Teleskopverbund blickt zur Sonne
von Stefan Deiters astronews.com
18. Januar 2017
Der Radioteleskopverbund ALMA erforscht in der Regel sich
gerade bildende Planeten, Sternentstehungsgebiete oder Galaxien. Jetzt hat ALMA
ein deutlich näheres und vor allem auch helleres Objekt ins Visier genommen:
unsere Sonne. Die Wissenschaftler beobachteten einen gewaltigen Sonnenfleck, der
fast den doppelten Durchmesser der Erde hatte.
Blick von ALMA auf einen Sonnenfleck. Im
Hintergrund ein Bild der Sonnenscheibe des Solar
Dynamics Observatory.
Bild:
ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), NASA [Großansicht] |
Für die europäische Südsternwarte ESO, einem der Partner beim Atacama
Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in der chilenische Atacamawüste,
sind diese Beobachtungen eine Premiere: Mit den anderen Teleskopen, an denen die
ESO beteiligt ist, achtet man nämlich sorgsam darauf, gerade nicht in die Sonne
zu blicken, da schon ein kurzer Blick die empfindlichen Instrumente zerstören
könnte.
Jetzt haben Wissenschaftler aber einen Weg gefunden, mit ALMA, einem Verbund
aus 66 Radioschüsseln, auch unseren Zentralstern im Millimeter- und
Submillimeter-Bereich zu beobachten, ohne die Antennen zu zerstören. Die auf
diesem Weg gewonnenen Aufnahmen liefern wichtige Daten über die Chromosphäre der
Sonne - ein Bereich, der gerade oberhalb der sichtbaren Oberfläche des Sterns,
der Photosphäre, liegt.
Die in dieser Woche vorgestellten Aufnahmen zeigen, dass solche Beobachtungen
mit ALMA möglich sind. Das Team hatte einen gewaltigen Sonnenfleck bei einer
Wellenlänge von 1,25 und drei Millimetern beobachtet und damit
Temperaturunterschiede in der Chromosphäre sichtbar gemacht. Der Durchmesser des
Sonnenflecks entsprach dabei fast dem doppelten Erddurchmesser.
Sonnenflecken sind Bereiche auf der Sonne, in denen das Magnetfeld sehr
konzentriert und stark ist und die Temperaturen etwas geringer sind, als in der
Umgebung. Deswegen erscheinen sie vergleichsweise dunkel. Sonnenflecken sind ein
vorübergehendes Phänomen: Sie tauchen auf und verschwinden wieder. Die Zahl der
sichtbaren Sonnenflecken verrät etwas über die Aktivität unseres Zentralsterns,
die in einem rund elfjährigen Zyklus schwankt.
ALMA besteht aus 50 zwölf Meter durchmessenden Radioschüsseln sowie einem
kleineren Verbund aus zwölf 7-Meter-Antennen und vier 12-Meter-Antennen, dem
sogenannten Atacama Compact Array (ACA). Für die Beobachtungen können
die Antennen von ALMA neu angeordnet werden, um die Konfiguration dem jeweiligen
Beobachtungszweck anzupassen. Dafür gibt es zwei spezielle 28-rädrige
Antennentransporter.
Da die großen 12-Meter-Antennen einen Mindestabstand von 15 Metern
voneinander haben müssen, können damit besonders ausgedehnte Objekte schlecht
erfasst werden. Dafür gibt es den Compact Array, dessen Antennen
deutlich dichter gestellt werden können. ALMA ist ein gemeinsames Projekt der
ESO, der amerikanischen National Science Foundation und des japanischen
National Institutes of Natural Sciences (NINS) sowie der Republik
Chile.
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