durchmustern.
Das sogenannte First Light fand erfolgreich am 1. November 2017 statt.
An dem Projekt sind mehrere internationale Partner beteiligt: Die
Humboldt-Universität zu Berlin und das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in
Deutschland sowie das California Institute of Technology in den USA.
Dort steht auch das Teleskop. "Am Nachthimmel ist eine Menge los", sagt
ZTF-Chefwissenschaftler Shrinivas Kulkarni, Professor für Astronomie am
California Institute of Technology. "Tatsächlich explodiert jede Sekunde
irgendwo im Universum eine Supernova. Wir können natürlich nicht alle davon
sehen – aber mit der ZTF-Kamera erwarten wir, mehrere zehntausend in der
dreijährigen Laufzeit des Projekts zu beobachten."
Kurzlebige Himmelsereignisse wie Sterne, die in einer Supernova explodieren,
sind unter anderem deshalb interessant, weil sie als kosmische
Teilchenbeschleuniger wirken und zudem die Vermessung der Expansionsgeschichte
des Universums erlauben – beides Themen, an denen auch die Astroteilchenphysiker
an der Humboldt-Universität forschen. "Das Licht von kosmischen Feuerwerken
einzufangen, ermöglicht eine neue Ära der Multi-Messenger-Astronomie, also der
Untersuchung astronomischer Objekte mit Licht, Gravitationswellen und
Neutrinos", so Marek Kowalski, Professor für experimentelle Astroteilchenphysik
und Kosmologie an der Humboldt-Universität sowie leitender Wissenschaftler beim
DESY. "Ich bin sehr gespannt auf die ersten ZTF-Beobachtungen der schnell
verglimmenden blauen Blitze verschmelzender Neutronensterne oder des längeren
Aufflackerns von Supernova-Explosionen massereicher Sterne."
Sein Kollege Jakob Nordin, ebenfalls Astroteilchenphysiker und für die
Kalibration der ZTF-Kamera verantwortlich, ergänzt: "Unsere Milchstraße bewegt
sich mit etwa 600 Kilometer pro Sekunde durch den Kosmos, und wir wissen
letztlich nicht, warum wir so schnell unterwegs sind. Wir wollen die von der ZTF
beobachteten Supernovae dazu verwenden, den Einfluss des Universums auf die
Dynamik unser Milchstraße zu verstehen."
Das Beobachtungsprojekt Zwicky Transient Facility wird zur Hälfte
von der National Science Foundation der USA finanziert. Die andere Hälfte kommt
von verschiedenen Partnern: darunter das Weizmann-Institut in Israel, das
Oskar-Klein-Zentrum an der Universität Stockholm, die Universität von Maryland,
die Universität von Washington, das DESY und der Humboldt-Universität zu Berlin,
das Los Alamos National Laboratory, das TANGO-Konsortium aus Taiwan,
die Universität von Wisconsin und das Lawrence Berkeley National Laboratory.
Benannt ist das Beobachtungsprojekt nach dem Astrophysiker Fritz Zwicky, der
1925 zum California Institute of Technology kam und im Laufe seines
Lebens insgesamt 120 Supernovae entdeckt hat. Das Teleskop vom Schmidt-Typ hat
einen Durchmesser von 1,2 Metern und steht am Palomar-Observatorium. Die neue
ZTF-Kamera hat ein besonders großes Blickfeld von 47 Quadratgrad - das ist
247-mal so groß wie der Vollmond am Himmel.
Dank dieses großen Gesichtsfelds, der extrem empfindlichen Kamera und eines
schnellen Teleskopmotors wird das Teleskop alle drei Nächte nahezu den gesamte
Nachthimmel nach kurzlebigen, veränderlichen Ereignissen absuchen. Jedes Bild,
das die Kamera aufnimmt ist 24.000 mal 24.000 Pixel groß. Um solch ein Bild in
voller Auflösung darzustellen, müssten 72 Ultra-High-Definition-Monitore
aneinander gebaut werden.
Der Entwurf und Bau solch einer Anlage, war eine technische Herausforderung,
insbesondere da die Kamera oben in die relativ schmale Teleskopröhre passen
muss. Dazu waren verschiedene neue Lösungen nötig. So liegt beispielsweise der
Kameraverschluss, der normalerweise direkt vor der Kamera installiert ist,
außerhalb des Teleskops und musste daher außergewöhnlich groß gebaut werden. Mit
einer Öffnung von 1,2 Metern Durchmesser wurde für das Beobachtungsprojekt der
größte je für astronomische Zwecke gebaute Kameraverschluss konstruiert.
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